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Vor 75 Jahren wütete in Thundorf eine Typhus-Epidemie


Autor: Philipp Bauernschubert

Thundorf, Sonntag, 19. Juni 2022

Philipp Bauernschubert Vor 75 Jahren herrschte in Thundorf eine Typhus-Epidemie. Um diese einzudämmen, stellten damals die Aufsichtsbehörden am 9. April 1947 Thundorf unter Quarantäne. Vier Wochen...
Der Ransbach trat früher regelmäßig über die Ufer, wodurch es zu Verunreinigungen kam.


Philipp Bauernschubert

Vor 75 Jahren herrschte in Thundorf eine Typhus-Epidemie. Um diese einzudämmen, stellten damals die Aufsichtsbehörden am 9. April 1947 Thundorf unter Quarantäne. Vier Wochen später wurden dann vom Staatlichen Gesundheitsamt Bad Kissingen drei freiwillige Schutzimpfungen mit Abstand von sieben Tagen durchgeführt . Wenige Tage später wurde die Quarantäne über den gesamten Ort aufgehoben, außer für Gebäude und Höfe, in denen Erkrankungen vorgekommen waren und in denen sich noch Kranke befanden. Diese Anwesen wurden mit einem besonderen Schild "Typhus, betreten verboten" gekennzeichnet.

Die Bewohner dieser Gebäude durften die Häuser nur zu unumgänglich notwendigen Besorgungen verlassen und durften keine Schulen oder öffentliche Versammlungen besuchen.

Ausgelöst wurde die Krankheit damals durch ein Hochwasser im Ransbach. Damals hatte Thundorf noch kein Hochwasserrückhaltebecken, der Ransbach der noch durch das Dorf floss, führte im Frühjahr bei der Schneeschmelze häufig Hochwasser. Wenn er dabei über die Ufer trat, wurden die tieferliegenden Teile des Ortes rechts des Ransbaches überschwemmt. So geschah es auch im Frühjahr 1947. Bei dem im März eingetretenen Hochwasser war auch der gesamte Bereich eines Hofgutes betroffen, wobei das Wasser mehr als einen halben Meter hochgestanden sein soll. Da sich aber sowohl der Brunnen für die Wasserversorgung des Gutshofes als auch die Klärgrube der Toiletten auf dem Gelände befanden, kam es zu einer Vermischung.

Bakterien im Trinkwasser

Das Bakterium gelangte in das Trinkwasser des Altenheimes und führte dort zu der großen Anzahl von Erkrankungen. Da auch noch ein weiterer Brunnen in der Nähe des Brauhauses war, der von Dorfbewohnern genutzt wurde, erkrankten auch dort etliche Personen. Unter den Dorfbewohnern war jedoch kein Todesopfer zu verzeichnen. Die Gesundheitsbehörden nahmen diese Typhus-Epidemie sehr ernst und veranlassten die Gemeinde, die Säuberung der Brunnen durchzuführen. Vor allen Dingen drängten die Gesundheitsbehörden die Gemeindeverwaltung, in Thundorf eine zentrale Wasserversorgung einzurichten. Mit deren Planung wurde auch sofort begonnen, der Abschluss der Planung verzögerte sich jedoch, vor allem durch die Währungsreform im Jahr 1948.

Wer das Herrenhaus des Gutes gekannt hat, musste sich wundern, wie dort 50 ältere Personen beiderlei Geschlechts untergebracht werden konnten. Dies war tatsächlich nicht ganz einfach. Ein Brief des Heimleiters Schabsky an den katholischen Ortspfarrer Felix Seufert, der sich wohl veranlasst sah, darüber Beschwerde zu führen, dass ein Heimbewohner unverheirateterweise mit seiner früheren Wirtschafterin in einem Zimmer untergebracht war, gibt einen Einblick in die dortigen Wohnverhältnisse.

Ungefähr zwei Jahre nach dem Ende der ersten Typhus- Epidemie im Altersheim wurde dort im Mai 1949 erneut ein Typhusfall festgestellt, dem schnell weitere folgten, so dass bis Juli 1949 insgesamt 16 Typhusfälle in Thundorf vorlagen, von denen elf allein auf das Hofgut entfielen. Einer davon verlief tödlich.

Schlossgut betroffen

Da die Fälle im Schlossgut besonders stark auftraten und da dort mit dem Altersheim besonders viele gefährdete Personen wohnten, mussten die Gesundheitsbehörden schnell handeln. Die Gemeinde ist aber nicht wie erwartet sofort aktiv geworden, sondern hat ein Schreiben an das Landratsamt geschickt, in dem sie eine schnelle Beseitigung beantragte. Falls dies nicht erfolge, wolle man sich bei der Regierung beschweren.

Dieser Brief kam aber gar nicht gut in Bad Kissingen an. Das Landratsamt forderte die Beseitigung der Missstände durch die Gemeinde, was dann auch bald geschah. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1949 wurde das Altersheim in Thundorf aufgelassen. Die frei gewordenen Räume wurden lediglich noch von drei früheren Insassen bewohnt, da sie vom Wohnungsamt des Landkreises Bad Kissingen eine entsprechende Zuweisung erhalten hatten. Eine Erbengemeinschaft kündigte diesen Bewohnern jedoch schon einen Monat später, da man plante, in dem Gebäude ein Erholungsheim unterzubringen. Dagegen hatte sich jedoch die Gemeindeverwaltung ausgesprochen, da viele Wohnhäuser mit Flüchtlingen belegt waren und keinerlei freier Wohnraum für Familienzusammenführungen zur Verfügung stand.

Da der Brunnen der Wasserversorgungsanlage des Schlossguts Thundorf Anfang 1950 wieder durch Bakterien verunreinigt war, drängten die Gesundheitsbehörden, möglichst schnell eine zentrale Wasserversorgung im Ort einzurichten. Aus finanziellen Gründen war die Gemeinde jedoch damals nicht in der Lage, ein derartig aufwendiges Projekt zu stemmen.

Es dauerte deshalb bis Mitte 1952 bis eine zentrale Wasserversorgung in Betrieb genommen wurde.