Weißblauer Hai mit scharfer Zunge
Autor: Thomas Ahnert
Bad Kissingen, Sonntag, 07. November 2021
Kabarett Lisa Fitz nahm die Gäste im Max-Littmann-Saal auf eine Reise durch vier Jahrzehnte Kabarett mit. Bei ihrem Jubiläumsprogramm kam sie richtig in Fahrt.
Es gibt zwei Begriffe, sie sie überhaupt nicht mag, die in der Presse gerne zum Einsatz kommen, wenn von Lisa Fitz die Rede ist: "Bayerisches Urgestein" und "Grande Dame des Kabaretts". In gewisser Weise verständlich, denn Urgestein ist Granit. Wenn etwas in Stein gemeißelt ist, dann ist es das in Granit. Und das weckt Assoziationen, mit denen Kabarettisten und -innen nicht gerne in Verbindung gebracht werden. Und bei Grande Dame denkt man eher an Queen Mum, an Fuchspelz mit Mottenkugelgeruch als an überraschende Pointen.
Aber andererseits muss sie die Schreiberlinge, die sie so bezeichnen, auch ein bisschen verstehen. Denn die beiden Begriffe sind gut gemeinte Höflichkeiten, mit denen man sich um Altersfragen herummogeln kann. "Urgestein der Kabarettszene kommt!" klingt in den Ankündigungen nach viel Erfahrung und auch einfach charmanter und zündender als "70-Jährige kommt!" Warum soll man nicht wissen, dass Lisa Fitz 1951 in Zürich geboren wurde und - Respekt! - immer noch in der ersten Reihe des Kabaretts steht?
Alter macht ja nicht zwangsläufig blöd. Man kann sich eigentlich auch schon deshalb denken, dass sie kein Backfisch mehr ist, weil sie mit ihrem mittlerweile 16. Bühnenprogramm "Dauerbrenner - das große Jubiläumsprogramm" 40 Jahre Lisa Fitz - nicht im Leben, sondern auf der Bühne - feiert.
Moderation angeboten
Wobei das nicht ganz richtig ist, denn im nächsten Jahr werden es 50 Jahre in der Öffentlichkeit. Da hatte Lisa Fitz gerade die private Schauspielschule von Ruth von Zerboni in Stockdorf bei München absolviert. Und es wäre vielleicht eine stinknormale Schauspielerin aus ihr geworden, wenn nicht damals das Bayerische Fernsehen bei ihr angerufen hätte und ihr die Moderation der Unterhaltungsserie "Bayerische Hitparade" angetragen hätte als Nachfolgerin von Ruth Kappelsberger (die Älteren werden sich an sie erinnern: "Die Zwölf der Woche", jeden Freitag).
Aus heutiger Sicht sagte sie seltsamerweise zu. Und dieser Irrtum war ein Glücksfall. Denn sie merkte sehr schnell, dass die verlogene Welt der Heimatschnulzen nicht ihr Zuhause werden könnte, und sie begann zu opponieren: "Ich war im falschen Film, aber mit Erfolg. Das hältst du ohne Bier nicht aus." Da sie in ihrer Sendung auch selber musizieren konnte, sang sie eines Tages das Manifest: "I bin bled". Die Senderverantwortlichen und auch weite Kreise des Publikums verfielen in eine lange anhaltende Schockstarre. Aber Lisa Fitz hatte ihr Markenzeichen gefunden. Sie wurde zu einer Pionierin der Frauenbewegung, nicht nur, weil sie den Widerspruch gegen die Männerwelt salonfähig machte, sondern weil sie auch ganz konkret die erste Frau war, die mit einem eigenen Kabarettprogramm die Kleinkunstbühnen und - durchaus erstaunlich! - auch das Fernsehen eroberte. Aber da nutzten ihr vielleicht noch ihre früheren Beziehungen. Sie wurde zum Urgestein der Frauenbewegung (haha!).