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Todesstoß für Flößer bleibt aus


Autor: Marco Meißner

Kronach, Montag, 28. Sept. 2015

Vorgabe  Eine Wasserrahmenrichtlinie der EU bereitet den Flößern Sorgen. Das Kronacher Wasserwirtschaftsamt rechnet jedoch nicht mit Schwierigkeiten für den Tourismus.
Die Flößer können aufatmen: Auch wenn ihre Gewässer und ihre Wehre durch die Wasserrahmenrichtlinie Veränderungen erfahren, droht der Tourismusflößerei dadurch nicht das Aus. Foto: Archiv/Hänel


von unserem Redaktionsmitglied 
Marco Meissner

Kreis Kronach — Stamm an Stamm wurde früher das Holz aus dem Frankenwald bis nach Holland gebracht. Die Flüsse dienten den Flößern als natürliche Transportwege. "Früher haben 16 000 solcher Flöße den Frankenwald verlassen", erinnerte sich Friedrich Fricke beim Besuch zweier Staatssekräterinnen kürzlich an diese Hochphase der Flößerei.
Heute führt der Weg keines einzigen Floßes mehr aus dem Landkreis hinaus. Nur die Tourismusflößerei in Neuses und Wallenfels zeigt die Arbeit der Vorfahren noch in der Praxis. Doch nun fürchtet Fricke auch um deren Zukunft.
"Die größte Hürde wird wohl eine EU-Richtlinie, die besagt, dass Querverbauungen weg sollen", wenn Denkmalschutz oder wasserrechtliche Belange nicht dagegen sprächen, erklärte er. "Das wäre der Tod der Flößerei", brachte er seine Meinung gegenüber den beiden Politikerinnen auf den Punkt.


Richtlinie hat Folgen

In der Flößerstadt Wallenfels hat die Stadtverwaltung zwar schon von der so genannten Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gehört, doch konkrete Folgen für die Wilde Rodach sind noch nicht bekannt. In dieser Hinsicht sei noch niemand auf die Verwaltung zugegangen, stellt Frank Jakob fest. Das gleiche äußert Stefan Wicklein von der Stadtverwaltung in Kronach.
Dass die neue Richtlinie über kurz oder lang auch im Landkreis Kronach zum Thema werden wird, zeigt eine Nachfrage beim Wasserwirtschaftsamt Kronach. Abteilungsleiter Matthias Schrepfermann erklärt, dass es für die Umsetzung der Richtlinie ein gestecktes Ziel im Jahr 2015 gibt und Verlängerungsmöglichkeiten, welche die Zeiträume bis 2021 beziehungsweise 2027 einbeziehen. Und er verweist darauf, dass es im Frankenwald durchaus Defizite gibt, wenn es darum geht, die Prämisse der Richtlinie zu erfüllen.
Die WRRL will den "guten Zustand" der Gewässer herstellen. Diese Qualitätsstufe resultiert aus der Bewertung von vier Biokomponenten und des chemischen Zustands des jeweiligen Gewässers, wie der Abteilungsleiter erklärt.
"In vielen Fällen liegt es an einer naturfernen Gewässerstruktur sowie an der fehlenden Durchgängigkeit für Fische in Folge von Querverbauungen wie Wehranlagen oder Abstürzen", erklärt Schrepfermann, warum der anvisierte "gute Zustand" verfehlt werden kann. In den landwirtschaftlich genutzten Tälern kämen Nährstoff- und Sedimenteinträge aus der Landwirtschaft hinzu. "Nicht nur im Landkreis Kronach wirken sich all diese Belastungsfaktoren flächendeckend negativ auf die Gewässer aus."


Konzepte erarbeiten

Für die Gewässer, für die Handlungsbedarf bestehe, würden Ziel führende Maßnahmen und Maßnahmenkombinationen in Form von Umsetzungskonzepten erarbeitet, nennt Schrepfermann den Stand der Dinge. Wenn die Konzepte stünden, würden sie nach einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange der Regierung von Oberfranken zur Prüfung vorgelegt, weil ein "abgestimmtes Vorgehen erreicht werden soll".
Die Richtlinie - sie kommt in ganz Deutschland zur Anwendung - sehe unter anderem auch den Rückbau oder die Umgestaltung von Querverbauungen vor, um die Flüsse wieder für die Wasserlebewesen durchwanderbar zu machen, sofern dies notwendig sei.
Ob derartige Maßnahmen auch den Landkreis Kronach betreffen werden, bleibt abzuwarten. Was laut Matthias Schrepfermann allerdings feststeht: "Auch Haßlach, Kronach und Rodach im Landkreis Kronach verfehlen derzeit den ,guten Zustand‘."
Auch dort, wo geflößt werde, müsse Schritt für Schritt die Durchgängigkeit für die Wasserlebewesen wiederhergestellt werden, geht Schrepfermann auf die Befürchtungen Frickes ein. Dies werde üblicherweise dadurch erreicht, dass Wehre umgebaut werden. Das Anlegen eines Fischpasses sei eine andere Alternative. Dann müssten die Querverbauungen nicht zwingend entfernt werden.
"Momentan zeichnet es sich nicht ab, dass geplante Maßnahmen Einfluss auf den Betrieb der Tourismusflößerei im Landkreis Kronach nehmen könnten", gibt Schrepfermann den Flößern Entwarnung.