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Wagenengel leidet Höllenqualen


Autor: Martin Schweiger

Haßfurt, Montag, 14. Januar 2019

Das Jugendgericht am Amtsgericht in Haßfurt verhandelte eine üble Attacke gegen einen 26-jährigen Mann beim Eltmanner Faschingszug. Der Verurteilte muss einen Freizeitarrest in einer Justizvollzugsanstalt antreten.
Beste Laune herrschte 2018 beim Faschingsumzug unter der Wallburg in Eltmann. Später allerdings gab es für einen der Akteure eine schmerzhafte Erfahrung. Die Dargestellten haben nichts mit der Gerichtsverhandlung zu tun, es handelt sich um ein Symbolbild. Foto: Günther Geiling/Archiv


Als Wagenengel sorgte ein 26-Jähriger beim Eltmanner Faschingsumzug am Faschingsdienstag vergangenen Jahres für Heiterkeit und gute Laune. Doch mit der guten Laune war es für den jungen Mann gegen 20.25 Uhr abends schlagartig vorbei: Ein damals 20-Jähriger mit später ermittelten 1,76 Promille Alkohol in der Blutbahn versetzte dem Wagenengel einen Kopfstoß ins Gesicht. Dabei erlitt das Opfer einen Nasenbeinbruch, eine Gesichtsfraktur und Zahnabsplitterungen.

Das Opfer wurde in der Notaufnahme einer Bamberger Klinik erstversorgt und musste am Tag darauf operiert werden. Am gestrigen Montag verurteilte das Jugendgericht am Amtsgericht in Haßfurt den heute 21-jährigen Täter aus dem Maintal nach Jugendrecht zu einem Freizeitarrest, bei dem er einen Samstag und Sonntag in der Jugendvollzugsanstalt verbringen muss. Außerdem muss der Verurteilte 3300 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld an sein Opfer zahlen.

Zwei Versionen

Vor dem Jugendgericht sagte der Angeklagte, dass sein späteres Opfer nach dem Faschingsumzug auf der Straße aggressiv mit Bekannten geredet habe. Er habe sich eingemischt. Es sei zu einem Wortgefecht und gegenseitigen Beleidigungen gekommen. Als der Wagenengel seine Faust ballte, habe er ihn mit dem Kopf voraus weggeschubst und ihn dabei mit dem Kopf getroffen, so der Angeklagte.

Anders schilderte der Geschädigte, der als Nebenkläger auftrat, die Tat. Der Angeklagte, den er zuvor noch nie gesehen habe, sei damals an ihm vorbeigelaufen und habe ihm unvermittelt einen Kopfstoß gegeben. Er habe daraufhin kurzzeitig nichts gesehen. Das Blut sei "wie aus einem Wasserhahn" gelaufen.

Erhebliche Folgen

Bei der anschließenden Operation in der Hals-Nasen-Ohrenklinik musste ihm die Nase ein zweites Mal mittels einer Eisenstange gebrochen werden, um sie gerade zu richten. "Das sind Schmerzen, halleluja", beschrieb er sein Malheur im Zeugenstand. Zwei Wochen habe er einen Gips im Gesicht tragen müssen, zehn Tage sei er krankgeschrieben worden und acht Monate habe er keinen Sport machen dürfen. Ein Gespräch mit seinem Peiniger habe es zuvor nicht gegeben. Die Faust habe er auch nicht geballt, gab der Getroffene zu Protokoll.

Vier weitere Zeugen bestätigten die Angaben des Opfers. Der Angeklagte, der sich bei dem Geschädigten auf Anraten des Vorsitzenden per Handschlag im Gerichtssaal entschuldigte, ist vor Gericht nicht völlig unbekannt. Einen Diebstahl und eine Beleidigung mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte hat er bereits in seinem "Portfolio" stehen.

Auch der Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich kennt den Angeklagten und seine Familie schon seit längerer Zeit. Die Eltern trennten sich, der Vater des Angeklagten durfte sich wegen Vorschriften nach dem Gewaltschutzgesetz seiner Familie nicht mehr nähern. Am Ende brach der Angeklagte den Kontakt zum Vater ganz ab.

"Jugendtypische Verfehlung"

Die Staatsanwältin bezeichnete die Tat als "dummen Kopfstoß mit einem Rattenschwanz an Folgen" und als eine "jugendtypische Verfehlung", die mit einem Freizeitarrest zu ahnden sei. Die Anwältin des Nebenklägers sah in der Notwehrbehauptung des Angeklagten eine Schutzbehauptung und empfahl ihm das Aufsuchen einer Suchtberatung ebenso wie der Verteidiger, der die Strafe ins Ermessen des Gerichts stellte.

Richter Martin Kober legte dem Angeklagten neben den Kosten des Verfahrens auch die Kosten der Nebenklage auf. Die Art der Körperverletzung sei jugendtypisch: "Erst betrinken und dann aggressiv werden", sagte Richter Kober in seiner Urteilsbegründung.