Druckartikel: Wenn ein "Middfünfziger" sich seine Traumfrau "konfiguriert"

Wenn ein "Middfünfziger" sich seine Traumfrau "konfiguriert"


Autor: Gerda Völk

Bad Staffelstein, Freitag, 10. Mai 2019

Verbeamtet, ein sicheres Einkommen, Erbe in spe eines Hauses und einer Wiese: In voremanzipatorischen Zeiten hätte sich die Damenwelt um so ein Prachtexemplar der Männerwelt noch gerissen: Doch mittle...


Verbeamtet, ein sicheres Einkommen, Erbe in spe eines Hauses und einer Wiese: In voremanzipatorischen Zeiten hätte sich die Damenwelt um so ein Prachtexemplar der Männerwelt noch gerissen: Doch mittlerweile sind seine Chancen auf dem Heiratsmarkt deutlich gesunken.

Was "Mann" so alles anstellt, um doch noch eine Ehefrau oder zumindest eine Lebensabschnittspartnerin zu finden, war am Donnerstagabend im Brückentheater in "Addrakdiver Middfünfziger suchd ..." zu sehen. Theatersommer-Schauspieler Rainer Dohlus spielte einen Postbeamten, der seine besten Jahre bereits hinter sich hat, aber von Anspruchsgedanken nur so strotzt. Seine Mutter kommt mit ihren 84 Jahren mit Putzen nicht mehr nach und deshalb muss eine Frau her, die ihre Aufgaben übernehmen kann.

"Die Frauen wollen heute nicht mehr kochen und putzen", klagt der Mittfünfziger, der seine Karriere in den 80er Jahren als Beamter bei der Post begonnen hat. Das Mitleid der Zuschauer hält sich dennoch in Grenzen. Doch wie eine Frau im post-emanzipatorischen Zeitalter finden? Ist ein Speed-Dating die beste Methode, ein Dating-Portal im Netz oder hilft gar die althergebrachte Heiratsanzeige? Im Formulieren sei er gut, sagt seine Mama, so viele Briefe wie er schon aufgedampft hat. Doch ob Formulierungen wie "Beamter in gehobener Position" und der Hinweis auf ein zu erwartendes Erbe oder gar die Aussicht auf ein gemachtes Nest in der Damenwelt gut ankommt, darf bezweifelt werden.

Kugelstoßerin aus Sibirien

Ob da ein "Lady-Configurator" weiterhilft? Zumindest, was das Aussehen der Zukünftigen angehen könnte, könnte dies das Mittel zum Zweck sein. Irgendwie scheinen die aus vielen Einzelteilen (Mund, Nase, Haare) zusammengesetzten Gesichter lebenden Vorbildern zu gleichen. Schließlich findet sich doch noch ein geeignetes Exemplar, doch die ausgesprochen attraktive Dame wohnt im fernen Sibirien. Dort angekommen erwartet den Postboten eine "russische Kugelstoßerin aus Sowjetzeiten", die es nur auf sein Geld abgesehen hat.

Auch die süße Maylin aus dem Thai-Katalog verfolgt ganz eigennützige Ziele. Vielleicht ist Speed-Dating, die Partnersuche im Akkord, geeignet, doch noch eine Partnerin zu finden. Als Alleinstellungsmerkmal muss sich "Mann" schon etwas einfallen lassen. Als Jedi-Ritter verkleidet testet der Postbeamte an einer Freiwilligen aus der ersten Reihe sein Glück. Doch schon bei der ersten Frage: "Wie bereites du Thüringer Klöße für mich zu?" holt er sich mit "gar nicht" eine nur allzu deutliche Absage.

Nach der Pause tritt Rainer Dohlus als langbeinige Französin im Minirock auf, die die Frage stellt: "Was ist mit den Männern in Franken los?" Er gibt mit einem Haus und einer Wiese an, die ihm noch gar nicht gehören und bleibt nachts an einer roten Ampel stehen, obwohl weit und breit kein Auto zu sehen ist, beschwert sie sich. Auch von der fränkischen Spezialität "Schäuferle" war die Französin angesichts des riesigen Fleischbergs, der ihr auf "dem Keller" serviert wurde, enttäuscht. Auch sein Äußeres hält den kritischen Blick der Französin nicht Stand. "Er gibt an 51 zu sein, aber er sieht aus wie 60", beschwert sie sich.

Schließlich findet sich noch eine geeignete Partnerin. Nach dem ersten Date stellt sich die Frage: Wollen wir zu mir oder zu dir? Hier scheint die gute alte Briefmarkensammlung noch nicht ausgedient zu haben. Willigt sie allerdings ein, unterscheiden sich die Vorstellungen von Mann und Frau. Während er sie ins Bett kriegen will, will Frau sich nur einen Überblick über seine Wohnsituation verschaffen. Der Postbeamte gibt sich redlich Mühe, seine Angebetete nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Und der Zuschauer bekommt anhand einer Schaufensterpuppe einen (unbeholfenen) Einblick in eine Tantra-Massage. "Addrakdiver Middfünfziger suchd ..." ist ein tempo- und pointenreiches Stück, das durch seine Situationskomik gefällt und den Zuschauern einen unbeschwerten Theaterabend bescherte.