Vorerst keine Bürgerbefragung
Autor: Andreas Lösch
Haßfurt, Montag, 27. März 2017
Der Bürger sortiert vor und bringt Verpackungen zum Wertstoffhof: der Ist-Zustand im Kreis Haßberge. Eine Alternative etwa wäre der gelbe Sack, der abgeholt wird. Die Bürger dazu befragen? Das will der Kreistag (noch) nicht.
Andreas Lösch
Über etwas entscheiden lassen, über das man nichts Genaueres weiß? Das will der Kreistag nicht. Diesen Tenor schlugen mehrere Kreisräte an, die sich bei der gestrigen Sitzung des höchsten Landkreisgremiums im Landratsam in Haßfurt zu Wort meldeten. Es gab auch anders lautende Wortmeldungen. Aber letztlich fiel der Beschluss bei zwölf Gegenstimmen, dass eine Bürgerbefragung zu dem "Erfassungssystem von LVP-Verpackungen" zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll sei.
Der Hintergrund: Im Kreis Haßberge gibt es das Bringsystem für Leichtverpackungen (LVP). Die sind mit dem grünen Punkt gekennzeichnet und werden in vielen Landkreisen über den "gelben Sack" eingesammelt. Im Kreis Haßberge sortieren Bürger das Material nach den Vorgaben des Abfallwirtschaftsbetriebes vor (Plastikverpackungen, Aluminium, Weißblech, Kunststoffflaschen) und bringen sie zu den auf den Wertstoffhöfen der Kommunen bereitgestellten Container.
Gebühren gemindert
Beim Bringsystem erhält der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger von den Dualen- System-Betreibern ein "angemessenes Entgelt", wie es Wilfried Neubauer, der Chef des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Haßberge, in der Sitzungsvorlage beschrieb. Dadurch werden die Gebühren für die Haushalte gemindert.Beim Holsystem werden die gelben Säcke von der Müllabfuhr direkt bei den Haushalten abgeholt. Die Fraktion der Jungen Liste im Kreistag favorisiert Letzteres. Sie hat vorgeschlagen, eine Haushaltsbefragung durchzuführen. Das würde Aufschluss darüber geben, was die Bürger von dem jetzigen System halten. Dass das Thema kontrovers diskutiert wird, ist klar: Die Junge Liste hatte im Sozialen Netzwerk Facebook mehrfach Diskussionen entfacht, indem sie dort ihre Forderung nach dem Gelben Sack publik gemacht hat. Sie bekam dafür zwar Widerspruch, aber eben auch viel Zuspruch, wenngleich Facebook kein Gradmesser dafür ist, auf Grundlage dessen man dem Kreistag eine Entscheidung zumuten wollte. Deswegen der Vorschlag der JL, von den 35 000 Haushalten im Landkreis 1000 repräsentativ zu befragen, dieses Ergebnis würde klarer widerspiegeln, was die Bürger wollen.
Mehrzahl verteidigt Bringsystem
Damit hatte die JL den Fuß in der Tür; im Kreistag wurde das Thema in früheren Diskussionen eher abgewiegelt. Denn die Mehrzahl der Kreisräte steht hinter dem Bringsystem und hat auch plausible Argumente dafür, etwa dass durch die bessere Vorsortierung die Recycling-Quote besser sei, aus umwelttechnischer Sicht also ein klares Pro.Die Junge Liste argumentiert, dass vielen Bürgern bei der wenigen Zeit und dem damit verbundenen hohen organisatorischen Aufwand, der für viele Bürger Alltag sei, ein Holsystem eine deutliche Entlastung bedeuten würde. Außerdem würde die Diskussion im Kreistag einseitig geführt, wie Alexander Ambros von der JL verdeutlichte: "Es hat noch nie ein neutraler Fachmann gesprochen. Hier hat immer nur Herr Neubauer gesprochen, und es ist ja bekannt, dass er das jetzige System sehr gerne mag."
Ambros hatte auch erklärt, dass diese Art der Politik dazu führe, dass die Bürger denken: "Die da oben machen eh, was sie wollen. Den Schuh sollten wir uns nicht anziehen."
Andere Kreisräte fassten diese Aussage mit wenig Begeisterung auf. Es sei gefährlich, eine "Gelbe-Sack-Diskussion" mit "Ich bin gegen Bürgerbeteiligung" gleichzusetzen, erklärte Stephan Schneider von der SPD. Man müsse sich erst ausführlich zu dem Thema informieren und diese Informationen auch dem Bürger kommunizieren, erst dann wäre ein Bürgerbefragung sinnvoll. Sein Parteikollege Jürgen Hennemann war ähnlicher Meinung: "Eine Ja-Nein-Entscheidung funktioniert nicht."