Von Bildern und Wörtern
Autor: Pauline Lindner
Forchheim, Montag, 26. Juni 2017
Den verschlungenen Beziehungen zwischen Geschriebenem und Fotografiertem gehen Fotografen und Schreiber in einer Ausstellung in der Forchheimer Stadtbücherei auf die Spur.
War zuerst das Wort oder war zuerst das Bild da? Diese Frage kann man genauso wenig beantworten wie die jene Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei da war. Man kann auch sagen, jedes Wort setzt ein Bild im Kopf voraus, obwohl die Bibel sagt, am Anfang war das Wort.
Mit diesen eher philosophischen Gedanken im Kopf gingen die Mitglieder der Fotografenvereinigung Hori&Zonte und die Schriftstellergruppe Wortwerk Erlangen an ein Projekt heran, das sie nun in der Stadtbücherei Forchheim der Öffentlichkeit vorstellten.
Von Bildern angeregt
So wählten die Fotografen Thomas Radler, Thomas Hoess, Elke Bertram, Christa Schweins und Helmut Südema aus ihren Bildarchiven Motive aus, die ihrer Meinung nach andere Menschen zu Texten anregen könnten. Auf diese Dropbox griffen die Schreiber zu. Thomas Werner, Natascha Dragnic, Johann Roch, Sylvia Hubele, Anne Plau, Arno Schlick, Nita Schlick und Micha Pietrucha wählten Bilder aus, die sie ansprachen. Die einen fanden eine Verbindung zu von ihnen längst und vielleicht sogar in einem ganz anderen Kontext verfassten Zeilen, Gedichten, Kurzgeschichten oder Romanabschnitten. Andere ließen ihre Gedanken beim Betrachten des Motivs fließen und schufen, dadurch inspiriert, etwas Neues. Sylvia Hubele beispielsweise wählte ein Motiv von Elke Bertram.
Aus diesem Impuls entstand eine Geschichte, wie ein Ich-Erzähler angesichts einer Zeitungsmeldung über den Freitod einer jungen Frau reflektiert. Bertram ihrerseits las diese Erzählung und beschloss spontan, ein sie illustrierendes Foto zu machen.
Es zeigt eine junge Frau mit der in der Geschichte eine Rolle spielenden Aktentasche in der Hand, wie sie aus einer üppiggrünen Landschaft davongeht. Dieses Foto könnte genau das richtige Coverbild sein für die Veröffentlichung. So eng und sachnah waren die Verbindungen zwischen Bild und Text sonst nicht. Selbst die Verknüpfung, die verbindende Assoziation war nicht überall sofort zu erkennen. Oder sie tauchte für die Zuhörer erst gegen Ende des Leseparts auf.
Verschwommene Flecken
Wie bei Dragnic. Erst in den Schlusssätzen tauchen die Lichter auf, die dem in seine Beziehung verstrickten Paar im Tunnel den Weg ins Helle weisen. Die Erlanger Schriftstellerin trug diesen Text vor einer extrem dunkeln, nur von mehreren verschwommenen Lichtflecken aufgehellten Projektion des von ihr gewählten Bildmotivs vor. Da mögen im ersten Moment die Zuhörer ganz andere Verbindungen gesehen haben. Der Lyriker Micha Peitrucha hatte sich für das Foto eines winterlichen Baumes im Schneetreiben entschieden, für eine winzige Farbpalette zwischen weißlich und verwischten Grautönen.
Fünf kurze Zeilen, nicht unähnlich verknappt wie ein japanisches Haikku, hat er dazu gesetzt. Auf einen Baum fiel auch die Wahl von Arno Schlick. Da seine Vorliebe dem Spiel mit den Buchstaben und den Typografie gilt, sah er das auch im Baum: "In seinem Holz haust ein Buchstabe."
Die Ausstellung ist noch bis zum 19. September in der Forchheimer Stadtbücherei zu sehen.