Weder gewürgt, noch zu Boden geschleudert
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Mittwoch, 04. Oktober 2017
Stephan Herbert Fuchs Die Vorwürfe waren schwer: ein 18-jähriger Kulmbacher sollte eine Bekannte beim Volksfest im Mai am Schwedensteg gewürgt, zu Boden ges...
Stephan Herbert Fuchs
Die Vorwürfe waren schwer: ein 18-jähriger Kulmbacher sollte eine Bekannte beim Volksfest im Mai am Schwedensteg gewürgt, zu Boden geschleudert und mit dem Kopf auf den Asphalt gedrückt haben. Er musste sich deshalb wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Jugendschöffengericht verantworten. Nach einer Stunde Verhandlung blieb allerdings wenig davon übrig. Weil das Opfer den Vorfall ganz anders als bisher schilderte, stellte das Gericht kurzerhand das Verfahren ein.
Der Angeklagte hatte von Anfang an jede Schuld von sich gewiesen. "Stimmt nicht", sagte er vor Gericht. Er sei gerade vom Autoscooter zu den Toiletten gegangen, da habe er gesehen, wie das angebliche Opfer, eine 18-Jährige Schülerin aus dem Rau Kronach, gerade "am Ausflippen war". Er habe gefürchtet, dass sie seiner Freundin was antut, weil die beiden jungen Frauen schon länger im heftigen Clinch lagen. Da habe er seinen Arm um die Schulter der 18-Jährigen gelegt, um sie zu beruhigen, und um zu verhindern, dass sie auf seine Freundin losgeht.
Panische Angst
Das Gegenteil trat allerdings ein. Sie habe plötzlich wie wild um sich getreten und sich gewehrt, da habe er sie eben festgehalten, damit sie nicht auf die Freundin losgeht. Von Schwitzkasten, Würgen, Knallen mit dem Hinterkopf auf den Bordstein allerdings keine Spur, höchstens von panischer Angst, deshalb sei es auch zur Anzeige gekommen. Die Polizei war damals ohnehin schon vor Ort. Ihre Anzeige wollte die Schülerin allerdings zwischenzeitlich ohnehin wieder zurücknehmen, was aber in einem derartigen Fall nahezu unmöglich ist. Deshalb war es auch zur Verhandlung gekommen.
Zwischenzeitlich entschuldigt
Als einzige Zeugin ließ der vorsitzende Richter Christoph Berner das angebliche Opfer aussagen. "Die Sache ist für mich erledigt", sagte die Schülerin. Sie sei aggressiv gewesen, der Angeklagte habe sie zwar festgehalten und an die Wand gedrückt, auf dem Bordstein sei sie aber nicht aufgeknallt, sondern zum Sitzen gekommen. Außerdem habe sich der Angeklagte bei ihr zwischenzeitlich entschuldigt. "Ich will nicht, dass er bestraft wird", so die junge Frau.
Nicht stattgefunden
Das wurde er dann auch nicht. Der Aufprall mit dem Kopf auf dem Asphalt habe nicht stattgefunden, das Würgen sei fraglich, bleibe allerhöchstens noch das Drücken gegen die Wand, sagte der vorsitzende Richter.Nach einer Beratung mit den Schöffen stellte das Gericht das Verfahren allerdings dann doch ohne Auflagen ein, die Kosten muss die Staatskasse tragen, lediglich seine Auslagen muss der Angeklagte selbst tragen. Auf die Einvernahme der übrigen Zeugen des Verfahrens wurde verzichtet.