Druckartikel: Wie eine Berlinerin vor 60 Jahren Coburgerin wurde

Wie eine Berlinerin vor 60 Jahren Coburgerin wurde


Autor: Edwin Meißinger

Coburg, Montag, 18. Februar 2019

Am vergangenen Sonntag feierte Ingeborg Korb ihren 90. Geburtstag. Anstatt sich ein Geburtstagsständchen anzuhören, griff die Jubilarin selbst zum Liedblatt und sang ihren Angehörigen das Lied "Oberfr...
Ingeborg Korb feierte im Kreis ihrer Familie ihren 90. Geburtstag. Von links: Manuela Scott, Laura Scheler, Ingeborg Korb, Melanie Korb, Birgit Weber  Foto: Edwin Meißinger


Am vergangenen Sonntag feierte Ingeborg Korb ihren 90. Geburtstag. Anstatt sich ein Geburtstagsständchen anzuhören, griff die Jubilarin selbst zum Liedblatt und sang ihren Angehörigen das Lied "Oberfranken, du mein schönes Heimatland" vor.

Die Wahl des Liedes täuscht. Geboren wurde Ingeborg Kolb am 17. Februar 1929 in Berlin. Für 30 Jahre blieb die große Stadt ihre Heimat. Dann hängte sie eine Anzeige in einem Zigarettengeschäft auf: "Blondes Mädchen mit Anhang sucht guten Anhalt." Auf diese Anzeige meldete sich Werner Korb, Betriebsrat für Behinderte in der HUK Coburg. Aus dem ersten Treffen wurde schnell mehr, es folgten die Hochzeit und anschließend 34 gemeinsame Ehejahre. "Er war zwar um einige Jahre älter als ich, doch wir passten gut zusammen. Ich war frech und er war lieb", erzählte die Jubilarin.

Seit 60 Jahren lebt sie jetzt in Oberfrankens Perle, der Vestestadt Coburg. Zusammen mit ihrem Mann und teilweise mit ihrer Familie bereiste sie fast die ganze Welt. Sie erzählte: "Ich war dreimal beim Karneval in Venedig." Etliche weitere Länder wurden von ihr auch besucht, so zum Beispiel Amerika und Ägypten. Ihre Tochter Manuela Scott zog für 20 Jahre nach Amerika, bevor sie nach Coburg zurückkehrte. Sie kümmerte sich um ihre Mutter und berichtete beim Pressetermin anlässlich des runden Geburtstages ihrer Mutter, zum letzten Mal seien sie nach Ägypten geflogen, als Ingeborg Korb schon 84 Jahre alt war. Korbs Sohn verstarb bereits im Alter von 57 Jahren. In jungen Jahren hätten sie und ihre Geschwister und Eltern es nicht leicht gehabt. Eduard und Agnes Wacher hatten reichen Kindersegen. Sie mussten und durften sich um neun Kinder kümmern. "Wir schliefen immer zu zweit in einem Bett. Wir waren sehr arm. Bomben fielen auf uns, und wir hatten ständig Hunger, bis die Amerikaner kamen und uns zu essen gaben", so erinnerte sich die Jubilarin an die Kriegsjahre. Sie erlernte den Beruf der Näherin, arbeitete als Verkäuferin und gegen Ende ihres Berufslebens im öffentlichen Dienst im Krankenhaus. Über die Musik teilte sie mit: "Musik ist mir angeboren!" So habe sie im Kaufhaus, in der Kirche und auch als Alleinunterhalterin bei Geburtstagsfeiern gesungen. Irgendwann habe sie den netten Spitznamen "Körbchen" bekommen.

Coburgs Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber überbrachte Korb einen bunten Blumenstrauß und die Grüße der Stadt Coburg und des Coburger Oberbürgermeisters. Die beiden Damen unterhielten sich recht angeregt. Die Jubilarin wies auf die Notwendigkeit hin, durch die Coburger Tageszeitungen informiert zu bleiben, und fügte an, dass sie sich zusätzlich Modezeitschriften zulege. Auch Tochter Manuela Scott, Enkelin Melanie Korb und Urenkelin Laura Scheler und weitere Familienmitglieder waren gekommen.

Seit einem Jahr lebt Ingeborg Korb im Seniorenzentrum "Bertelsdorfer Höhe" am Schießstand in Coburg. Sie sagt, sie habe sich gut eingelebt. Auf die Frage, wie sie in ihrem Alter eine derartige Fröhlichkeit und geistige Fitness erreicht habe, antwortete sie: "Man muss eben Abstriche machen. Was einem nicht passt, da ist man ganz still und freundlich. Es ist nicht schön, wenn man immer Sachen ausgräbt, die mal waren. Man lebt im Jetzt!"