Wie soll Fair-Trade aussehen?
Autor: Martin Rebhan
Neustadt bei Coburg, Donnerstag, 30. Juli 2020
Die Stadt Neustadt will ein Grundkonzept zum Thema Nachhaltigkeit erarbeiten. Dafür sind höhere Kosten und mehr personeller Aufwand notwendig. Dies gefällt jedoch nicht jedem im Senat.
Am 1. Oktober 2019 unterzeichnete die Stadt Neustadt mit ihrer Partnerstadt Sonneberg auf dem 1. Fair-Trade-Gipfel der Europäischen Metropolregion Nürnberg (EMN) in Bamberg mit 35 weiteren Kommunen den "Pakt zur nachhaltigen Beschaffung in den Kommunen der Europäischen Metropolregion Nürnberg". Auch wenn in der Puppenstadt die seither angegangenen Maßnahmen eher gering ausgefallen sind, will man die Mitgliedschaft weiter intensivieren. Dies beschloss der Kultursenat in seiner jüngsten Sitzung.
Zweiter Bürgermeister Martin Stingl (SPD) betonte, dass es bei Fair-Trade nicht darum ginge, dass im Büro des Oberbürgermeisters fair gehandelter Kaffee angeboten wird, vielmehr geht es jetzt darum, ein Grundlagenkonzept zu diesem Thema zu erarbeiten. Dass sich Neustadt hier erst am Anfang eines langen Weges befindet, war dem Sachstandsbericht zu entnehmen, der den Mitgliedern des Senats übergeben wurde.
Fair-Trade-Beauftragte
Demnach ist eine Mitarbeiterin aus dem Bereich Kultur-Sport-Tourismus beauftragt, sich dieses Themas intensiv anzunehmen und Informationen mit der Zielsetzung weiterzuleiten, alle Mitarbeiter im Rathaus auf den aktuellen Wissensstand bezüglich nachhaltiger fairer Beschaffung zu bringen. Auch gehört es zu ihren Aufgaben, mit Betrieben, Lebensmittelerzeugern, Gastronomen, Schulen, Vereinen und Kindergärten über die Beschaffung und den Einsatz fair gehandelter Produkte zu sprechen.
Martin Stingl stellte fest, dass bei einer noch intensiveren Umsetzung des Fair-Trade-Gedankens personelle Kapazitäten fest eingeplant werden müssen. Auch machte er keinen Hehl daraus, dass für Beschaffungen und Auftragsvergaben unter den Fair-Trade-Vorgaben mit höheren Kosten zu rechnen ist.
Kein Freund davon, den Fair-Trade Pakt weiter zu intensivieren, war Wolfgang Rebhan (CSU). Seine Kritik umschrieb er mit den Worten: "Wenn du merkst, dass dein Pferd tot ist, steige ab." Es sei ein gut gemeinter Gedanke, sich für Fair-Trade starkzumachen, aber dieser Titel bringe die Stadt in keiner Weise voran. Rebhan sprach sich dafür aus, die "Sache elegant im Sande verlaufen zu lassen".
Stingl erhält Zustimmung
Dem konnte Martin Stingl überhaupt nicht beipflichten. Er griff die Worte von Wolfgang Rebhan auf und stellte fest: "Wir reiten noch gar nicht, das Pferd ist noch nicht einmal gesattelt." Er betonte, dass es für ihn zu hoch aufgehängt ist, "Fair-Trade-Town" zu werden. Ihm geht es in erster Linie darum, ein rein auf Neustadt zugeschnittenes Konzept zu erarbeiten. Seinen Überlegungen konnten am Ende bis auf Wolfgang Rebhan alle Senatsmitglieder zustimmen.
Im Juli 2019 wurde eine Interessenbekundung zur Unterstützung der Bewerbung der Stadt Nürnberg als "Kulturhauptstadt" abgegeben. Jetzt soll eine zweite Erklärung folgen, die aber eine finanzielle Beteiligung der Puppenstadt nach sich zieht. Der Finanzierungsplan sieht vor, dass sich die Unterstützer über einen Zeitraum von fünf Jahren mit einem Euro je Einwohner beteiligen. In Summe würde dies für Neustadt eine Ausgabe von 76 000 Euro bedeuten. Das war den Senatsmitgliedern dann doch zu viel des Guten.