Druckartikel: Vom Nutzbau zum Prunkstück

Vom Nutzbau zum Prunkstück


Autor: Evi Seeger

Schlüsselfeld, Sonntag, 11. Sept. 2016

Am "Tag des offenen Denkmals" in ganz Bayern erfuhren die Besucher viel mehr über historische Gebäude als im Alltag - zum Beispiel in der Zehntscheune in Schlüsselfeld.
Im Bürgersaal mit seinen alten Holzbalken hat die Stadt Schlüsselfeld einen vornehmen Sitzungssaal. Der Raum kann auch für Veranstaltungen gemietet werden. Altbürgermeister Georg Zipfel (vorn) führte eine Besuchergruppe durchs Haus.  Foto: Evi Seeger


Schlüsselfeld — Aus dem unscheinbaren Entlein ist ein prächtiger Schwan geworden. Die historische Zehntscheune der Stadt Schlüsselfeld, die seit ihrer Erbauung immer ein Nutzbau war, zeigt sich nach dem Umbau als ein Prunkstück des Steigerwaldstädtchens. Am Tag des offenen Denkmals war das im Januar dieses Jahres eingeweihte Baudenkmal der Öffentlichkeit zugängig.
"Ein altes Gerutsch war's", erklärte Altbürgermeister Georg Zipfel der ersten Besuchergruppe. Am Ende standen dort der Unimog und die Fahrzeuge des städtischen Bauhofs. Da wo sich heute ein stilvolles Trauzimmer befindet, sei die Werkstatt gewesen. Das Obergeschoss, der heutige Bürgersaal, war Lager und praktisch nicht zugängig. "Wenn wir eine Fahnenstange holen wollten, musste der Bagger her", erzählt Zipfel, der 1978 seinen Dienst bei der Stadt noch im alten Rathaus, dem heutigen Stadtmuseum begonnen hat.
Als Bürgermeister war er der Ideengeber dieser "Umwandlung", die rund 3,4 Millionen Euro verschlungen hat. Dank vieler Zuschüsse habe die Stadt jedoch nur 750 000 Euro tragen müssen. Ein Glück sei's, dass der 1627 errichtete Bau überhaupt noch steht.


In den 50ern vom Abriss bedroht

Ende der 1950er-Jahre sollte er abgerissen werden. Das Landbauamt, dem damals die Zehntscheune unterstand, hatte den Abriss vorgeschlagen, nachdem das Forstministerium, als Eigentümer des Amtshauses (das heutige Rathaus), die Zehntscheune nicht haben wollte. Schließlich habe die wirtschaftliche Seite den Ausschlag gegeben: Der Abriss wäre viel teurer gekommen als das, was der Verkauf des Baumaterials eingebracht hätte.
Obwohl er sich richtig in die Geschichte der Zehntscheune "reingekniet" hatte, habe er nicht herausgefunden, was sich vor dem Bau auf diesem Platz befunden habe, erzählte GeorgZipfel.
1396 sei Schlüsselfeld zum Bistum Würzburg gekommen. 1625 habe der Fürstbischof begonnen, Amtshäuser zu bauen. "Eine Art Systembau, wie er im ganzen Bistum Würzburg vorhanden war", hatte Zipfel von Annette Faber vom Denkmalamt erfahren.
"Nur eine steinerne Gebäudehülle" sei die Scheune nach ihrer Erbauung gewesen - innen leer. Der Dreißigjährige Krieg habe wohl den Bau unterbrochen. In Schlüsselfeld seien drei Mal Truppen durchgezogen und hätten alles zerstört. "Ward überall blutige Fasnacht", sei im Stadtbuch zu lesen. Rund hundert Jahre habe es gebraucht, bis Schlüsselfeld wieder zu seiner einstigen Größe kam. Erst 1747 sei die Balkenanlage eingebaut worden. Dann sind da noch die "sieben Buckel" unter dem Dachgesims an der Hofseite. Nach Erzählungen der Bürger handle es sich dabei um "Kanonenkugeln mit Fernwirkung" aus einer Belagerung.


Stall und Lagerraum

In der Folgezeit diente die Scheune als Lagerraum für Getreide, Heu oder Stroh, ja sogar als Stall. Als Schlüsselfeld 1810 endgültig zu Bayern kam, musste mit den Gebäuden etwas angefangen werden. Aus dem Amtshaus sei eine Ebrach unterstellte Oberförsterei geworden. 1885 bis zur Forstreform 1976 hatte Schlüsselfeld ein eigenes Forstamt.
Mit der Gebietsreform 1978 sei die Stadt - bis dahin rund 1000 Einwohner - durch die Eingemeindungen auf 5000 Bürger angewachsen. Diese zu verwalten, sei das alte Rathaus viel zu klein gewesen. Die Stadt habe das gesamte Anwesen für 150 000 Mark gekauft und umgebaut.
Der offizielle Startschuss für den Umbau der Zehntscheune fiel 2014. Der Bauhof bekam einen anderen Standort und die Zehntscheune konnte anderweitig genutzt werden. Den Architektenwettbewerb für den Umbau hatte der Bamberger Architekt Christoph Gatz gewonnen. Er führte am gestern Nachmittag ebenfalls eine Besuchergruppe durch das historische Gebäude.