Viel Verdruss und eine gute Nachricht
Autor: Peter Groscurth
LKR Coburg, Donnerstag, 12. November 2015
Protest Auflagen durch die Politik, neue bürokratische Hemmnisse und fallende Preise bei Milch, Fleisch und Getreide setzen den Landwirten immer mehr zu. 2500 Landwirte, darunter etliche aus dem Kreis Coburg, demonstrierten in Augsburg gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen.
von unserem Redaktionsmitglied
Peter Groscurth
Coburg/Augsburg — Auch in Oberfranken werden die Zeiten immer härter. Jetzt beteiligten sich Bauern aus den Landkreisen Forchheim, Bamberg, Coburg und Lichtenfels an der großen Kundgebung anlässlich der Umweltminister-Konferenz in Augsburg. Der Bayerische Bauernverband (BBV) befürchtet, dass sich viele der geplanten Auflagen massiv auf die Betriebe auswirken. Im Umwelt- und Naturschutz würden "teils unüberwindliche Hürden" drohen, so ein Sprecher des Bauernverbandes. Die geplanten Regelungen seien ohne Gespür für die Familien, die von ihrer Arbeit auf dem Hof und auf den Feldern leben wollen und müssen.
"Als ob wir uns seit Jahrzehnten nicht anständig um unsere Höfe kümmern", erklärt Albert Hümmerer aus Trosdorf kopfschüttelnd.
Brauchten die Bauern Hilfe, sehe es schon anders aus.Hümmerer nennt in diesem Zusammenhang die Gänseplage im Maintal. Seit rund drei Jahren gibt es dort viele Grau- und Kanada-Gänse, die die Felder kahl fressen. "Doch niemand hilft uns hier und bietet Lösungen an."
Gleiches gilt für die Mäuse, von denen es im Itzgrund zu viele gibt. Gerhard Ehrlich, stellvertretender oberfränkischer BBV-Präsident, schimpft: "Erst nach langen Diskussionen und Verhandlungen können wir nun bis Ende Dezember Gift ausbringen. So ging leider aber auch wertvolle Zeit für alle Betroffenen verloren."
Fakt ist, dass sich Landwirte im Stich gelassen fühlen. Auch von den Bürgern. Die wollen biologisch produzierte Lebensmittel, am liebsten günstig und direkt vom Erzeuger.
Doch Landwirtschaft vor der Haustür lehnen die Verbraucher dann ab, beschweren sich über die Arbeit der Bauern und fordern ihrerseits Unterstützung von der Politik. Die kommt denn auch in Form von neuen Bestimmungen und Verordnungen für die Agrarwirtschaft.
Michael Bienlein, Kreisobmann des BBV in Lichtenfels, hadert auf der Demonstration in Augsburg offen mit den Parteien: "Die Grünen wollen keine Landwirtschaft mehr, sie machen sich nur noch für Naturschutz stark." Neuester Plan einiger Umweltminister sei die Deckelung des Ammoniak-Ausstoßes in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Werde der Plan umgesetzt, dann müsse jedes achte Rind aus bayerischen Betrieben verschwinden, um die neuen Vorgaben einhalten zu können.
Bienlein hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es nicht zu solchen Entwicklungen kommt, und wünscht sich, dass die Parteien zugunsten der Landwirte einlenken: "Unser Protest kann sicherlich auf unsere Lage aufmerksam machen. Tatsache ist doch, dass wir die Verlierer sind, wenn wir nichts machen."
Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) zeigt sich den protestierenden Bauern sogar vor dem Steigenberger-Hotel in der Augsburger Innenstadt. Dort überreichte ihr BBV-Präsident Walter Heidl eine Resolution.
Die Kreisobmänner und Stellvertretenden Kreisobmänner des Bayerischen Bauernverbandes appellieren darin an Parteien in den Landesparlamenten sowie im Deutschen Bundestag und in den Ministerien, mit den Menschen, die mit ihren Familien von Land- und Forstwirtschaft leben, fair umzugehen und sich sach- und praxisorientiert mit den Themen zu befassen.
Eine schöne Vorstellung - wenn endlich wieder Broterwerb mit den eigenen Händen im
Vordergrund der oberfränkischen Bauern stehen kann. Davon träumt auch Bambergs Kreisobmann Heinrich Faatz: "Aber zur Zeit ist für viele unserer Landwirte der PC leider noch wichtiger als die Mistgabel."
Wenigstens eine gute Nachricht gibt es für die Landwirtschaft. Das so umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat soll nach Einschätzungen eines Experten-Gremiums der EU keine Bedrohung für den Menschen darstellen. Lange Zeit stand es im Verdacht, krebserregend zu sein. Doch nun gab es Entwarnung. "Wenigstens eine gute Nachricht", atmete denn auch ein Landwirt aus dem Landkreis Coburg auf, als er von der Glyphosat-Meldung auf dem Heimweg von Augsburg im Bus hört - auf dem Heimweg nach Hause Richtung Büro seines Bauernhofes, wo schon wieder viel zu viele Anträge und Briefe zur Bearbeitung warten.