Weil es Gott nicht im Handtaschenformat gibt
Autor: Thomas Weichert
Gößweinstein, Dienstag, 13. Juni 2017
"Ich glaubte an Gott und die Natur und an den Sieg des Edlen über das Schlechte; aber das war den frommen Seelen nicht genug, ich sollte auch glauben, dass ...
"Ich glaubte an Gott und die Natur und an den Sieg des Edlen über das Schlechte; aber das war den frommen Seelen nicht genug, ich sollte auch glauben, dass drei eins sei und eins drei; das aber widerstrebte dem Wahrheitsgefühl meiner Seele; auch sah ich nicht ein, dass mir damit auch nur im mindesten wäre geholfen gewesen." Johann Wolfgang von Goethe formulierte diese Worte 1824. Für den Bamberger Weihbischof Herwig Gössl geben sie auch heute noch den Zeitgeist wider. In seiner Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag in der Basilika Gößweinstein begründete er, warum es dennoch wichtig und hilfreich ist, an den dreifaltigen Gott zu glauben. Gerade auch heute.
Dieses Hochfest ist zugleich das Patronatsfest der Gößweinsteiner Kirche und damit ein alljährlicher Höhepunkt für die Wallfahrer und die Pfarrei. Auch in diesem Jahr kamen wieder 20 Wallfahrten aus nah und fern nach Gößweinstein. Besonderen Grund zum Feiern hatte die Wallfahrt aus Röttenbach bei Höchstadt an der Aisch. Im Jahre 1817 gelobten die Röttenbacher wegen einer Viehseuche alljährlich nach Gößweinstein zu wallen. Dieses Gelübde haben sie durch die vergangenen 200 Jahre stets erfüllt. Das Jubiläums-Wallfahrtsamt zelebrierte am Samstag Erzbischof Laurentius Lompo aus der Diözese Niamey aus Niger in Afrika.
Den Pontifikalgottesdienst am Sonntag, der gleichzeitig auch das Wallfahrtsamt der Wallfahrt aus Weilersbach war, zelebrierte Weihbischof Herwig Gössl. Zur Begrüßung des Weihbischofs trugen Eva Neuner aus Etzdorf, Heidi Brendel aus Leutzdorf und Emma Endres aus Kohlstein vom Kindergarten St. Franziskus ein Gedicht vor und überreichten einen Blumenstrauß. Kindergartenleiterin Irmgard Redel hatte das Gedicht eingeübt und begleitete die Mädchen. Der Musikverein Gößweinstein unter Leitung von Jürgen Hiltl geleitete den festlichen Zug des liturgischen Dienstes, Kirchenpfleger Bernhard Schrüfer mit Vertretern der Kirchenverwaltung, Pfarrgemeinderatsvorsitzende Monika Lang mit Vertretern des Pfarrgemeinderats und Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (BMG) mit Vertretern des Marktgemeinderats Gößweinstein vom Pfarrhaus in die Basilika und wieder zurück.
Weihbischof Gössl sah die Einstellung Goethes auch in unserer Zeit weit verbreitet: "Was ich nicht verstehe und was ich auch nicht begreifen und erfahren kann, das ist keine Wirklichkeit in meinem Leben als moderner Mensch, ja das beleidigt mein Wahrheitsgefühl und hilft mir auch nicht weiter". Aber schon unter den Menschen sprenge die Liebe die Grenzen des Verstandes und der Logik. Dies gelte erst recht für Gott. Er lasse sich nicht begreifen in seiner Weite und Vielschichtigkeit und auch Widersprüchlichkeit. "Er ist kein Gott im Handtaschenformat", so Gössl. Gott bleibe unverfügbar und dürfe von niemandem vor den eigenen Karren gespannt werden.