Ungetüm rollt durch enge Gassen
Autor: Friedwald Schedel
Gärtenroth, Dienstag, 19. Juli 2016
Das erste von mehr als zwei Dutzend überlangen Teilen für die Windräder bei Hain wurde angeliefert. Dabei ging es in Gärtenroth sehr eng zu. Ab heute sind zwei Fuhren pro Tag vorgesehen.
Die Bürger aus Gärtenroth warteten am Montagvormittag schon ungeduldig. Würde das Ungetüm durch die schmalen Straßen passen? Es passte - mit viel Fingerspitzengefühl des Lenkers eines ganz besonderen Fahrzeugs. Da sitzt keiner drin, die Fahrer laufen nebenher und steuern es mit einem Kasten ähnlich dem, mit dem man auch Modellautos rollen lässt.
Nur dass das "Modellauto" am Montag 23 Tonnen schwer war und dazu noch eine gigantische Stahlröhre mit fast 50 Tonnen huckepack trug. Es war die Premierenfahrt zwischen dem Windpark-Umladeplatz in Mainroth und dem Rainberg bei Küps. Ab Dienstag sind jeweils zwei Fahrten vorgesehen. Start ist um 8 Uhr und 14.30 Uhr. Mit einem so genannten "Selbstfahrer" werden die überlangen und dicken Brocken für die fünf Windräder von Mainroth zum Rainberg gebracht.
Dabei müssen die beiden Fahrer die gesamte Strecke nebenher laufen, einer vorne, der seinen Kollegen per Sprechfunk einweist, der andere mit dem Steuergerät hinten. Zu Tal gebracht werden sie mit einem Auto. Ihr Selbstfahrer wird vom 620 PS starken und mit Stahlklötzen als Ballast beladenen Zugfahrzeug zum Ausgangspunkt zurückgebracht.
Vorspann an den "7 Fuhren"
Mit dem Ablauf am Montag war Projektleiter Sebastian Sehl sehr zufrieden. Bei der Premiere hatte man die schmalere und leichtere der beiden Stahlröhren für das Windrad 2 geladen. Am Dienstag kommt das wesentlich schwerere und dickere Rohr dran, das direkt auf den bisherigen und 78 Meter hohen Betonturm montiert wird. Am Dienstag weiß Sebastian Kehl auch, dass der Selbstfahrer - trotz seiner acht angetriebenen Achsen und 64 Reifen - bei den "7 Fuhren" eine Vorspann braucht.
Am Montag blieb der Selbstfahrer an einer feuchten Schotterstelle hängen und benötigte sein Zugfahrzeug vorneweg. Trotzdem radierten die 64 Reifen an der mit mehr als 16 Prozent größten Steigung auf dem Asphalt. Wenn das so weitergeht, hat der Asphalt bald einen Gummibelag und der Selbstfahrer braucht 64 neue Reifen. Der Einweiser Markus Jorg eid und der Bediener Erhard Pint sind gut trainiert, denn sie laufen öfters neben ihrem Selbstfahrer her. Beim Transport der Rotorblätter kann eine Adapterplatte angebaut werden. Dann können sie aufsitzen. An den steilen Stellen schafft der Selbstfahrer - trotz seiner 238 PS und 16 Gänge - nur ein km/h. Auf ebenen Strecken ist er etwa zehn Stundenkilometer schnell. Das packen die beiden Fahrer locker.
Ein ständiger Begleiter dieser Schwertransporte ist die Polizei. Vier Beamte mit vier Streifenwagen sicherten die gesamte Strecke auf öffentlichen Straßen ab, standen selbst an Feldwegeinfahrten, damit kein Fahrzeug dem überbreiten Transport in die Quere kommen konnte. Der Selbstfahrer brauchte die gesamte Straßenbreite, besonders in den Kurven.