Wenn der Sauerkrauteimer explodiert
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Ebensfeld, Montag, 06. Juni 2016
Geschäftstüchtige Mörder und Zeitbomben des Asphalts: Zuhörer amüsierten sich köstlich bei Helmut Vorndrans Kostproben.
Fränkisch gemütlich kommt er daher, der Helmut Vorndran. Doch der als Kabarettist bekannt gewordene Autor hat es - im positiven und sehr unterhaltsamen Sinne - faustdick hinter den Ohren. Der Schalk blitzte aus seinen Augen, als er schelmisch grinsend die rund 50 Zuschauer mustert und ein freundliches "Hallo" in die Runde wirft.
Das begeisterte Publikum durfte anschließend wieder einen leidenschaftlichen Helmut Vorndran erleben. Es war wie zu erwarten weit mehr als nur eine "Lesung" und auch alles andere als eine One-Man-Show. Helmut Vorndran wurde eins mit seinem Publikum.
Eine uralte Nähmaschine fungierte als Rednerpult, um ihn herum stapelten sich Holzscheite. "Das hatte ich auch noch nicht", schmunzelte der Rattelsdorfer über das urige Ambiente. Das passte wirklich wie die Faust aufs Auge angesichts des volksnahen Charakters von Vorndrans Geschichten.
Die Vorndran-Fans hatten sich mit Steaks und Bratwürsten gestärkt, es konnte losgehen. Nach der kurzen Begrüßung durch Ludwig Wendler, der zusammen mit der katholischen Bücherei Ebensfeld und der Pfarrei Ebensfeld die Lesung initiiert sowie seine Scheune zur Verfügung gestellt und hergerichtet hatte, gab Vorndran Gas, leitete ein mit einem bizarren Gedicht "Tod durch Franken", um nach sieben Opfern zu bemerken: "Der Leichenbedarf müsste jetzt erst einmal gedeckt sein."
Auf dem Weihnachtsmarkt
Anschließend bot der Autor einige herzerfrischende Kostproben aus seinem Roman "Habakuk" mit dem "coolen" Kommissar Lagerfeld, der - deshalb sein Spitzname - Pferdeschwanz sowie selbst bei Regen Sonnenbrille trägt und an keiner Bratwurstbude vorbeikommt.
Da hinterlässt ein Sauerkrauteimer, den zwei Jungs mittels Schwarzpulver zum Explodieren gebracht hatten, einen Krater derlei Ausmaßes, dass die Feuerwehren meinen, hier sei ein Meteorit eingeschlagen. Für Lacher und fröhliche Gesichter sorgte auch die Passage, in der Lagerfeld auf dem Jesserndorfer Weihnachtsmarkt ermittelt und ob seines leicht schlampigen Outfits von einer arroganten "Dame von Welt" mehr als herablassend behandelt wird, ihren fast DIN-A4-großen Geldbeutel öffnete und zu ihrer Tochter sagt: "So Annagret Sophie - nun gibst du diese 50 Cent dem armen Mann, damit er sich einen Glühwein kaufen kann. Aber pass auf, dass du ihn nicht anfasst, wir haben vorhin erst gebadet." Selbstverständlich ließ der Ermittler diese Demütigung nicht auf sich sitzen und fand einen Weg, die Dame selbst zu brüskieren.
Helmut Vorndran macht vor nichts halt. Ähnlichkeiten mit lebenden Franken sind voll beabsichtigt. Bestes Beispiel ist die von ihm erdachte Romanfigur des Politikers Manfred Zöder, der es sich in den Kopf gesetzt hat, Franken zum eigenständigen Bundesland zu machen.
Herrlich unterhalten fühlten sich die Zuhörer in der voll gefüllten Scheune auch mit den Auszügen aus weiteren Werken Vorndrans, etwa aus "Das fünfte Glas", wo ein Disput zwischen katholischer und evangelischer Kirche in Untermerzbach dazu führt, dass katholische Taufe und evangelische Beerdigung kurzerhand zusammengelegt werden.
Vorndrans Band "Tod durch Franken" enthält lustige Kurzgeschichten, die "auch gut für Männer geeignet sind, weil man sie auf dem Klo lesen kann". Vorndran redete nicht "vom hohen Ross herab", sondern verstand es einmal mehr, eine Brücke zum Publikum zu schlagen, dieses in die Lesung einzubinden. "Die Kurzgeschichten in diesem Band beginnen alle mit einem Zitat. Wer von euch nun als Erstes sagen kann, von wem der jeweilige Spruch ist, bekommt eine Leseprobe meines im August erscheinenden historischen Romans Isarnon", grinste er und startete: "Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." Kurze Pause, dann schreit eine Zuhörerin: "Karl Lagerfeld" - "Bingo", gratulierte Vorndran und überreichte ihr die exklusive Belohnung.
Wie erwähnt: Den Abend im Rückblick als reine Lesung zu titulieren, würde der Veranstaltung im Allgemeinen und dem Autor im Speziellen nicht gerecht werden. Man kann dem umgänglichen Helmut Vorndran, der sich in der Pause Zeit nahm fürs Büchersignieren und sich wie alle anderen an der Bratwurstbude anstellte, auch nicht böse sein, wenn er mit Erzählungen aus dem wahren Leben wieder einmal eine seiner Spitzen abfeuert - und zwangsläufig hin und wieder auch trifft: "Sind welche aus dem Landkreis Haßberge hier?" Zwei melden sich. "Okay, da müsst ihr jetzt halt durch", grinste er und setzte an zum schonungslosen Angriff auf Autofahrer mit Haßfurter Kennzeichen, was ja auch in seinem Buch "Blutfeuer" thematisiert wird.
Erlös für die Bücherei
Die Angesprochenen müssen sich dann schon einmal das Attribut "tickende Zeitbomben des Asphalts" gefallen lassen. Doch Humor ist, wenn man trotzdem lacht - und das taten diese beiden Zuhörerinnen aus Ebern denn auch. Humor ist Trumpf - aber natürlich auch Herz. Letzteres ließen die Vorndran-Fans mit dem Erwerb ihrer Eintrittskarte sowie durch den Kauf von Bratwürsten oder Steaks sprechen. Der Erlös der Veranstaltung kommt nämlich je zur Hälfte der katholischen Bücherei Ebensfeld und der Rumänienhilfe von Pfarrer Rudi Scharf zugute. Alltagsstress? Der war in diesen drei Stunden so weit weg wie die Erde vom Mond. Helmut Vorndran, der zum erstem Mal in Ebensfeld eine Lesung gab, hatte ein Lächeln auf die Gesichter der Zuhörer gezaubert, ihnen einen vergnüglichen Abend beschert. Und dieser war auch allerschönste Werbung für das Lesen.