Was machen Ex-Bürgermeister?
Autor: Anette Schreiber
LKR Bamberg, Donnerstag, 26. März 2015
Entwicklung (3) Sie setzen sich zur Ruhe und finden neue Hobbys. Oder sie machen Karriere in der Kommunalpolitik, so wie der langjährige Buttenheimer Bürgermeister Johann Kalb, der nun Chef des Landkreises geworden ist.
von unserem Redaktionsmitglied
Anette Schreiber
Landkreis Bamberg — Was vermisst er jetzt? Johann Kalb, denkt nach. Es dauert. Ein gutes Zeichen. Dann die Antwort: "Mal eben schnell auf den Bier-Keller oder zur Familie gehen." Ansonsten? "Nichts!" Der 55-Jährige hat seinen Traumjob gefunden: Er gehört zu den 15 Bürgermeistern, die nach der Kommunalwahl des vergangenen Jahres ihr Zimmer im Rathaus geräumt haben. Vom ersten Stock in Buttenheim ist Johann Kalb "aufgestiegen" in die vierte Etage des Landratsamtes, dessen Chef er wurde. "Mein Traumjob", wie er immer wieder betont.
Und einer, der ihm nun noch wesentlich mehr von dem ermöglicht, was ihm Spaß macht: die Begegnung mit Menschen. Statt bisher etwa knapp 4000 hat Kalb nun einen Pool von mindestens 145 000 Leuten, mit denen Begegnung möglich ist. Dazu bedarf es allerdings eines straff getakteten Terminkalenders.
Freilich hatte er auch als Bürgermeister einen vollen; allerdings mit mehr Spielraum beim einzelnen Termin und der Möglichkeit, mal schnell noch irgendwas reinzuschieben. Wie eben einen kurzen Abstecher auf den Keller oder zum Einkaufsmarkt. Die Wege waren kurz, 50 Meter zum Rathaus. Ins Landratsamt ist es dagegen eine gefühlte "Weltreise".
Aber zumindest am Reiseziel muss Kalb nicht auf ein gewohntes Gesicht verzichten: Hertha Gleichmann, die "Perle" aus dem Buttenheimer Vorzimmer, hat Johann Kalb mitgenommen. "Sie weiß, wie ich ticke." Er sei nicht jeden Tag gleich und der Sekretärin käme dann sozusagen der Job einer Dolmetscherin zu. Sie könne da oftmals beispielsweise Entwarnung geben, in der Art "das und das" habe bei ihm gar nichts zu bedeuten. Außer seine Sekretärin mitzubringen habe er darauf verzichtet, wie vielfach befürchtet, das Landratsamt mit "seinen Leuten" umzubesetzen, betont Johann Kalb.
Wichtig sei ihm ein fairer Umgang mit den Mitarbeitern, so wie zuvor in Buttenheim.
Eigenartiges Gefühl
Ein ganz eigenartiges Gefühl sei es anfangs freilich gewesen, "wenn du reingehst ins Landratsamt und wie die Leute reagieren, wenn der Landrat kommt". Sie hielten den Landrat für "etwas Besonderes. Das muss ich ihnen erst noch abgewöhnen", erklärt ein Johann Kalb, der von sich sagt, Statusdenken sei ihm völlig fremd. Was aber nicht heißt, dass er Respektlosigkeit hinnimmt.
"Heißt du jetzt noch Hans für uns oder müssen wir Herr Landrat sagen?", werde er oft gefragt und halte es wie schon bei der Wahl zum Bürgermeister vor 25 Jahren. "Mit der Wahl habe ich mich doch nicht verändert."
Er nicht, aber sein Leben. Mehr Termine, mehr Rasanz, mehr Menschen.
Letzteres wohl ganz in seinem Sinne, denn Johann Kalb werden Bierzeltqualitäten nachgesagt und er liebt das Bad in der Menschenmenge. "Unter Leuten zu sein, das ist mein Ding, jetzt habe ich halt nur mein Umfeld vergrößert."
Schon in Kindertagen tummelten sich immer zehn Kinder im Hof der Familie Kalb. Daran hat sich wenig geändert: So finden heute beispielsweise Zeltlager bei Familie Kalb statt, sehr zur Freude von Kalbs jüngstem Sohn gleichen Vornamens.
Wie kommt Johann Kalb junior mit dem neuen Job des Vaters zurecht? Vermutlich werde er darauf angesprochen, "aber wir reden nicht darüber, das wäre uncool". Freilich bedauert Johann Kalb senior, dass er nicht mal schnell was mit dem Jüngsten unternehmen kann. Fußball beispielsweise.
Dafür steht nun wieder ein Kurzurlaub mit der gesamten Familie an.
"Familie war mir immer wichtig und ist es natürlich auch jetzt noch." Sie muss den neuen Job schließlich mittragen. Dazu gehören auch Repräsentationsaufgaben für Kalbs Ehefrau Monika. Auf die sie sich übrigens genauso perfekt vorbereite wie auf alles andere.
Doch wie lässt sich das Leben der Anwältin mit einem Landrat als Gatten vereinbaren? "Wir führen einen gemeinsamen Kalender, am Anfang der Woche wird alles abgestimmt." Auch wann man sich sieht? Kalb lacht: "Wir essen jeden Abend zusammen und reden", verrät er das Geheimnis seiner gut funktionierenden Ehe.
Wenn Gespräche zu sehr über Landkreis-Dinge abgleiten, setze die Ehefrau allerdings einen Punkt.
Freilich, sich tagsüber mal spontan zu sehen, das gehe nun nicht mehr.
Ebenso wie die Ausübung seiner Hobbys: "Wenn ich nachts heimkomme, kann ich nicht mehr ans Klavier und spielen." Trotzdem, der Spaß am neuen Amt wiege das wohl auf, verrät ein strahlender Landrat auf dem Sprung zum nächsten Termin. "Wie gesagt, mir geht es richtig gut", lässt Johann Kalb noch wissen.