Vom Opfer- zum Sozialverband
Autor: Werner Reißaus
Wirsberg, Montag, 07. August 2017
In dieser Woche feiert der VdK-Ortsverband Wirsberg sein 70-jähriges Bestehen. Zuvor blätterten Ortsvorsitzender Thomas Steinlein und Margarete Steinlein einmal für uns durch die Chroniken und erinnerten sich an die Anfänge des VdK.
Der VdK-Ortsverband blickt am kommenden Freitag im Rahmen eines Jubiläumsabends auf sein 70-jähriges Bestehen zurück. Es ist eine Erfolgsgeschichte, die die verantwortlichen Männer und Frauen geschrieben haben, aber ein Name ist untrennbar mit dem Ortsverband verbunden: Gründungsmitglied und Ehrenvorsitzender Karl Hahn, der vor knapp zwei Jahren im Alter von 89 Jahren verstarb und den VdK-Ortsverband Wirsberg nicht nur 32 Jahre führte, sondern diesen zu einem Vorzeigeortsverband im Landkreis Kulmbach entwickelte.
Für unsere Leser haben VdK-Ortvorsitzender Thomas Steinlein und Margarete Steinlein einmal einen Blick auf die letzten 70 Jahre geworfen. Trümmer, Not und Verzweiflung prägten das Bild der Nachkriegsjahre in vielen bayerischen Städten. "Im Jahr 1946, dem VdK-Gründungsjahr, waren aber auch Aufbruch und Zuversicht zu spüren. Die Frauen und Männer packten beim Wiederaufbau auch deshalb mit ganzer Kraft an, weil sie eine bessere Zukunft schaffen wollten", erinnert sich Steinlein. "Heute ist unsere Selbsthilfeorganisation für Kriegsopfer ein moderner und sogar Deutschlands größter Sozialverband geworden. Auf diese Entwicklung dürfen auch die Frauen und Männer stolz sein, die als Gründungsmitglieder das 70-jährige Jubiläum leider nicht mehr mit uns feiern können. Diesen Menschen gelten unser besonderer Dank und unsere Hochachtung."
VdK half bei vielen Problemen
Margarete Steinlein, deren Ehemann zu den Gründungsmitgliedern gehörte, erinnert sich: "Wir hatten ja die Gastwirtschaft in Neufang und mein Mann ist damals automatisch dazu, ich später auch und der Beitritt war für uns sehr gut." So half beispielsweise der damalige VdK-Kreisgeschäftsführer Alexander Wunderlich - ebenfalls aus Neufang - bei verschiedenen Anträgen. In der Gastwirtschaft gab es viele Kaffee-Kränzchen und es wurden viele Ausflüge unternommen. "Dadurch durfte ich dann auch die Welt ein bisschen sehen. Die Ausflüge waren immer sehr schön. Mir hat der VdK nicht nur ein Stück Heimat, sondern auch ein Stück Vertrauen gegeben", so Margarete Steinlein. Vorsitzender Thomas Steinlein machte deutlich, dass der VdK gerade in Bayern am Aufbau einer demokratischen Gesellschaft mitgewirkt hat. "Die VdK-Gründungsväter und - mütter organisierten zunächst gegenseitige Hilfe und Unterstützung. Aber das Engagement ging über die reine Selbsthilfe hinaus. Die Erfahrungen des Krieges haben bei vielen VdKlern das Bewusstsein für Missstände und Ungerechtigkeiten geschärft. Diese Haltung wurde stets auch an die nächsten Generationen weitergegeben."
In Wirsberg wurde der VdK auf Veranlassung des damaligen Bezirksgeschäftsführer Julius Herzog am 27. Februar 1947 im Hotel Hubertus gegründet. Gründungsmitglieder waren neben dem verstorbenen Ehrenbürger Karl Hahn, Karl Hohner, Heinrich Beierlein, Linda Brendel, Konrad Burger, Walter Herzog, Christian Hübner, Max Opel, Karl Pittermann, Georg Purucker, Fritz Romming, Robert Sachs, Konrad Schlegel, Ernst Schmidt, Ernst Schneider, Max Steinlein, Hans Steinlein und Johann Welsch. Innerhalb eines Jahres stieg die Mitgliederzahl auf 72 an.
Geführt wurde der Ortsverband zunächst von Karl Ludwig als Vorsitzendem, Paul Sollmann als seinem Stellvertreter, Hans Welsch als Kassier, Karl Hahn als Schriftführer, Emma Biedermann als Betreuerin, Andreas Bayer als Sozialbeauftragtem, Linda Brendel als Beisitzerin und Ernst Schmidt als Unterkassier. 1952 übernahm Willi Pinkow den Vorsitz, Karl Hahn wurde sein Stellvertreter. 1967 wurde der Vorsitz getauscht.
Steinlein seit zehn Jahren "Chef"
Nach 32-jähriger ehrenamtlicher Tätigkeit in der Führung übergab Karl Hahn 1999 aus Altersgründen den Vorsitz an seinen damaligen Stellvertreter Klaus Nenninger. Im Jubiläumsjahr 2007 erfolgte die Neubesetzung der Vorstandschaft. Thomas Steinlein wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt und ist seitdem für die Geschicke des VdK-Ortsverbandes Wirsberg verantwortlich.Die Umbenennung des Verbandes in "Sozialverband VdK" im Jahr 1990 war der Durchbruch, denn der einstige Kriegsopferverband hatte sich zu einem modernen Sozialverband weiterentwickelt, der sich natürlich auch auf die Mitgliederzahl niederschlug.
Auch im VdK-Ortsverband Wirsberg hat sich die Mitgliederzahl erhöht. Im Jahr 2012 konnte erstmalig die Schallmauer von 300 Mitgliedern überschritten werden. Den höchsten Mitgliederstand hatte der Ortsverband mit 315 Mitgliedern im März 2015. Das waren fast 15 Prozent der Einwohner von Wirsberg. Aktuell zählt der Ortsverband 308 Mitglieder und bezogen auf die Einwohner ist Wirsberg der stärkste Ortsverband im Landkreis Kulmbach.
Die Schwerpunkte der Tätigkeit sieht Thomas Steinlein auch weiterhin in der Mitgliederbetreuung und in dem Bemühen, die Einrichtungen in der Gemeinde weitestgehend barrierefrei zu gestalten: "Aber da hat ja unser Bürgermeister auch ein offenes Ohr. Da ist sehr viel in Angriff genommen worden. Auch da sind wir in Wirsberg Vorreiter und das schon unter dem Vorsitz unseres verstorbenen Ehrenvorsitzenden."