Vom Zeiler Wein und der Nordsee
Autor: Andreas Lösch
Zeil am Main, Donnerstag, 28. Juli 2016
Als Koch die Welt bereist, in Wilhelmshaven sesshaft geworden und Restaurant eröffnet: Rudolf Biener ist ein Zeiler, den es in die Ferne zog. Ohne regelmäßigen Besuch in der fränkischen Heimat wäre das alles jedoch nichts.
Andreas Lösch
Ganz schön lange her. Wenn Rudolf Biener etwas sagt, dann plaudert er nicht, er schnackt. Platt hat seine fränkische Zunge in Beschlag genommen, nach über 40 Jahren in Wilhelmshaven, der eng mit der Marine verbundenen Hafenstadt in Niedersachsen.
Die Marine ist auch zu einem großen Teil daran schuld, dass der heute 65-Jährige an der Nordsee weilt. Der gelernte Koch, aufgewachsen in Zeil, Lehre in Bamberg, war als Küchen-Unteroffizier vier Jahre lang "auf dem Schiff" und zuständig für die Versorgung von 220 Soldaten. Stützpunkt der Fregatte "Augsburg", seinem Arbeitsplatz, war Wilhelmshaven. Dort blieb er denn auch nach seiner Zeit als Berufssoldat.
Lehre als Koch
Zurück nach Zeil: Rudolf Biener wächst in einem Haus in der Schillerstraße auf, besucht die Volksschule, hier sind die Freunde, hier ist die Familie.
"Ich war noch keine 14, da habe ich eine Lehre als Koch angefangen, in Bamberg", erinnert er sich. Damit war es auch schon um ihn geschehen: Ohne Zweifel war das "sein Beruf", das habe er schon früh gewusst. Trotz seines jungen Alters damals ("Das war Kinderarbeit, sozusagen", sagt er und lacht) war die Zeit in der Ebracher "Klosterbräu" bei den Geschwistern Gries für ihn wegweisend. "Ich habe da eine sehr gute Lehre und nie das Gefühl gehabt, dass ich ausgenutzt oder überfordert war", erinnert er sich.
Fränkische Küche als Grundlage
Im Gegenteil: Die solide, gutbürgerliche fränkische Küche, mit dem Credo der Lehrmeister: "immer frisch und nichts verschwenden", war für Biener ein guter Grundstein. Aber für den nach der Lehrzeit 17-jährigen Zeiler war auch klar: Er will noch etwas von der Welt sehen. Als Koch hat man dazu gute Gelegenheiten.
Es folgte 1968 die Zeit in Stuttgart, der nächste Schritt: auf das gutbürgerliche Kochen folgte die etwas feinere Gangart der französisch-mediterranen Küche. "Ich wollte mich weiterentwickeln", sagt Biener. Nach zwei Jahren in Baden-Württemberg war er kurz in Berchtesgaden tätig, dann folgte ein Jahr als Koch auf einem Kreuzfahrtschiff. Amerika, Spitzbergen, Schwarzes Meer waren unter anderem Stationen für den Zeiler auf seiner beruflichen Weltreise.
Fester Boden unter den Füßen
Es begann denn auch seine vierjährige Zeit als Marine-Soldat, was ihn schließlich sesshaft werden ließ: Wilhelmshaven, der Heimathafen seiner Fregatte, wurde auch für ihn zur Heimat. "Irgendwann musst du mal festen Boden unter die Füße kriegen", sagt er.
Er gründete eine Familie und eröffnete schließlich 1980 sein eigenes Restaurant, die "Artischocke". Eine gute Entscheidung: Die "Artischocke" gibt es immer noch, heute betreibt er das Restaurant mit seiner Lebensgefährtin Sabine Ennen. Die beiden haben sich vor Jahren kennen und lieben gelernt, sie sind verwitwet und haben jeweils zwei erwachsene Kinder. Jetzt haben sie bald viel Zeit für sich: Biener will im kommenden Jahr in Rente gehen und übergibt die "Artischocke" an einen Nachfolger. Seine Küche ist hauptsächlich französisch orientiert, etwas gehobener zwar, aber nicht abgehoben, wie Biener versichert: Als Koch besucht er jeden Gast am Tisch, und "geschätzt 95 Prozent" der Besucher bestellen nicht a la Card, sondern folgen der Empfehlung des Chefs, der ein täglich wechselndes saisonales Menü frisch kreiert. Das Konzept funktioniert bis heute, dazu bleibt immer die Verbindung in die fränkische Heimat: Auf der Karte finden sich hiesige Weine. Der Zeiler Winzer Roger Nüßlein etwa richtet dort regelmäßig Wein-Seminare aus.