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Wieder ein Stückchen Normalität


Autor: Redaktion

Ebern, Sonntag, 09. August 2020

Das Zeilberger Integrationsprojekt unterstützt in Maroldsweisach psychisch kranke Menschen. Die Pandemie störte die Abläufe der Einrichtung immens. Die Verantwortlichen gaben dennoch ihr Bestes – auch Humor spielte eine Rolle.
Arbeiten im Freien ermöglichten Klienten im Zuverdienst des ZIP einen geregelten Tagesablauf trotz Pandemie-Beschränkungen.  Fotos: Team des SPV


Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Normalität: Seit Ende Juli hat nun auch das Zeilberg-Lädla in Maroldsweisach wieder geöffnet. Es ist Teil des Zeilberger Integrationsprojektes (ZIP), in dem die Diakonie Bamberg-Forchheim psychisch erkrankten Menschen Arbeit und Beschäftigung unter fachkundiger Anleitung und therapeutischer Begleitung ermöglicht.

Der Lockdown und alle Regelungen rund um die Corona-Pandemie hatten diesen Zuverdienstbereich und das ambulant betreute Wohnen des Sozialpsychiatrischen Verbundes Haßberge vor große Herausforderungen gestellt: Die Tagesstätte Allertshausen konnte nicht mehr von den Tagesgästen besucht werden, der Biergarten auf dem Zeilberg musste genauso schließen wie das Zeilberg-Lädla in Maroldsweisach. "So ist für unsere Klienten die gewohnte Tagesstruktur, die für sie enorm wichtig ist, einfach weggebrochen", berichtet Andrea Wolfer. Sie leitet die Bereiche Arbeit und Beschäftigung sowie das ambulant betreute Wohnen.

Ein weiterer, schwerwiegender Einschnitt war nach den Angaben der Diakonie, dass die Betreuer die Klienten eine ganze Weile nur außerhalb der Wohnung, also im Freien, begleiten durften. Ebenso wurde verstärkt über Telefon und Internet der so wichtige persönliche Kontakt gehalten, ein Notfalltelefon eingerichtet und auch ein täglicher "telefonischer Besuchsdienst" etabliert. Dies ersetzte jedoch bei Weitem nicht das Gespräch von Angesicht zu Angesicht.

Verunsicherung

"Durch das Coronavirus ist eine verunsichernde und beklemmende Atmosphäre entstanden. Es herrscht eine diffuse Angst vor einer Ansteckung, denn man kann die Viren nicht sehen, sie könnten überall sein. Menschen mit einer psychischen Behinderung erleben diese Situation deutlich dramatischer. Das plötzliche Wegfallen der Alltagsroutinen, der Verlust der Tagesstruktur, das Fehlen gemeinsamer Unternehmungen sowie die permanente mediale Konfrontation mit der Coronakrise, sind extrem belastend", bringt es Anne Kübrich, Leiterin der Tagesstätte Allertshausen, auf den Punkt. "Bei allen Sorgen und Nöten darf der Humor aber nicht zu kurz kommen, denn dadurch werden die so wichtigen Selbstheilungskräfte aktiviert", betont Kübrich einen weiteren wichtigen Aspekt.

Das Wetter sei ihnen dann wenigstens gnädig gewesen, berichtet Andrea Wolfer: "Da es nur wenige Regentage gab, konnten wir einige Klienten dann doch für Außenarbeiten im Zuverdienstprojekt einsetzen und so Isolationserscheinungen minimieren." So sei der über das Leader-Projekt finanzierte Kinderspielplatz beim Biergarten auf dem Zeilberg bei "Maro" während der Corona-Zeit fertig gestellt worden.

Auch ein Auftrag über den Bau von Jägerhochständen ermöglichte den Mitarbeitenden im Zuverdienst Beschäftigung. "Wir freuen uns aber sehr, dass wir endlich wieder alle Beschäftigungs- und Arbeitsmöglichkeiten anbieten können – wenn auch mit entsprechenden Hygiene-Regelungen", erklärt Wolfer.

Ähnlich geht es ihrer Kollegin Karolin Spörl, die für die Diakonie Bamberg-Forchheim das Sozialpsychiatrische Zentrum (kurz SPZ) in Ebern leitet. Es gehört ebenfalls zum Sozialpsychiatrischen Verbund Haßberge. In ihm können Menschen jeden Alters mit chronischen psychischen Erkrankungen ein Zuhause finden.

Allerdings hatten Spörl und ihr SPZ-Team noch einige Herausforderungen zu meistern: "Während des Lockdowns besuchte uns kein Facharzt in der Einrichtung und unsere Mitarbeitenden hatten eine größere Verantwortung für die Bewohner zu tragen."

Um der Langeweile während der Zeit des Betretungsverbots etwas entgegenzusetzen, hatte das Team Frühsport im Freien angeboten, Pizza bestellt oder eine Döner-Party organisiert. Auch ein Einkaufsdienst wurde für die Bewohner auf die Beine gestellt. "Nach den Lockerungen mussten wir viele Bewohner tatsächlich erst motivieren, das Haus auch einmal wieder zu verlassen", beschreibt Spörl die Situation. Dieses Zurückziehen sei aber auch ein Effekt der psychischen Erkrankungen, dem die Mitarbeitenden immer wieder gegensteuern müssten. "So befinden sich die Mitarbeiter mehr denn je in dem Spannungsfeld zwischen zwei Polen: Die ihnen anvertrauten Menschen zu beschützen – ihnen aber auch Normalität und Selbstbestimmung zu geben."

Eine Neuerung gibt es mit den Lockerungen dann doch noch zu vermelden: Das Zeilberg-Lädla hat neue Öffnungszeiten und ist nun donnerstags von 10 bis 18 Uhr, freitags von 13 bis 18 Uhr und jeden ersten Samstag im Monat von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Zu finden ist der Laden, der Raritätenliebhabern, Sammlern sowie Schnäppchenjägern einiges zu bieten hat, in der Hauptstraße 22 in Maroldsweisach. red