Druckartikel: Über Flüchtlingsschicksale auf hoher See

Über Flüchtlingsschicksale auf hoher See


Autor: Gerold Snater

Königsberg in Bayern, Sonntag, 25. Sept. 2016

Gerold Snater Mit dem Vortrag über Flüchtlingsschicksale im Jahr 1939 eröffnete Ruth Schlette das Wintersemester des Volksbildungswerkes (VBW) in Königsberg...
Ruth Schlette hielt beim Volksbildungswerk Königsberg einen Vortrag über "Die Irrfahrt der St. Louis von Hamburg nach Havanna".  Foto: sn


Gerold Snater

Mit dem Vortrag über Flüchtlingsschicksale im Jahr 1939 eröffnete Ruth Schlette das Wintersemester des Volksbildungswerkes (VBW) in Königsberg. Die Historikerin aus Bonn sprach am Freitagabend im Rathaussaal über "Die Irrfahrt der St. Louis von Hamburg nach Havanna".
Mit zeitweise bewegenden, aber immer historisch fundierten Worten schilderte sie die Fahrt der St. Louis, eines Kreuzfahrtschiffs der Hamburg-Amerika-Linie, das am 13. Mai 1939 in Hamburg die Anker zu einer Sonderfahrt lichtete. Über 900 deutsche und österreichische Juden - ganze Familien, Junge und Alte, die meisten Männer gerade aus Konzentrationslagern entlassen - hatten den Strohhalm der Auswanderung nach Kuba ergriffen, das zunächst bereit war, sie einreisen zu lassen. Andere Länder hatten längst die Grenzen für jüdische Flüchtlinge geschlossen.


Zähe Verhandlungen

Noch vor der Ankunft in Havanna wurde aber klar, dass die kubanische Regierung die mühsam erworbenen Einreisepapiere nicht anerkannte. Nach fünf Tagen zäher Verhandlungen musste das Schiff mit den verzweifelten Passagieren an Bord Kurs auf Hamburg nehmen. Den Versuch des Kapitäns, Miami anzulaufen, vereitelte die amerikanische Küstenwache.
In buchstäblich letzter Minute erhörten die Regierungen der Niederlande, Belgiens, Frankreichs und Großbritanniens die Hilferufe und das Schiff konnte in Antwerpen vor Anker gehen, von wo aus die Passagiere in diese Länder einreisen konnten.
Die Besucher im Königsberger Rathaussaal hörten einen Vortrag über ein Ereignis, das sich mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte beschäftigte. Das aber aufgrund der derzeitigen Flüchtlingssituation in der Welt Aktualität hat.