Druckartikel: "Vor allem Drogengeschichten"

"Vor allem Drogengeschichten"


Autor: Sabine Memmel

Forchheim, Mittwoch, 18. November 2020

Uwe Bauer ist neuer Direktor am Amtsgericht Forchheim. Warum er über die Kriminalität in Forchheim erstaunt war und wie Corona die Arbeit der Richter beeinflusst, verrät er exklusiv im FT-Gespräch.
Die Vorgaben rund um Corona prägen seinen Arbeitstag gerade sehr: Uwe Bauer in seinem Büro im Amtsgericht Forchheim. Foto: Barbara Herbst


Wer derzeit einen Termin bei Uwe Bauer hat, kommt am Fieberthermometer nicht vorbei. Die Vorgaben am Amtsgericht Forchheim sind streng. Zum Schutz und zur Sicherheit aller. Uwe Bauer ist der neue Direktor des Amtsgerichts Forchheim.

Sein Vorgänger Franz Truppei wechselte ans Oberlandesgericht Bamberg, Bauer arbeitete zuvor als Vorsitzender Richter am Landgericht Bamberg. Der Fränkische Tag hat ihn in seinem Büro besucht und mit ihm über seine Arbeit unter Corona-Bedingungen, die Kriminalität in Forchheim und die Fälle, die ihn am meisten bewegt haben, gesprochen.

Herr Bauer, Sie sind jetzt fast ein Jahr Direktor des Amtsgerichts Forchheim. Wie ist es um die Kriminalität in der Stadt bestellt?

Uwe Bauer: Ich muss sagen, ich war schon erstaunt. Vor allem was die Jugendsachen angeht, haben wir es hier in Forchheim mit außergewöhnlich vielen Fällen zu tun. Es sind vor allem Drogengeschichten. Ich weiß nicht warum, vielleicht durch die Nähe zu Erlangen und Nürnberg. Aber wir haben hier einen richtig kleinen Hotspot.

Inwiefern hat die Corona-Krise Ihre Arbeit im Gericht verändert?

Es gibt beispielsweise nicht mehr Fälle häuslicher Gewalt, wie das häufig angenommen wird. Das können wir überhaupt nicht bestätigen. Meistens dreht es sich bei uns nach wie vor um Diebstähle, Beleidigungen oder Verkehrsdelikte. Die größeren Fälle landen ohnehin im Landgericht Bamberg. Was aber auffällig ist in diesem Jahr: Die typischen Wirtshausschlägereien oder Körperverletzungen, zum Beispiel am Annafest, fallen natürlich coronabedingt aus.

Hat sich die Arbeit im Gericht aufgrund der Pandemie verändert?

Ja, so ziemlich alles. Auf all die Vorgaben und Hygienemaßnahmen immer entsprechend zu reagieren und alles umzusetzen, das ist derzeit meine Hauptbeschäftigung. Jeden Tag kann sich die Situation ändern. Verdachtsfälle hatten wir schon einige, Corona hatte aber zum Glück noch keiner der Mitarbeiter. Es ist dennoch für alle eine einschneidende Geschichte. Bei jedem, der das Gebäude betritt, wird Fieber gemessen. Es herrscht Maskenpflicht auf allen Gängen. In den Sitzungssälen entscheiden die jeweiligen Richter, ob die Maske getragen wird oder nicht. Es ist auch eine Sache der Verständlichkeit. Die Augen verraten nicht immer alles.

Sie haben in Ihrer beruflichen Laufbahn viele Stationen durchlaufen (siehe Infokasten). Gibt es Erlebnisse, die Sie bis heute nicht vergessen haben?

Einmal bin ich einem Angeklagten zufällig wieder begegnet. Ich hatte eine Pizza bestellt und er war der Lieferant. Er hat mich gleich wiedererkannt. Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Haftstrafe. In der Berufungskammer am Landgericht Bamberg, in der ich arbeitete, überprüfte ich seinen Fall und er bekam Bewährung. Dafür bedankte er sich und erzählte, dass dies sein ganzes Leben verändert hatte. Er sei von den Drogen weggekommen, habe eine Vollzeitstelle und eine feste Beziehung. Das hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, jungen Straftätern eine Chance zu geben. Sie selbst sitzen als Direktor nicht mehr im Gericht, sondern sind für die Verwaltung zuständig. Was zählt zu Ihren Hauptaufgaben? Neben der Verwaltung sind es besonders Betreuungsverfahren. Nach Schlaganfällen, bei psychischen Krankheiten wie Demenz oder auch Schizophrenie überprüfe ich gemeinsam mit meinen Kollegen Thomas Heer und Katja Grießl, ob ein Betreuer gebraucht wird oder sogar eine Unterbringung in einer entsprechenden Einrichtung angeordnet werden muss. Wir sind dazu immer vor Ort in den Krankenhäusern und Pflegeheimen, um uns ein persönliches Bild zu machen. Das ist gerade jetzt in Corona-Zeiten nicht immer leicht. Das Gespräch führte Sabine Memmel.