Druckartikel: Unfallgefahr die Zähne zeigen

Unfallgefahr die Zähne zeigen


Autor: Ralf Kestel

Lind, Sonntag, 04. Oktober 2015

Verkehr  Der Sicherheitsingenieur Franz Schilberg hält Unfälle an Bahnübergängen wie jüngst in Lind für die zwangsläufige Folge der optischen Gestaltung der Anlagen. Seiner Meinung ließe sich schon mit einfachen Mitteln viel erreichen.
So würde man Autofahrer optisch besser auf den Schienenübergang aufmerksam machen, schlägt ein Verkehrsexperte aus Bergisch-Gladbach am Bahnüberweg in Lind vor: mit aufgemalten Haifischzähnen auf der Fahrbahn. Fotomontage: Franziska Schäfer/Ralf Kestel


von unserem Redaktionsmitglied Ralf Kestel

Lind — Wenn es auf einem Bahnübergang in der Bundesrepublik kracht, schrillen bei Franz Schilberg in Bergisch-Gladbach zwar nicht die Alarmglocken, aber in seinem Computer leuchtet ein Zeichen auf. So zuletzt beim Unfall am Übergang in Lind. Schilberg ist Verkehrssicherheitsingenieur im Ruhestand, aber die Kollisionen von Autos mit Zügen lassen ihm keine Ruhe. Wenn im Internet eine Meldung mit dem Inhalt "Unfall" und "Bahnübergang" kursiert, dann schreckt sein Computer den Rentner auf.
Denn Schilberg macht sich seit Jahren Gedanken, wie solche Gefahrenstellen entschärft werden können. Und obwohl er noch nie in Lind gewesen ist, hat er aufgrund der Unfallhäufigkeit an dieser wenig befahrenen Stelle sofort einen Verdacht, den er nach der Übermittlung eines Fotos bestätigt sieht: "Das Asphaltband erweckt den optischen Eindruck, dass die Autofahrer einfach durchstarten dürfen ." In Lind wird dieser Effekt noch durch ein Art Hohlweg-Situation verstärkt. "Eine Straße, die mit gleichbleibender Breite auf den Übergang zuführt." Die weißen Linien über das Gleisbett hinweg würden die psychologische Sogwirkung beim Autofahrer sogar noch verstärken.
Dieser Fehleinschätzung kann man nach Schilbergs Überzeugung neben Andreaskreuz und weiteren Schildern mit einer Straßenmarkierung entgegenwirken. "Dem Autofahrer sollte man die Zähne zeigen."
Aufgemalte Haifisch-Zähne vor dem Übergang seien in der Straßenverkehrsordnung zwar nicht vorgesehen, hätten sich als verkehrliche Zeichen aber beispielsweise in Österreich als außerordentlich wirkungsvoll erwiesen.
Auch für die Nöte der Anlieger, die sich über das häufige Hupen vor den unbeschrankten Bahnübergängen aufregen, hat Schilberg Verständnis - und Vorschläge parat. Wie Erwin Limpert aus Manndorf, der nicht verstehen kann, dass "für die paar Leut' in unserem kleinen Dorf auch zur Nachtzeit fünf Mal getutet werden muss", denkt der Sicherheits-Ingenieur mehr an optische denn akustische Signale. Einen Scheinwerfer etwa, der das Sichtfeld weit vor dem Führerstand ausleuchtet, weil somit der Triebwagen auch früher erkannt wird.
Gegen das Tuten sprechen laut Schilberg zwei Argumente: "Erstens gibt es Leute, die schlecht hören und trotzdem Auto fahren dürfen." Zweitens seien in vielen Autos Radio oder CD-Player laut aufgedreht, so dass das Pfeifen überhört werde. "Es gibt Urteile, dass vor einem Andreaskreuz das Radio eben nicht ausgeschaltet und das Fenster heruntergedreht werden muss."
Wenig Erfolg erwartet er von einem Blinklicht auf einem Zug. "Das reflektiert ja an jedem Baum. Da wird ein Lokführer doch verrückt." Daher rechnet Schilberg damit, dass sich das Eisenbahnbundesamt die Pfeifsignale vor unbeschrankten Bahnübergängen "so schnell nicht ausreden lässt".