Viele Fragen offen in Priesendorf
Autor: Hans Kurz
Priesendorf, Montag, 26. Januar 2015
Windkraft Bürgermeisterin Maria Beck und der Gemeinderat wollen wissen, wie sie nach dem Bürgerentscheid gegen Windräder juristisch korrekt handeln sollen. An den genehmigten Bauplänen wird sich durch das Votum wohl nichts ändern.
von unserem Redaktionsmitglied Hans Kurz
Prisendorf — Beim Bürgerentscheid kurz vor Weihnachten hat sich in Priesendorf eine Mehrheit derer, die abstimmten, gegen Windräder vor Ort ausgesprochen. Da trotz der niedrigen Wahlbeteiligung das notwendige Quorum von 20 Prozent der Stimmberechtigten erreicht wurde, lautet der Auftrag, "dass der Gemeinderat alle rechtlich zulässigen Mittel ergreift, um den Bau von Windkraftanlagen näher als 2000 Meter an den Ortschaften Priesendorf und Neuhausen zu verhindern".
Nicht ganz klar ist allerdings, was das für die Verwaltung mit Bürgermeisterin Maria Beck (CSU) und den Priesendorfer Gemeinderat konkret bedeutet. Zum einen sind der Gemeinderat und die Bürgermeisterin nach Artikel 18 a der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern für ein Jahr - also bis zum 20. Dezember 2015 - an den Bürgerentscheid gebunden.
Zum anderen hat der Investor, der auf der Höhe zwischen Trabelsdorf und Viereth-Trunstadt zwei Windkraftanlagen - davon eine auf Priesendorfer Gebiet - errichten möchte, schon lange vor dem Bürgerentscheid dafür eine Baugenehmigung erhalten.
Die Gemeinde hat deshalb Anfragen an den Bayerischen Gemeindetag und die Rechtsaufsicht im Landratsamt gerichtet, um die rechtliche Situation abzuklären. Ursprünglich sollte darüber in der vergangenen Woche im Priesendorfer Gemeinderat informiert werden. Doch wie der Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Lisberg, Adam Götz, erklärt, ist bislang weder eine Stellungnahme des Gemeindetags noch des Landratsamtes, eingegangen. Damit ist weiterhin unklar, welche Verpflichtung der Gemeinde aus dem Bürgerentscheid erwachsen, zu welchen Handlungen oder Beschlüssen der Gemeinderat verpflichtet ist und was er zu unterlassen hat.
Geschäftsleiter Götz vermutet, dass es kaum noch Möglichkeiten geben wird, den Bürgerentscheid umzusetzen, das dieser "wohl zu spät gekommen" sei. Ohne eine verbindliche Rechtsauskunft will er sich aber natürlich auch nicht festlegen.
"Grundsätzlich hat die Gemeinde die Möglichkeit, beim Verwaltungsgericht Bayreuth Anfechtungsklage gegen den Bescheid zu erheben", teilt die zuständige Geschäftsbereichsleiterin im Landratsamt, Uta von Plettenberg, auf Nachfrage des Fränkischen Tags mit. Damit ist jedoch nicht gesagt, ob die Gemeinde durch den Bürgerentscheid verpflichtet ist - im Sinne "aller rechtlich zulässigen Mittel" - zu klagen, oder nicht.
Plettenberg schränkt in Bezug auf die Erfolgsaussichten einer solchen Klage zudem ein, dass es vermutlich eine Rolle spielen würde, "dass der Gemeinderat im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für die beiden Windkraftanlagen das nach Paragraf 36, Absatz 2 des Baugesetzbuchs notwendige gemeindliche Einvernehmen erteilt hat".
Fragen hat auch die Formulierung des Bürgerentscheid aufgeworfen. Denn der darin geforderte Abstand von 2000 Metern entspricht zwar dem zehnfachen der derzeit geplanten Anlagen, deckt sich aber nicht mit der vom Landtag im November beschlossenen 10-H-Regel. Diese würde zudem nur im Falle einer Neuplanung greifen. Für die bereits vor Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes genehmigten Pläne gilt Bestandsschutz.
Zur Rechtmäßigkeit der Formulierung im Bürgerentscheid merkt Plattenberg an, dass dem Verwaltungsgerichtshof München zufolge "Fragen in Bürgerentscheiden nur zulässig
sind, wenn die Maßnahmen, die damit erreicht werden sollen - also die verfolgten Ziele - mit der Rechtsordnung in Einklang stehen".
Bei einem auf einen Grundsatzbeschluss gerichteten Bürgerentscheid sei dies allerdings nur der Fall, "wenn bereits im Vorhinein absehbar ist, dass die getroffene Entscheidung nur auf rechtswidrige Weise umgesetzt werden kann". Dies sei beim Priesendorfer Entscheid jedoch nicht der Fall, da er sich ausdrücklich auf die Forderung, alle rechtlich zulässigen Mittel zu ergreifen, richte, betont Plettenberg. Solche Mittel könnten zum Beispiel Verhandlungen mit etwaigen Projektanten oder Flächenaufkäufe durch die Gemeinde sein. Viel Möglichkeiten, den Bürgerentscheid umzusetzen, gibt es also nicht.