Druckartikel: Training auf dem Trockenen

Training auf dem Trockenen


Autor: Steffen Standke

Bad Kissingen, Freitag, 17. Dezember 2021

Stockschießen  Ohne die geschlossene Eishalle müssen die Stockschützen des SC Bad Kissingen besonders im Winter improvisieren. Das tun sie wacker. Und sie hegen mit ihrem Provisorium im Park Pläne.
Josef Lemberger (Mitte hinten) vom SC Bad Kissingen versucht, mit dem "Stock" möglichst nah an die runde "Daube" zu kommen.


Das Pflaster ist freigepustet von Laub und Staub; die Strahler sind ausgerichtet auf die 28-Meter-Bahn: Es ist alles bereitet für ein weiteres Freiluft-Training von Josef Lemberger und seinen Stockschützen des SC Bad Kissingen an der Lindesmühlpromenade. Es sind Trockenübungen, seitdem das gefrorene Nass der Eissporthalle nicht mehr zur Verfügung steht. Mehr oder weniger retten sich die Stocksportler mit dem Sommerprogramm durch den Winter. Was sie nicht vom Träumen abhält.

Die Schließung der Eishalle nach der Wintersaison 2018/19 traf nicht nur den Eishockey-Club Bads Kissingen hart. Der Verein ging bekanntlich insolvent, musste seine Mannschaft aus der Bayernliga abmelden.

Gesamter Nachwuchs weggebrochen

Doch auch der Ski-Club wurde massiv getroffen. Wie Vereinsvorsitzender Jürgen Tenschert berichtet, bedeutete die Schließung, dass jegliche Eislauf-Aktivitäten wegbrachen. Und damit jede Menge Nachwuchs für den Verein. "Im letzten Jahr der Eishalle hatten wir 100 Kinder in vier Kursen", blickt Tenschert wehmütig zurück. Und Lemberger ergänzt: "Das hat viele Mitglieder gebracht."

Die Eishalle war zudem für den SC wichtig, weil er dort über verschiedene Schlittschuh-Events für Firmen, Institutionen und private Gruppen Einnahmen generierte. Tenschert spricht von Turnieren beim Eisstockschießen mit 20 bis 40 Leuten. Das erwirtschaftete Geld und teilweise großzügige Spenden wurden ins Vereinsleben und den Nachwuchs gesteckt.

Im Februar 2019 nutzten die (Eis)Stockschützen das letzte Mal die Eishalle, erinnert sich Lemberger. Schon damals waren sie nicht zufrieden. Der Betreiber verlangte recht viel Miete und das aufbereitete glatte Eis war nicht sehr gut. Fürs Schlittschuhlaufen langte es; aber Stocksportler benötigen speziell angerautes Riefen-Eis. Dafür fehlten die Maschinen.

Dennoch: Dass ihnen die Eishalle in der Wintersaison ganz entzogen werden würde, hätte wohl keiner der Betroffenen geglaubt - auch nicht die Stockschützen.

Heute müssen sie Vorlieb nehmen mit dem, was da ist: Und das ist die Pflasterfläche an der Lindesmühlpromenade, schräg gegenüber von den Tennisplätzen des TC Rot-Weiß. Zweimal in der Woche treffen sich die bis zu acht Stocksportler dort, um zu trainieren. Der älteste ist 83 Jahre alt. Die zwei Mini-Flutlichtstrahler sollen die früh hereinbrechende Dämmerung ausgleichen. "Man kommt mit der stumpfen Bahn zurecht", sagt Josef Lemberger, obwohl es auf dem Pflaster an einigen Stellen huckelt und holpert. Ärgerlich ist die mangelnde Trainingsmöglichkeit für die drei noch aktiven Spieler, die gemeinsam mit Akteuren des TSV Arnstein/Binsfeld (Landkreis Main-Spessart) Wettkämpfe bestreiten. Wer nicht auf Eis üben kann, gerät schnell ins Hintertreffen.

Die SCler versuchen einiges, um dem Dilemma zu entkommen. Jürgen Tenschert verfolgte nach dem Wegfall der Eishalle im Herbst 2020 die Idee, eine mobile Eisbahn, eventuell am Rathausplatz, zu errichten. Doch die Pandemie stoppte auch diese Überlegungen. Dennoch ist der Vereinsvorsitzende entschlossen, zumindest das Trainingsgelände im Park attraktiver zu gestalten. Damit vielleicht doch neue Interessenten oder gar Gruppen kommen.

Das Areal gehört dem Staat; Tenschert setzt auf einen Termin mit Kurdirektorin Sylvie Thormann am 20. Januar. Der SC-Chef hofft auf eine konkrete Aussage, ob noch ein Investor da ist, der das Gelände entwickeln will. Angedacht waren mal eine Adventure- und Minigolfanlage.

Sollte das nicht mehr der Fall sein, will er sich selbst auf die Suche nach einem Geldgeber machen, der zumindest den Stocksport-Bereich auffrischt. "Wir wollen vorangehen, weil es sonst zu lange dauert." Die Trainingsfläche selbst soll verkleinert und neu gefasst werden. In einer neu zu bauenden Hütte sollen die Spielutensilien unterkommen, ein Sitzbereich zudem Gäste anlocken.

"Das ist ein Investitionsvolumen, das wir nicht ohne Weiteres stemmen können", weiß Tenschert. Deswegen wäre es ihm lieber, die Belange des SC in einer Gesamt-Umgestaltung unterzubringen.