Druckartikel: Viel gelernt von den Geldlehrern

Viel gelernt von den Geldlehrern


Autor: Sabine Weinbeer

Haßfurt, Mittwoch, 17. Juni 2015

Schule  Seit 2010 kümmert sich ein Verein darum, dass Kinder den Umgang mit Geld lernen. Die Mittelschule Haßfurt nahm das Angebot an.
Wie viele Schulden hat Deutschland? Sebastian macht es kein Problem, zwei Billionen Euro mit der richtigen Zahl von Nullen an die Tafel zu schreiben.


von unserer Mitarbeiterin Sabine Weinbeer

Haßfurt — "Erst hab ich mich über meine Tochter geärgert, dann über die Bank und schließlich über mich", erzählt Grischa Schulz von dem Schlüsselerlebnis, durch das er den Verein Geldlehrer gründete. Diese Woche besuchte er die Mittelschule Haßfurt, wo Geldlehrerin Bettina Wegener schon mehrere Klassen im alltäglichen Umgang mit Geld unterrichtet hat. Im Gespräch mit den Schülern wollte Grischa Schulz erfahren, ob das Konzept so passt oder ob es weiterentwickelt werden muss.
Die älteste Tochter von Grischa Schulz sollte damals bei der Bank ein Konto für ihren ersten Ferienjob eröffnen. Ein Konto hatte sie, als sie von der Bank zurückkam, "aber auch einen 50 000-er-Bausparvertrag", erzählte der Vater von fünf Töchtern. Ihre Antwort damals: "Keiner lehrt uns, mit Geld umzugehen." Da Schulz selbst Finanzdienstleister ist, gab ihm das so zu denken, dass er sich daran machte, ein Schulungskonzept zu den alltäglichen Themen des Geldumgangs zu entwickeln.
Im Dezember 2010 wurden die Geldlehrer gegründet, die ehrenamtlich arbeiten. Die Mittelschule Haßfurt nahm das Angebot gerne an, diesen praxisbezogenen Unterricht in die Wirtschaftsklassen aufzunehmen. Mit den Neuntklässlern trafen sich Bettina Wegener und Grischa Schulz jetzt zum Abschluss.
Ob ihnen der Geldlehrer-Unterricht etwas gebracht habe, wollte Grischa Schulz wissen. Die Themen Zinsen und Inflation haben die Schüler offenbar am nachhaltigsten beeindruckt. "Das ist der Hammer, wie teuer ein Burger wird", erklärte Jan.
Anhand des Big-Max-Index hatte in einer Unterrichtsstunde Bettina Wegener aufzeigt, wie sich die Preise entwickeln, bis die Schüler selbst einmal mit ihren Kindern essen gehen. Der einfachste Burger, der heute einen Euro kostet, wird dann acht Euro teuer sein.
Der Geldlehrer-Unterricht soll die Schüler zu mündigen Verbrauchern machen, die nachrechnen (können), ob eine Altersvorsorge den versprochenen Ertrag bringen kann, ob sich ein Leasing-Angebot wirklich rechnet, ob sie mit ihrem Einkommen wirklich ein Haus finanzieren können, ob ein Handy-Vertrag wirklich günstiger ist als die Prepaid-Variante.
Deshalb diskutierte Grischa Schulz mit den Jugendlichen, die im Herbst ins Berufsleben starten, auch die Frage, warum Reiche immer reicher werden, oder ob man Google alles glauben kann. Auch die in dieser Woche in den Medien aufgeworfene Frage der Abschaffung von Bargeld beschäftigte die Schüler. "Bargeld tut mehr weh", erkannte Sebastian die Gefahr, dass das Zahlen mit Karte schnell in die Schuldenfalle führen kann, weil man den Überblick verliert.
"Das meiste, was wir gelernt haben, werden wir wohl erst später brauchen. Aber dann haut uns keiner so schnell übers Ohr", sind Jan und Johnny überzeugt. Der Wirtschaftslehrer Christian Schramm und Schulleiterin Susanne Vodde dankten den Geldlehrern für diese Bereicherung des Unterrichts, denn natürlich liege der Schulleitung am Herzen, dass die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf das Leben vorbereitet werden.