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"Wat mutt, dat mutt"


Autor: Sigismund von Dobschütz

Steinach an der Saale, Donnerstag, 30. Dezember 2021

Närrische Idee  Fasching im Frühling - wo gibt's denn sowas? Na in Steinach. Pandemiebedingt hat man dort die Büttenabende kurzerhand in den Mai verschoben.
"Wat mutt, dat mutt": Malermeister Gerhard Dünisch malt die Hamburger Kulisse.


Sigismund von Dobschütz

Wir befinden uns im Jahre 2022. Der ganze Landkreis lässt sich von Corona beeinflussen. Der ganze Landkreis? Nein! Ein von unbeugsamen Faschingsfreunden bevölkertes Dorf hat beschlossen, dem Eindringling Widerstand zu leisten: Steinach feiert seinen Fasching auf jeden Fall - wenn auch erst am 13. und 14. Mai. Denn der verantwortliche Heimatverein und alle Aktiven sind sich einig: "Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen und auch mal Ausnahmen."

Die letzten beiden öffentlichen Büttenabende liegen schon fast zwei Jahre zurück. Im Corona-Jahr 2021 mussten sich die Faschingsfreunde mit einem närrischen Online-Gruß im Internet begnügen. Veranstalter und Aktive hofften deshalb, wenigstens in der kommenden Faschingszeit wieder auf der Bühne stehen und ihr Können zeigen zu dürfen. Doch wegen erneut steigender Inzidenzwerte und aktueller Gesetzeslage mussten Organisatoren und Aktive einsehen, dass Büttenabende im Februar wieder nicht möglich sein werden.

Aber die Steinacher Faschingsfreunde wollen sich durch die Pandemie ihren Spaß nicht verderben lassen. Deshalb wurde am vergangenen Donnerstag entschieden: Wir verlegen unsere Büttenabende ins Frühjahr auf den 13. und 14. Mai. Denn getreu dem schon seit zwei Jahren feststehenden Motto "Helau auf der Reeperbahn - Bütt Ahoi" sagten sich die Veranstalter: "Wat mutt, dat mutt."

Mehrere Gründe

"Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber unserem Nachwuchs", nennt Sitzungspräsident Andreas Alles einen von mehreren Gründen, die zu dieser ungewöhnlichen Entscheidung geführt haben. Denn schließlich proben die vier Steinacher Garden, deren jüngste Tänzerinnen und Tänzer gerade einmal sechs Jahre alt sind, schon seit Sommer und "brennen jetzt darauf", ihre Tänze vor Publikum auch aufführen zu dürfen. Alles: "Diese Euphorie und Freude wollen wir keinesfalls unterbinden, sondern maximal fördern." Deshalb war allen klar, den Aktiven im kommenden Jahr auf jeden Fall "eine öffentliche Plattform bieten zu müssen - egal, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt".

Doch eines steht angesichts vielleicht auch im Mai möglicher einschränkender Vorschriften fest: "Eine 2G-Bütt wird es in Steinach nicht geben! Wir schließen niemanden aus. Jeder darf mitmachen und den Abend erleben." Im ungünstigsten Fall wird es vielleicht personifizierte Sitzplätze geben, müssen Abstandsregeln eingehalten werden, ist das Tragen einer Gesichtsmaske auch am Sitzplatz nötig oder der Nachweis eines negativen PCR-Tests. Wie auch immer, sämtliche Hygiene-Vorgaben wollen die Veranstalter in Kauf nehmen.

Schon jetzt bemühen sie sich deshalb vorsorglich um finanzielle Unterstützung für eventuell notwendige PCR-Tests - nicht nur für ihre Aktiven und Helfer, sondern auch für ihre Gäste. "Für uns gibt es keine Geimpften oder Ungeimpften. Für uns gibt es nur Fosenöchter", macht Andreas Alles unmissverständlich klar. "Der Stänicher Büttenabend ist schließlich Kult. Er schafft Identität und das Zusammengehörigkeitsgefühl. Steinach ist Fasching, und Fasching muss Menschen zusammenbringen, nicht trennen." Der finanzielle Gewinn stehe für den Verein deshalb nicht im Vordergrund. Wichtiger sei der Erhalt des kulturellen Lebens, die Förderung des Nachwuchses und letztlich die Stärkung der Dorfgemeinschaft.

Deshalb hat der Heimatverein die Empfehlungen des Dachverbands, der ausschließlich 2G-plus-Veranstaltungen und außerhalb der Faschingszeit ein Ordens- und Helau-Verbot vorgeschrieben hat, auch nur "dankend zur Kenntnis" genommen. Man fühle sich nicht verpflichtet, diesen Empfehlungen zu folgen. Mit einem deutlichen Seitenhieb ergänzt Sitzungspräsident Alles: "Andere pflegen den Bayerischen Rundfunk. Wir pflegen unsere Kultur und Dorfgemeinschaft."

Jetzt appelliert der Heimatverein an Bürgermeister und Gemeindeverwaltung, alles Erdenkliche zu tun, um den Steinachern, allen Bockletern und Gästen auch noch den Stänicher Faschingszug zu ermöglichen.

In der Hoffnung darauf und in Vorfreude auf den Stänicher Frühlingsfasching im Mai wünscht der Heimatverein allen Mitgliedern und Helfern, allen Faschingsfreunden sowie allen Einwohnern von Steinach, Roth, Nickersfelden und Hohn eine besinnliche Weihnachtszeit. "Auf dass wir alle Kraft tanken für das kommende Jahr, um gemeinsam wieder neu durchstarten zu können."