Druckartikel: Wann ist man ein sicherer Hafen?

Wann ist man ein sicherer Hafen?


Autor: Bernhard Panzer

Herzogenaurach, Donnerstag, 01. Oktober 2020

Es ist ein Begriff, der unterschiedlich definiert wird und im Stadtrat eine Debatte auslöste. Aber eines sehen alle so: Herzogenaurach hat bei der Aufnahme geflüchteter Menschen vorbildlich gehandelt.
2015 hatte Herzogenaurach bis zu 800 Flüchtlinge, größtenteils aus Syrien, aufgenommen.  Foto: Bernhard Panzer (Archiv)


Bernhard Panzer Darin waren sich alle Stadträte einig: Herzogenaurach hat vorbildlich gehandelt, als es galt, Hunderte von Flüchtlingen aufzunehmen. Das war vor fünf Jahren. In der Spitzenzeit bekamen 800 Menschen hier eine Unterkunft. Und noch heute gibt es in der Stadt "einen riesengroßen Pool von ehrenamtlichen Helfern", wie Bürgermeister German Hacker in der Sitzung am Mittwochabend feststellte.

"Die Herzogenauracher haben ohne Punkt und Komma die geflüchteten Menschen aufgenommen", betonte das Stadtoberhaupt. Schon daraus lasse sich erkennen, dass Herzogenaurach ein sicherer Hafen sei und das auch bleibe. Das gelte auch für den Fall, dass jetzt Menschen, die aus dem Lager Moria in Deutschland aufgenommen werden, verteilt werden müssen. Hacker: "Wir stehen bereit." Diesbezüglich einen Brief an die Bundeskanzlerin zu schreiben, lehnte er jedoch ab.

Demonstranten hatten vor zwei Wochen von Hacker gefordert, einen solchen Brief der Aktion Seebrücke zu unterzeichnen. So wie es andere Städte auch schon getan hätten. Für Hacker ist das der falsche Ansatz. Angesprochen wären allenfalls Landkreise und selbstständige Städte, nicht aber kreisangehörige Kommunen. Hacker verwies auf einen einstimmigen Beschluss im Kreistag (siehe Infobox), der die Bereitschaft zu helfen signalisiert. Damit sei auch alles gesagt, nicht jede einzelne Kommune müsse tätig werden. Solle der Oberreichenbacher Bürgermeister zum Beispiel jetzt etwa auch einen Brief schreiben?"

Grüne kündigen Antrag an

Außerdem stellte Hacker die rhetorische Frage: "Warum soll ich an die Kanzlerin schreiben, was sie ohnehin schon längst weiß?" Und schlug vor: "Stellt einen Antrag, dann soll der Stadtrat beschließen. Das ist nicht eine Entscheidung des Bürgermeisters."

Einen solchen Antrag soll es tatsächlich in der Oktober-Sitzung geben. Das hatten die Grünen bereits angekündigt. Dann geht es vor allem um den Begriff "Sicherer Hafen", den die Initiatoren des offenen Briefs freilich anders verstehen als der Bürgermeister. Schon einmal waren die Grünen mit einem diesbezüglichen Antrag durchgefallen. Damals ging es um die Seerettung. Wenn man den "Sicheren Hafen" nun erneut fordern werde, dann hätten die Stadträte noch genügend Zeit, sich über Begriff und Hintergründe zu informieren.

Ein Zeichen gefordert

Das sagte auch der grüne Stadtrat Peter Simon, der am Mittwoch aber noch keine Diskussion entfachen wollte. Man solle doch den Oktober abwarten. Zuvor hatte seine Fraktionskollegin Retta Müller-Schimmel dafür geworben, Initiative zu ergreifen. Der Bürgermeister und die Stadt sollten ein Zeichen zum sicheren Hafen setzen. Auch Thomas Kotzer (CSU) sprach sich für ein solches Zeichen aus. "Wenn wir uns auf andere verlassen, dann wird es keine Verbesserung geben." Hacker hätte den Brief schon deshalb unterschreiben können.

SPD-Fraktionsvorsitzender Holger Auernheimer kritisierte den von der Aktion Seebrücke geprägten Begriff "Sicherer Hafen" und riet dazu, "das Kleingedruckte" zu lesen. Er selbst wäre nicht bereit, Boote zu finanzieren, "weil einer ein Geschäft machen will." Auch Konrad Körner (JU) warnte vor einem Anschluss an die Vorstellungen der Seebrücke. Da sei manches rechtswidrig. Man sollte stattdessen "eine gleich gute Lösung finden wie der Kreistag, ganz ohne Schaum vor dem Mund." CSU-Kollege Walter Nussel pflichtete Bürgermeister Hacker bei: "Der Appell im Kreistag sagt schon alles aus."

Im Oktober geht's weiter

Sollten die Grünen in der Oktober-Sitzung ihren Antrag zum Thema stellen, scheint eine ausgiebige Debatte vorherbestimmt. Dabei sollte es doch nicht so schwer sein, einem "sicheren Hafen Herzogenaurach" zuzustimmen, meinte anderntags Retta Müller-Schimmel gegenüber dem FT. Denn es müsste ja nur drei von acht Kriterien zugestimmt werden.