Druckartikel: Vergessene Bestsellerin: Mary Elizabeth Braddon neu übersetzt

Vergessene Bestsellerin: Mary Elizabeth Braddon neu übersetzt


Autor: Sigismund von Dobschütz

Bad Kissingen, Freitag, 01. Februar 2019

Sigismund von Dobschütz Die norddeutsche Publizistin und Journalistin Anja Marschall (52) schreibt zwar seit einigen Jahren historische Kriminalromane, doch diesmal geht es nicht um sie als Autorin, s...


Sigismund von Dobschütz Die norddeutsche Publizistin und Journalistin Anja Marschall (52) schreibt zwar seit einigen Jahren historische Kriminalromane, doch diesmal geht es nicht um sie als Autorin, sondern als Übersetzerin. Marschall nennt sich selbst eine "bekennenden Anglophile" mit Begeisterung für das 19. Jahrhundert und widmet sich seit Jahren dem Leben der englischen Schriftstellerin Mary Elizabeth Braddon (1837-1915) und deren Krimis. Braddon war eine der populärsten Schriftstellerinnen des viktorianischen England und gilt als "Erfinderin des Ermittlerkrimis", einst hochgelobt von Kollegen wie Charles Dickens und Thomas Hardy. Sie schrieb über 80 Romane, in denen sie unerschrocken damals heikle Themen wie Bigamie, Ehebruch oder Abtreibung in ihre Romane aufnahm. Nach Anja Marschalls 2013 veröffentlichter Neuübersetzung des Braddon-Krimis "Das Geheimnis der Lady Audley" von 1862, der vor 155 Jahren ein einziges Mal auf Deutsch übersetzt wurde, erschien im November im Frankfurter Dryas-Verlag ihre zweite Übersetzung, der Krimi "Aurora Floyd" (1863), den es zuvor wohl noch nie auf Deutsch gab.

Die junge Aurora Floyd kehrt von einer Pariser Privatschule auf den väterlichen Landsitz Felden Woods zurück. Zwar fügt sie sich sofort ins heimische Gesellschaftsleben ein, doch in Paris muss etwas geschehen sein, worüber Aurora beharrlich schweigt. Sogar ihrem Verlobten, einem ehrbaren Offizier, verweigert sie die Wahrheit, weshalb sich dieser von ihr trennt. Aurora verlobt sich ein zweites Mal und heiratet einen sorglosen, lebenslustigen und nur an Pferderennen interessierten Gutserben. Doch dann wird auf dem Gutshof die Leiche eines Mannes entdeckt. Handfeste Indizien weisen auf Aurora als Mörderin hin, doch weigert sie sich, mit Offenbarung ihres Geheimnisses zur eigenen Entlastung beizutragen.

Sicherlich wäre eine zeitgenössische Übersetzung dieses Romans für den heutigen Leser schwierig zu lesen, möglicherweise würde er die Lektüre als "verstaubt" ablehnen. Es ist deshalb zweifellos das Verdienst der Übersetzerin Anja Marschall, mit ihrer Übertragung in unsere moderne Sprache und mit ihrer Überarbeitung dieses Romans ein zweites Werk der längst vergessenen britischen Bestseller-Autorin für uns lesbar zu machen. Denn natürlich ist dieser Krimi aus dem Jahr 1863 ein Spiegelbild seiner Zeit. Durchhalten ist empfohlen, denn Tempo und Spannung steigern sich von Kapitel zu Kapitel.