"Vertriebene als Brückenbauer"
Autor: Edwin Meißinger
Coburg, Montag, 12. November 2018
Am vergangenen Sonntag begingen die Landsmannschaften der Schlesier, Sudetendeutschen, Ost- und Westpreußen sowie der Pommern ihr Totengedenken auf dem Coburger Friedhof.
Kreisvorsitzender Roman Seidl stellte beim Totengedenken der Landsmannschaften der Schlesier, Sudetendeutschen, Ost- und Westpreußen sowie der Pommern in der Aussegnungshalle des Coburger Friedhofes das Bibelwort "Jesus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben" aus dem Johannesevangelium an den Anfang seiner Rede.
Kritisch fragte Seidl in die Runde, ob das christlich-jüdische Werteverständnis, das auch unserem Grundgesetz als Basis dient, nur noch musealen Wert in unserer Gesellschaft habe. Seidl hob hervor, die Heimatvertriebenen hätten in ihrer Charta auf Rache und Vergeltung verzichtet. Das Friedenswerk Europa wäre ohne die Sudetendeutschen und ihren Friedensgedanken nicht derart möglich gewesen. Die historische Wahrheit müsse weiterhin im Geiste der christlichen Grundbotschaft gelebt werden.
Es möge sein, dass mancher als Kind die Not und das Leid der Eltern und Großeltern aufgrund der Vertreibung aus der jeweiligen Heimat deutlich gespürt hat. Jedoch habe man sich nicht zurückgezogen, sondern als Brückenbauer gelebt. Dies sei sogar so weit gegangen, dass man wieder gute Kontakte in die ehemalige Heimat aufgenommen habe.
Heutzutage herrsche die größte Flucht und Vertreibung weltweit. Etwa 65 Millionen Menschen seien von Flucht und Vertreibung betroffen. Hier mahnte und bedauerte Seidl: "Der Glaube an Jesus Christus ist in vielen Herzen nicht mehr verankert." Stattdessen herrsche der Glaube an Aktien und Kapitalismus. Man solle sich nicht auf den Errungenschaften der Vergangenheit ausruhen, sondern die Menschenrechte als ständige Mahnung und Herausforderung betrachten.
"Stellung beziehen"
Am Hochkreuz gedachten alle an der Gedenkfeier Teilnehmenden der verstorbenen Soldaten, die im Weltkrieg umkamen, und der zahlreichen Menschen, die ihre Vertreibung leidvoll durchlebten. Hier wies Roman Seidl darauf hin, dass manche Wunden nie verheilten. Er gedachte auch des Holocausts und der schrecklichen Verbrechen der Nationalsozialsten. Er rief dazu auf, gegen Hass, Terror und Fremdenfeindlichkeit Stellung zu beziehen. "Wir stehen zusammen für Humanität, Frieden und Freiheit!", sagte Seidl. Weiter betonte er: "Es funktioniert nur, wenn sich Völker und Menschen begegnen in Klarheit und Wahrheit." Den jungen Menschen, die diese Erfahrungen der Vertreibung nie erlebt haben, sprach er den Mut zu, sich gegen Flucht und Vertreibung und für die Menschenrechte einzusetzen. Wenn dies gelingt, sei das Opfer der Toten nicht umsonst gewesen.
Josef Altrichter umrahmte die Gedächtnisfeiern mit Trompetenstücken. Am Hochkreuz spielte er "Ich hatte einen Kameraden".