Druckartikel: Tri Tra Trullala - seid ihr alle da?!

Tri Tra Trullala - seid ihr alle da?!


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Donnerstag, 05. November 2020

Seit 75 Jahren ist das "Bamberger Kasperl" der Puppenbühne Herrnleben eine Institution in der Stadt. In vierter Generation leitet Florian Herrnleben den Familienbetrieb und beschenkt mit einer kasperlbunten Geburtstags-Chronik die kleinen und großen Fans des Holzkopfs.
Von seinen Eltern Elisabeth und Wolfgang Herrnleben übernahm Sohn Florian den Profibetrieb.  Foto: p


Marion Krüger-Hundrup Holzköpfe sind krisenfest. Überleben jedwede Stürme der Zeit und behaupten sich gegen technische Neuerungen wie Computer und Internet. Nur mit dem Zugeständnis, dass die Holzköpfe von damals heute in moderner Sprache auftreten. Und nahezu gewaltlos sind.

"In den 1950er Jahren wurde die Hexe vergiftet, der Teufel erschlagen, der Räuber gehängt!", listet Florian Herrnleben brutale Geschehnisse auf, die sein Urgroßvater Hans Herrnleben auf die von ihm 1945 gegründete Puppenbühne brachte. "Das spiele ich nicht mehr", erklärt Urenkel Florian. Denn "die Kinder im Medienzeitalter sind sensibler und empfinden krass". Zudem kennen die Bildschirmgewohnten Kids keine Interaktion mehr, und reagierten entsprechend empfänglich darauf, dass sie in jedes Bühnenstück so einbezogen werden. Dazu gehört allein schon Kasperls legendäre Frage zu Beginn der Aufführung: "Seid ihr alle da?!", nachdem er unter dem Geläut von Kuhglocken und mit einem fröhlichen "Tri Tra Trullala" auf der Bühne aufgetaucht ist.

"Perfektionierte Interaktion mit dem Publikum" nennt Florian Herrnleben eines der Erfolgsgeheimnisse des "Bamberger Kasperl", die Marke der Puppenbühne Herrnleben schlechthin. Jetzt feiert dieser quietschbunte Holzkopf seinen 75. Geburtstag - jung, frisch und lustig geblieben, ohne Clown zu sein. Und stets darauf bedacht, dass auch die brenzligste Geschichte wunderbar gelöscht wird: "Es geht um's Happy End", sagt der Theaterchef, der dem Kasperl die Stimme gibt und diese Handpuppe bewegt. Wenn er nicht gerade in seiner eigenen Elektronikfirma arbeitet oder als Kabarettist hintergründige Frotzeleien loslässt.

Weit über die Stadtgrenzen hinaus ist der Bamberger Kasperl bekannt und beliebt. Im Radio, im Fernsehen oder auf CDs ist er zu hören. Furore machte er als "Umweltkasper", der eine ernsthafte Botschaft in unterhaltsame Stücke platzierte. Legendär sind Kasperls Auftritte zum Beginn der Sandkerwa. Da fehlen auch nicht stadtpolitische Themen wie etwa in der "Räubertrilogie" 2016, 2018 und 2019, die ihm "Standing Ovations" der zuschauenden Erwachsenen einbrachte.

Am meisten freut sich das Bamberger Kasperl natürlich über den Beifall der begeisterten Kinder. "Sie gehen mit der Idee aus der Inszenierung: Ohne sie hätte es nicht funktioniert", plaudert Florian Herrnleben über "spontanes Reagieren" und den "roten Faden", den er in jedes Bühnenstück webt.

Dankbar erinnert er sich an seinen Großvater, an seine Eltern Elisabeth und Wolfgang Herrnleben, die ihn schon früh in die zauberhafte Welt der rund 200 Handpuppen eingeführt haben. Seit nunmehr zehn Jahren ist Florian Herrnleben in vierter Generation Leiter der Puppenbühne. Ob es die nach den nächsten 75 Jahren noch gibt? "Ich weiß es nicht", antwortet er nachdenklich.

Ab Samstag im Handel

Was aber in jedweder Unwägbarkeit bleibt, ist die jetzt druckfrische Jubiläumschronik "Kasperlbunt! 75 Jahre Bamberger Kasperl Puppenbühne Herrnleben", die Theaterchef Florian im Eigenverlag herausgegeben hat. Diese ist ab Samstag, 7. November, im Buchhandel erhältlich und kostet 24,90 Euro. Allerlei Infos, Artikel, Bilder und Geschichten über Auftritte, Engagements, die Figuren, Kulissen und das Ensemble bilden in der Tat ein ansprechendes "kasperlbuntes" Bild, über das sich kleine wie jung gebliebene Fans freuen können.

Zu Wort kommen auch viele bekannte Wegbegleiter und Unterstützer mit ihren Glückwünschen an den Bamberger Kasperl. Oberbürgermeister Andreas Starke nennt zum Beispiel die Puppenbühne Herrnleben einen "Botschafter Bambergs in die Welt".

Erzbischof Ludwig Schick schreibt der Familie Herrnleben mit ihrem Kasperl "eine feste Größe in der Kleinkunstszene unserer Stadt Bamberg" zu. Oder die Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg. "Nuch ganz schö rüstig für sei Alter, deä Kärl! ... aa scho a Stückla Alt-Bamberch".

Das Schlusswort hat - wer auch sonst - der Kasperl selbst: "... auf die Kinner und großn Leud is Verlass. Ich bleib nuch aweng!"