Druckartikel: Todesfahrer vor Gericht

Todesfahrer vor Gericht


Autor: Susanne Will

Zeitlofs, Dienstag, 22. Februar 2022

Tragödie   Alexander W. wollte sich das Leben nehmen, Dominik Z. aus Zeitlofs versuchte, das zu verhindern und wurde dabei getötet. Ab morgen wird der Fall verhandelt.
Noch in der Nacht landete am 15. August der Rettungshubschrauber auf dem Sportplatz in Zeitlofs, um den schwerverletzten 21-Jährigen in die Klinik zu bringen.


Was am 14. August 2021 in Zeitlofs geschah, wird als Tragödie in die Dorfchronik eingehen und mindestens zwei Familien zeitlebens beschäftigen. Alexander W., geboren 1997, kündigte an, sich das Leben nehmen zu wollen. Sein Freund Dominik Z. (21) aus Zeitlofs wollte das verhindern. Beim Versuch, Alexander am Wegfahren zu hindern, wurde er getötet. Deshalb muss sich W. am Donnerstag vor dem Schwurgericht in Schweinfurt verantworten.

Im Gerichtssaal werden auch Dominiks Eltern sitzen, deren Leben sich fortan in ein "Davor" und "Danach" teilen wird. Davor waren sie liebende Eltern eines jungen Mannes, der überall als sehr den Menschen zugewandt beschrieben wird, ein 21-Jähriger, der als äußerst hilfsbereit galt und überall beliebt war. Danach wird eine nicht zu schließende Lücke klaffen.

Anklage wegen Totschlags

Sollten Alexander W.s Eltern auch im Saal sitzen, so wird auch deren Leben vermutlich in ein "Davor" und ein "Danach" geteilt werden. Davor, vor dem Totschlag, den ihr Sohn begangen haben soll. Denn als solchen ordnet die Staatsanwaltschaft Schweinfurt die Tragödie in jener Augustnacht in ihrer Anklageschrift ein. "Totschlag in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr" heißt in Juristendeutsch, dass Alexander W. Gas gegeben hat, als Dominik Z. ihm helfen wollte - und diese Hilfe nicht überlebte.

Rückblick: Am 14. August trafen sich Dominik, Alexander, ein weiterer Bekannter und eine junge Frau in Bad Brückenau in einer Shisha-Bar. Alexander W. soll später eine Rechnung über ein Bier und mehrere schnapshaltige Getränke gehabt haben.

Es ging ihm offenbar nicht gut. Noch in der Shishabar soll er gesagt haben, dass sein Leben keinen Sinn mehr habe, er werde auf die Autobahn fahren und seinem Leben ein Ende setzen.

Die vier blieben bis Mitternacht in der Bar. Dominik Z. soll dann - laut Anklage nüchtern - mit seinem Auto zurück nach Zeitlofs gefahren sein, im Auto saßen Alexander W., die junge Frau und der Bekannte. In Zeitlofs soll Alexander W. seine Suiziddrohung wiederholt haben. "Er sagte", so erinnerte sich die junge Frau nur wenige Tage später, "er fahre jetzt auf die Autobahn und werde sich umbringen."

Dominik hatte das auch gehört. Alexander W. stieg angetrunken in sein eigenes Auto, einen Golf. Um ihn von einer Suff-Fahrt und dem Plan, sich umzubringen, abzuhalten, stellte sich Dominik Z. dem langsam fahrenden Golf in den Weg. Mit Gesten und Worten soll er versucht haben, Alexander W. zum Anhalten zu bringen, dazu legte er auch die Hände auf die Motorhaube.

Schwerste Kopfverletzungen

Doch Alexander W. fuhr weiter. Dominik Z. flüchtete noch einige Meter rückwärts und wurde dann auf die Kühlerhaube gehoben. Vielleicht sprang er auch, um nicht unters Auto zu geraten. Etwa 30 Meter lang hielt sich Dominik Z. auf der Kühlerhaube, dann stürzte er in einer leichten Linkskurve hinunter. So unglücklich, dass er schwerste Kopfverletzungen erlitt. Anwohner leisteten Erste Hilfe, ein Hubschrauber brachte Dominik Z. ins Krankenhaus. Dort starb er drei Tage später trotz aller ärztlichen Kunst.

Die Trauer in Zeitlofs bei denen, die Dominik Z. kannten, war und ist sehr groß. "Er war jemand, mit dem konntest du Pferde stehlen. Er hat sich immer hintangestellt und zuerst an Freunde und Familie gedacht", sagte eine Einwohnerin damals.

Nach dem Sturz hielt Alexander W. laut Staatsanwaltschaft kurz an. Dann beschleunigte er seinen Golf und fuhr weg - um Minuten später zurückzukommen und zu sagen, dass er die Folgen nicht beabsichtigt hatte. Er ließ sich wenig später von der verständigten Polizei widerstandslos festnehmen. In seinem Atem wurden da 0,5 Promille Alkohol gemessen.

Für den Prozess sind sechs Verhandlungstage angesetzt.