Vom Kämmerchen ins Dienstzimmer
Autor: Pauline Lindner
Wiesenttal, Mittwoch, 29. Juni 2016
Er wird fehlen, der Geschäftsleiter von Wüstenstein. Nach über 30 Jahren im Dienst der Gemeinde verlässt der gebürtige Hamburger Wolfgang Borchert nun seinen Posten. Er arbeitete mit mehreren Bürgermeistern zusammen. Einige Themen hatten es ihm besonders angetan.
Pauline Lindner
Dass ein "Preiß" in die Fränkische Schweiz kommt, ist nicht selten, dass er aber bleibt und Chef der Gemeindeverwaltung wird, sei außergewöhnlich, resümierte Wiesenttals Kämmerer Hans Müller in einem launigen Mundartgedicht zum Abschied von Geschäftsleiter Wolfgang Borchert.
Den gebürtigen Hamburger Verwaltungsbeamten lockten vor mehr als 37 Jahren private Gründe hierher. Zu einem Zeitpunkt, als die neu geschaffenen Gemeinde Wiesenttal noch gar keine richtige Verwaltung hatte. Aus ursprünglich acht selbstständigen Kommunen war sie gebildet worden.
Aufbau der Verwaltung
"In Muggendorf und Streitberg gab es ein Amtszimmer, bei den anderen Bürgermeistern war das im Wohnzimmer", erinnerte sich Altbürgermeister Paul Pöhlmann.
Und er suchte händeringend nach einem Verwaltungsbeamten, doch die jungen Absolventen der Fachhochschule zog es in die Städte."Ich habe durch einen Nachbarn von der offenen Stelle erfahren", erzählt Borchert. Staubfreie Straßen gab es dank der Geschenke zur Gebietsreform schon in allen Ortsteilen, aber große Aufgaben warteten auf ihn, "umfangreiche, interessante und vielfältige Aufgaben", wie er selbst sagt. An der Spitze stand so etwas wie der Aufbau einer Verwaltung mit geteilten Aufgabengebieten und die Suche nach einem Amtssitz, waren doch im Anfang die Verwaltungsaufgaben auf Gebäude in Muggendorf und eine Verwaltungsstelle in Streitberg verteilt.
"Man darf nicht vergessen, dass die Verwaltung auch eines so kleinen Orts wie Wiesenttal die gleichen Aufgaben wie eine große Kreisstadt zu erfüllen hat", beschrieb Borchert sein Arbeitsfeld.
Abwasser als großes Thema
In den 90er Jahren ersteigerte der Markt das ehemalige Parkhotel, in dem zeitweise Asylanten untergebracht waren. Nach dem Umbau durfte Borchert aus einem bescheidenen Kämmerchen in ein richtiges Dienstzimmer wechseln. Viel Arbeitszeit investierte er in die Umsetzung von Abwassereinrichtungen.Zuerst wurden die Orte im Tal an eine Kläranlage angeschlossen. Verhandlungen aller Art hatte er zu führen, arbeitete er doch unter ehrenamtlichen Bürgermeistern, die zudem noch ihren Hauptberufen nachgehen mussten. 24 Jahre lang war das Paul Pöhlmann und 14 Jahre Helmut Taut. Noch immer ist die Sache mit der Abwasserentsorgung nicht abgeschlossen. Erst jüngst vergab der Markt die Gewerke für eine Kleinkläranlage für Wüstenstein. Insgesamt zehn solcher Bauwerke soll es im Endstand in den Höhenorten geben.
Auch die Wasserversorgung war lange ein Thema, bezieht doch der Markt aus drei Wasserzweckverbänden sein Trinkwasser. So wurden 2002 die Einrichtungen der Aufseßgruppe für drei Millionen Euro erneuert und der Raum Draisendorf angeschlossen. Heute steht in der Debatte, ob nicht das Leitungsnetz in Wüstenstein zusammen mit den Kanälen erneuert werden soll. Auch nach seinem Ausscheiden als Geschäftsleiter bleibt Borchert Geschäftsführer der Aufseßgruppe.
"Kopf der Verwaltung, zuverlässig und fachlich top", schrieb zum 40. Dienstjubiläum die Zeitung. "Das will ich unterschreiben", lobte Taut den Scheidenden. "Jeder Euro, den wir ausgegeben haben, war und ist mit Arbeit verbunden", fuhr er fort und erinnerte an gestemmte Projekte: der Neubau der Grundschule 2002, das Bürgerhaus in Streitberg 1982, Feuerwehrhäuser, Flurbereinigung und Dorferneuerung.
Für den Marktgemeinderat sprach sein ältestes Mitglied, Günter Schürer, der Borchert als alter Wanderfreund verbunden ist. Schürer hob hervor: "Durch deine Sparsamkeit hast du Wiesenttal soweit gebracht, wie es heute ist."