Druckartikel: Wenn der Steigerwald bebt...

Wenn der Steigerwald bebt...


Autor: Klaus Schmitt

Prölsdorf, Sonntag, 13. Juli 2014

Musik   ...dann muss das nichts mit der Nationalpark-Diskussion zu tun haben. Beim "Krach-am-Bach"-Festival in Prölsdorf wird es laut, aber es herrscht eine friedliche und fröhliche Stimmung. Die Band-Kontakte gehen mittlerweile in die ganze Welt.
Mitten auf dem alten Sportplatz liegt das Festival-Gelände. Hunderte von Besuchern hörten am Freitagabend die Band "Valiant Thorr" aus North Carolina in den USA. Die Gruppe heizte den Rockfans ordentlich ein und machte mit Gitarrist Eidan Thorr (im Bild) "Krach am Bach".



von unserem Redaktionsmitglied 
Klaus Schmitt

Prölsdorf — Ronny Fahl ist ein Weitgereister in Sachen harter Rockmusik. Der 36-Jährige aus Meiningen war vor einem Jahr bei einem Festival in Budapest, und bei der Heimkehr aus der ungarischen Hauptstadt funkte ihn ein Freund an und teilte ihm mit, da gebe es so ein kleines, schönes Musik-Event in der Nähe von Bamberg. Das liege quasi auf dem Heimweg. Ronny Fahl machte sich auf den Weg und landete in Prölsdorf, gut 25 Kilometer von Bamberg entfernt.

"Nur nette Leute"

Auf dem Vereinsgelände des Sport-Clubs Prölsdorf lief damals zum achten Mal das "Krach-am Bach"-Festival. Der 36-Jährige rockte mit, und es gefiel ihm so gut, dass er heuer wieder nach Prölsdorf fuhr. Viel zu bald kam er an. Machte aber nichts, und wenn er schon einmal da war, half er den Prölsdorfern beim Aufbau für das Festival. "Weil's einfach nur nette Leute sind", hatte er sich zum zweiten Mal auf den Weg in den Steigerwald gemacht, der derzeit, wie es scheint, nur wegen der Nationalpark-Diskussion in den Schlagzeilen ist. Diese Debatte interessiert den Gast aus Meiningen wenig bis gar nicht.
Ob ihm das Festival Spaß macht, wollte unser Reporter von ihm wissen. Etwas ungläubig schaut der Meininger den Zeitungsmann an. Das sei aber "eine blöde Frage", staunt er. Stimmt. Und gleich setzt der 36-Jährige dazu: "Sonst wäre ich nicht hier."
Ihm gleich taten es am Freitag und Samstag rund 3500 Fans aus der Punk-Rock- und Heavy-Metal-Szene. Sie erlebten an den beiden Tagen, vor allem in den Nächten, 20 Bands, die fast aus der ganzen Welt nach Prölsdorf gekommen waren.
Fast aus der ganzen Welt? Wie geht das? "Das hat sich so aufgebaut", erzählt Sebastian Schunder. Der Fußballer beim SC Prölsdorf ist der Hauptorganisator des "Krach-am-Bach"-Festivals und hat mittlerweile Verbindungen, die es ihm und seinen Mitstreitern ermöglichen, auch an namhafte Bands heranzukommen. Man müsse ständig mit den Agenturen und Tour-Managern zusammenarbeiten. "Wenn das eine Festival rum ist, fängt die Organisation für das nächste an. Anders kommt man nicht zu Kontakten", weiß er.
Und es sind keine No-Names, die in Prölsdorf auftreten. In der Szene "sind es größere" Gruppen, schildert Schunder.
Das einzige, das dem jungen Prölsdorfer Sorge bereitet, ist das Wetter. Das muss passen, denn das Festival ist zum größten Teil eine Open-Air-Veranstaltung. "Es wäre der Super-GAU", berichtet Sebastian Schunder, wenn der Sport-Club das Festival wegen schlechten Wetters kurzfristig absagen müsste. Aber bisher hat alles immer bestens funktioniert.
Aus ganz kleinen Anfängen ist das Festival auf dem Sportgelände neben der Rauhen Ebrach entstanden. Der Bach, der der Gemeinde, in der Prölsdorf liegt, den Namen gibt (Rauhenebrach), stand auch Pate für die Bezeichnung des Festivals. Vor acht Jahren, als es erstmals stattfand, waren es drei Bands, die in Prölsdorf auftraten. Eine davon war "Terror Loft", in der Sebastian Schunder selbst und Freunde aus der Umgebung Musik machten. "Terror Loft" fragte beim Sport-Club an: "Dürfen wir mal spielen?" Sie durften, erinnert sich Rainer Schunder, Vater von Sebastian Schunder und damals einer von drei Vorsitzenden des Vereins. "Terror Loft" begeisterte zwei weitere Bands für den Auftritt, und die drei Gruppen legten los. Vor 100 Zuhörern.
Mittlerweile sind es rund 3500 Besucher, die aus ganz Deutschland für die zwei Tage dauernde Musikveranstaltung auf dem Vereinsgelände anreisen. Hochprofessionell und durchorganisiert ist das Festival mittlerweile, und es verlangt ein großes Engagement von den Mitgliedern. Für die beiden Tage werden rund 100 Helfer benötigt. Zum Vergleich: Prölsdorf hat etwa 320 Einwohner, der Verein zählt knapp 300 Mitglieder.
Es ist auch die familiäre Atmosphäre, die die Besucher nach Prölsdorf bringt. Da gibt es mal ein Frühstück für die Punk-Rock-Fans. Mal setzt der SC auf Kontraste. Heuer spielte beispielsweise erstmals eine Blasmusik am Samstagmorgen. Die Mischung macht's.
Für Übernachtungsmöglichkeiten ist gesorgt: Auf einer Wiese neben dem alten Sportplatz können die Musikfans campen. Ein Dorf neben dem Dorf entsteht so für kurze Zeit.
Und wie ist es mit dem Lärm beim "Krach am Bach"? Wer sich als Nicht-Punk-Rock-Fan bis an die Bühne wagt, muss einiges aushalten. Da fliegen dem Amateur die Ohren weg. Den harten Rockfans gefällt's, und die Prölsdorfer halten es offenbar aus. "Bei mir hört man fast gar nichts", erzählt Robert Dürr. Der Kreisbrandmeister aus dem Ort wohnt in Luftlinie einige hundert Meter vom Festivalgelände entfernt. In der Tat: Wenn man mal eine Zeltwand oder die Baumreihe am Bach zwischen die Bands und die empfindlichen Ohren gebracht hat, wird es schnell ruhiger.

Mit grünen Haaren

Für alle Eventualitäten hat der Sport-Club vorab Schreiben an die Prölsdorfer verfasst und um Verständnis gebeten für die etwas höhere Lautstärke an den beiden Tagen - und um Entschuldigung, falls sich der eine oder andere doch ärgern sollte.
Das kommt aber offenbar nicht vor. Zumindest ist den Veranstaltern nichts davon bekannt.
Die Prölsdorfer haben sich mittlerweile daran gewöhnt und viele Festival-Besucher in ihr Herz geschlossen. Egal ob jemand mit grünen Haaren, einem Irokesen-Haarschnitt, mit Nieten-Lederjacken oder seltsamen T-Shirts kommt, Berührungsängste gibt es nicht (mehr). Unter die Besucher mischen sich auch ältere Prölsdorfer. Die fallen zwar ein bisschen auf, weil sie eben keine grünen Haare haben, aber ihnen gefällt die Atmosphäre, und sie trinken ihr Bier zwischen "Valiant Thorr" und "Madball" (zwei Gruppen, die heuer auftraten). Die Musikfans seien alle "friedlich und freundlich", erzählt eine 47-jährige Helferin aus einem Nachbarort. So manches Vorurteil ist mittlerweile den Bach runter.
Es gebe "keine Schlägereien", alles sei "total friedlich", bestätigt der SC-Kassier Joachim Dümler. "Bei der Kirchweih gibt's mehr Komplikationen", erklärt Sebastian Schunder. Und wenn doch: Dann erstickt der Sicherheitsdienst den Ärger im Keim, und Polizei wird kaum benötigt.

Einmal doch

Halt! Vergangenes Jahr musste doch eine Streife anrücken, weil ein Besucher sich daneben benommen hat. Nichts Gravierendes. Pech für die Polizei: Ihr Streifenwagen wurde angemalt.