Wenn alte Gasthäuser erzählen könnten
Autor: Elisabeth Görner
Forchheim, Samstag, 11. Juli 2015
Vortrag Der Häuserforscher Reinhold Glas legte beim Kolpingverein seine Erkenntnisse vor.
von unserer Mitarbeiterin Elisabeth görner
Forchheim — Der so engagierte und äußerst kenntnisreiche Häuserforscher Reinhold Glas hat für die Mitglieder des Kolpingvereins - auf der Basis von archivalischen Quellen - "Zur Geschichte ehemaliger Gasthäuser in Forchheim" gesprochen und von denen drei ausführlich vorgestellt.
Schon der Name des ersten Objekts "bey den Sieben Thürnen" ließ aufhorchen; "Thürne" sind nämlich heute: Türme - womit z. B. Schloss Thurn oder der Name der Familie Thurn (und Taxis) erklärt wäre.
Das Anwesen ist heute die Nummer 19 in der Bamberger Straße; mit den früheren Nebengebäuden gehörten die Nummern 17 und 21 bis zum Ende des 17. Jahrhunderts auch dazu.
Man weiß bis heute nicht genau, welche Bedeutung gerade die Zahl sieben im Zusammenhang mit dem Gasthaus-Namen hatte - obwohl 1608, als dieser Name das erste Mal urkundlich erwähnt worden ist sie für Forchheim sogar stimmen könnte.
Ansonsten ist die Sieben eher ein Synonym für eine unbestimmte Zahl, und in Nürnberg, das zu der Zeit ganz sicher mehr als sieben Türme hatte, gab es auch ein Wirtshaus dieses Namens. In dem Forchheimer Haus, das schon seit 1510 existiert, wurde aber nie Bier gebraut; es war nur "Schenkstatt", aber zum Lagern des im Kommunbrauhaus hergestellten Bieres hatte der "Sieben Türme"-Wirt einen eigenen, zum Grundstück gehörenden Felsenkeller.
1697 hat der damalige Wirt an seine Lehensherren - derer von Egloffstein - einen historisch wichtigen Brief geschrieben: "... dass bei Schanzarbeiten meinem Keller großer Schaden zugefügt wurde, weil man alles abgegraben hat und die Erde hinweggeführt wurde!", was belegt, dass der Stadtwall bzw. die Stadtmauer noch entlang der Sackgasse verlief und direkt an sein Grundstück grenzte.
1702 hat sich dann laut weiterer Urkunden der Wirt Hans Dorsch ebenfalls bei den Egloff steinern über den schlechten Zustand des Anwesens beschwert. Genau über ihn existiert aber auch in den sogenannten Malefiz- (="Übeltaten"-)Akten die Geschichte von einer Bluttat, die aber nur ein Unfall war. Der verheiratete Bäcker Johann Schmitt aus Leutenbach hatte seine Flinte und seine Pistole zum Überholen dem Forchheimer Büchsenmacher gebracht, der gleich gegenüber dem Gasthaus seine Werkstatt hatte.
Er kehrte "bei den Sieben Türmen" ein und der Wirt wollte ihm nur stolz seine eigene Pistole zeigen; es löste sich aber ein Schuss, der den Leutenbacher Gast tötete. Zeugen bestätigten den Hergang.
1864 verkaufte dann der spätere Wirt Georg Gahn die Schankstätte, hielt jedoch eine Hälfte des Hauses für sich als normales Wohnhaus zurück. Bis Anfang der 1980er-Jahre existierte aber der Gastbetrieb unter seinem alten Namen, danach besaßen es z.B. noch Bar-Pächter bis 2010, sodass in der Bamberger Straßen Nummer 19 insgesamt 500 Jahre lang Einkehrende bewirtet worden sind!
Aus der Nr. 3 in der Hauptstraße samt Zusatzgebäuden (z. B.
zur Unterbringung von Pferden) in der Hornschuchallee, die Nummern 6 und 8, bestand das Gasthaus "Zur (weißen) Gans". Von 1526 stammt eine Urkunde, durch die nachgewiesen ist, dass der Jahreszins von damals stolzen sechs Gulden für das Anwesen an die jeweiligen Eigentümer (aus dem Patrizierstand) bezahlt werden musste, z.B. auch von dem späteren "Genswirt" Jobst Christian (1557). Der Stadtrichter Andreas Lechner hat dann ab 1605 als großzügiger Spender den Zins für Arme und Kranke zur Verfügung gestellt. Die "Gans" hatte immer wieder hohe Gäste, z.B. hat 1610 seine Exzellens Herr von Förner "bei einem Mahl (...) in der ,Gans‘ verzehrt"; Förner war Generalvikar und Weihbischof unter dem Bamberger Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen, einem der Hexenverfolger! 1608 und 1638 sind zwei Eggolsheimer, Martin Dörfler, Amtsrichter zu Eggolsheim, und Johann Pantzer (1638), als Wirte "Zur
(weißen) Gans" verzeichnet; Letzterer stammte wahrscheinlich auch aus damals höherer gesellschaftlicher Schicht, da er als Herr J. P. auftaucht. Zwischen 1770 und 1773 wurde das Gasthaus aufgegeben. Ein Tuchmacher namens Christoph Betz erwarb das schon marode Haus und baute an genau dieser Stelle ein neues.
Vornehme Gäste, die damaligen Promis, stiegen gern auch im Gasthaus "Zum (halben) Mondschein" ab - heute Drogeriemarkt Müller, Hauptstraße 49; das beweist eine Notiz von 1570: "... als der gnädige Fürst mit seinem Gefolge allhier (war)". Wahrscheinlich handelte es sich bei den Gasthausbesuchern aber "nur" um den Tross des Fürsten!
Gestirne waren neben Tieren oft Namengeber für Gasthäuser; bis heute ist allerdings fast nur noch die "Sonne" anzutreffen.
Umso interessanter ist der Holzschnitt von 1537, den Reinhold Glas zeigte, der das schon nächtliche Wirtshausleben bei offenem Fenster mit Mond und Sternen darstellt und als Anspielung auf den entsprechenden Gasthaus-Namen interpretiert werden kann. Der Mondscheinwirt war - nachdem 1691 mit dem Graben der Forchheimer Keller begonnen worden war - einer der ersten, der dort auf dem bzw. im (Anna-)Berg einen Felsenkeller für sich hatte.
Für die Jahre 1655 und 1665 sind zwei Wirte mit den Namen Martin und Hans Theiler in den Archiven angegeben, die sicher als, wenn auch entfernt verwandte, Vorfahren zur Familie des Ebermannstädter Künstlers Friedrich Theiler gehörten.
Es fehlt aber auch hier keine Horrorgeschichte aus dem Malefiz-Akten: 1718 wurde im Wirtshaus "Zum (halben) Mondschein" bei einem Streit zwischen zwei Gästen ein gewisser Valentin Bickel sofort vom Gegner mit dem Degen "entleibt". 1830 schließlich hat die Nummer 49 in der Hauptstraße ihre Funktion als Gasthaus endgültig verloren - das Leben geht aber auch mit einem Drogeriemarkt weiter, nur anders.