Druckartikel: Viele musikalische Traditionen verschmolzen

Viele musikalische Traditionen verschmolzen


Autor: Andreas Welz

Bad Staffelstein, Sonntag, 09. Oktober 2016

Mit einem musikalischen Leckerbissen hat die Kultur-Initiative Bad Staffelstein (KIS) ihr Herbst- und Winterprogramm auf der Kleinkunstbühne Alte Darre am v...
Die Global Shtetl Band begeisterte in der Alten Darre (von links): Markus Milian Mueller, Daniel Piccon, Bartek Stanczyk. Foto: Andreas Welz


Mit einem musikalischen Leckerbissen hat die Kultur-Initiative Bad Staffelstein (KIS) ihr Herbst- und Winterprogramm auf der Kleinkunstbühne Alte Darre am vergangenen Samstag eröffnet: Die "Global Shtetl Band" gehört zu den Gruppen, die mit hoher Qualität ihrer "New yiddish world music" in der Musikszene herausragen.
Die drei Profis machen seit zehn Jahren miteinander jiddische Musik. Ihr Name deutet schon an, wo sie sich zu Hause fühlen: einerseits im "Shtetl" der osteuropäischen Juden, andererseits in jüdischen Gemeinden weltweit. Ihre Musik ist global, reicht vom Schwarzen Meer bis Kolumbien, verbindet mühelos musikalische Traditionen, ist eine Verschmelzung von Klezmer- und Balkanmusik mit Rumba und Cha-Cha-Cha, von alten jiddischen Texten mit neuem aktuellen Songwriting.
Sie beginnen mit dem Psalm 134: "Siehe, lobet den Herrn..." Komponist, Gitarrist und Sänger Markus Milian Mueller, der Nürnberger Kopf des Trios, singt perfekt die jiddischen Texte. Er überzeugt mit seiner wandelbare Stimme, zumeist gefühlvoll, aber auch mit Temperament, seine verbindenden Geschichten erzählen von jüdischem Leben in Osteuropa, er kennt Trink- und Sehnsuchtslieder. Er singt im schmeichelnden Sing-Sang dieser Sprache, begleitet sich auf der Gitarre, moderiert, lacht und ab und zu macht er Luftsprünge. Sein Lachen steckt an, animiert das Publikum in der Alten Darre zum Klatschen und sogar zum Mitsingen.


Akkordeon im Hintergrund

Bartek Stanczyk kommt aus Lublin, aus dem Osten Polens. Virtuos und einfühlsam spielt er das Akkordeon, manchmal die kleine Melodika. Er bleibt im Hintergrund und ist doch unverzichtbar für den Gesamteindruck der Musik. Daniel Piccon, der in Unnersdorf geboren ist, lebt heute in Nürnberg. Er hat sein großes Schlagwerk mitgebracht, das er perfekt beherrscht.
Vor der Pause gerät er bei einem Solo völlig aus dem Häuschen. Mit Händen und Füßen schlägt, streicht, klopft, schüttelt und tritt er die einzelnen Teile, erzeugt mit Becken und Trommeln magische Klänge.
Dann mahnt Markus Milian Mueller zur Enthaltsamkeit "Zayt gezinter (seid gesünder)" singt er, aber sagt: "Trinken wir eine Flasche Schnaps, fängt die ganze Welt zu lallen an."
Aus Kuba erfüllt darauf karibisches Flair den alten Stadtturm. Die Band spielt den Guakhiro von Eliezer Aronovsky (*1928). "Über singende Felder, auf einem jungen schlanken Schimmel reitet flink, gebräunt ein Reiter unter hellem, sonnigen Himmel". Es ist einer der wenigen Songs, die Mueller nicht geschrieben hat. Wehmütig erzählt er dann die Geschichte einer vergangenen Liebe: "Du bist nicht mehr in meinem Haus, Geliebte. Meine Seele singt ein Lied von Einsamkeit. Sag mir, Gott, du weißt: Was ist Liebe ohne Trost? Wenn nicht Traurigkeit, wenn nicht Leiden".
Zwei Zugaben, ein begeistertes Publikum und ein Abend, der die Alte Darre wieder einmal mit Leben, mit jüdischer Tradition erfüllt hat.