Trinkgelage im Pilgerstüblein
Autor: Reinhard Löwisch
Streitberg, Montag, 06. Juni 2016
Vor der Ruine Streitberg steht die dritte Tafel auf dem literarischen Spaziergang von Joseph Victor von Scheffel. Mit der darauf festgehaltenen Strophe lässt der Dichter seine Vorliebe für "geistige" Getränke erkennen.
Unsere Serie "Literarischer Spaziergang: Auf den Spuren von Joseph Victor von Scheffel in der Fränkischen Schweiz" gelangt an der dritten Tafel an, die oben am Eingang zur Ruine Streitberg steht. Darauf steht geschrieben:
Am Streitberg ragt der Steinklotz schroff
Und weiß, wie meerverwaschen.
Das Pilgerstüblein auf dem Hof
Weiß nichts von leeren Flaschen.
Noch blüht dem Talvogt Christian
Karfunkelrot die Nase,
Und Weihrauchdampf, der Burgkaplan,
Turniert mit ihm beim Glase.
Victor von Scheffel nimmt bei dieser Strophe seine eigene Vorliebe für "geistige" Getränke aufs Korn. Die heute noch existierende Pilgerstube gab es damals noch nicht: Sie wurde erst durch Hans Hertlein 1899 eröffnet.
Eine "altertümlich gewölbte Trinkstube, die dem Schlossherrn von Streitberg zinspflichtig ist", gab es schon 1776, wie in einem Brief an John Hunter nachzulesen ist (Briefe aus der Pilgerstube von Hans Max von Aufseß).
Tatsache ist auch, dass die Burg Streitberg beim Besuch Scheffels schon eine Ruine war. Und der Hinweis auf den "Talvogt", den Bürgermeister, der mit dem Kaplan zecht, könnte ein versteckter Hinweis auf ein gemeinsames Trinkgelage im Ort gewesen sein.
Die Burg Streitberg gab es schon im 12. Jahrhundert. Im 13. Jahrhundert gehörte sie zum Reich der Schlüsselberger, die von hier aus den Aufbau der Burg Neideck, ihren Hauptsitz, planten.