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Technische Hilfe für den Alltag


Autor: Veronika Schadeck

Wallenfels, Donnerstag, 16. Juli 2020

Senioren wollen so lange wie möglich in ihrem eigenen Zuhause leben. Damit das problemlos funktioniert, läuft derzeit eine Testphase für ein neues System, welches den Alltag erleichtern soll.
Der Hausnotrufbeauftragter des BRK, Sven Schmidt (links) erklärt nochmals Elfriede Sattler (sitzend) die Funktion des AAL. Mit im Bild: Sein Kollege Wolfgang Stumpf und Ines Deuerling.  Foto: Veronika Schadeck


Veronika Schadeck Was wie eine Science-Fiction klingt, kann sehr hilfreich sein. Diese Erfahrung hat Elfriede Sattler in den letzten Wochen gemacht. Sie hat sich nämlich als Testperson für die Einführung von "Ambient Assisted Living" (AAL), bezeichnet als "Altersgerechtes Assistenzsystem für ein unabhängiges Leben", zur Verfügung gestellt. Mittlerweile gehört AAL zu ihrem Leben und sie möchte es nicht mehr missen.

Eigentlich ist die Wallenfelserin noch recht fit. Sie lebt allein in ihrem Haus, meistert ihren Alltag, sie ist aufgeschlossen und liebt die Natur. Im Grunde noch gut auf den Beinen, aber sie ist Diabetikerin. Damit ist die Gefahr vorhanden, eine Unterzuckerung zu bekommen. Dies kann im Gehirn zu Konzentrations-, Sprach- oder Sehstörungen, Schwindel und sogar zur Bewusstlosigkeit führen. Eine belastende Situation nicht nur für die 75-Jährige, sondern auch für ihre Enkelin Ines Deuerling.

Deshalb, so die Rentnerin, willigte sie auch ein, sich als Testperson für AAL zur Verfügung zu stellen. Das fiel ihr am Anfang nicht leicht, gesteht sie mit einem Schmunzeln. Denn: "Ich wollte es nicht wahrhaben, dass ich so etwas gebrauchen könnte!" Außerdem sei es auch mit einer gewissen Akzeptanz der Situation verbunden gewesen. "Man muss sich eingestehen, dass man eben nicht mehr die Jüngste und auch nicht mehr ganz gesund ist!"

Sensoren als Übermittler

Mittlerweile ist Elfriede Sattler erleichtert, so ein AAL zu haben. "Das gibt mir ein Gefühl der Sicherheit." An ihrem Kühlschrank, in ihrem Schlafzimmer und in ihrem Hausflur sind nun Sensoren angebracht. Im Schlafzimmer analysiert der Sensor sowohl Aktivitäten als auch Inaktivitäten. Es wird registriert, wenn sie nicht im Bett ist. Kehrt sie beispielsweise in der Nacht nach einem Toilettengang nicht zurück ins Bett, kann das auf einen Sturz hinweisen. Das System schlägt nach eingestellter Zeit Alarm. Sowohl beim Hausnotruf des BRKs als auch bei ihrer Enkelin gehen Notrufe ein. Ines Deuerling wird per Mail auf ihrem Smartphone benachrichtigt. Auch der offene Kühlschrank wird registriert. Die Sensoren geben zudem Rückschlüsse auf eine mögliche Krankheit. Der Sensor im Flur registriert die Daten, wenn Elfriede Sattler das Haus verlässt und wann sie zurückkommt.

Für Ines Deuerling ist AAL eine richtige Stütze. Sie könne sich besser auf ihren Job konzentrieren, denn sie weiß, dass sie beispielsweise bei einer Unterzuckerung oder bei einem Sturz benachrichtigt wird. Auf ihrer AAL-App werden auch Daten aufgezeigt, beispielsweise ob ihre Großmutter später als gewohnt aufgestanden und wann sie ins Bett zurückgekehrt ist. "Ich bin dank AAL und dieser App viel beruhigter - es ist ein gutes Gefühl!"

Wie der Hausnotrufbeauftragte Sven Schmidt bei einem Gespräch erklärte, bestand das Testsystem aus einer Basisstation, die die einzelnen Komponenten miteinander verbindet. Die Herstellung der Datenverbindung erfolgt über das Mobilfunknetz. Angebracht wurden bei Elfriede Stattler drei Sensoren sowie ein Rauchmelder mit automatischer Alarmfunktion

Gewohnheiten als Ausgangsbasis

Wie sein Kollege Wolfgang Stumpf erklärt, hat sich AAL die Sicherheit in den eigenen vier Wänden zum Ziel gesetzt. Die Systeme nehmen Gewohnheiten als Auswertungsbasis. Sie merken sich die Bewegungsabläufe sowie die Dauer an Aktionen und schlagen Alarm, wenn Daten von der Norm abweichen. Im Falle von Frau Stattler werden der Hausnotruf des BRKs sowie ihre Enkelin Ines Deuerling benachrichtigt. Die Möglichkeiten mit AAL seien vielseitig und können individuell angepasst werden. Beispielsweise kann ein Sensor Blut- und Zuckerwerte erfassen. In der Küche können Herdabschaltesysteme das Überhitzen von Herdplatten verhindern.

Wolfgang Stumpf und sein Kollege Sven Schmidt sind überzeugt, AAL wird in die Wohnungen und Häusern von hilfsbedürftigen Menschen einziehen. Denn die Leute werden älter und sie wollen so lange als möglich in ihren eigenen Wänden bleiben. Die Angehörigen werden entlastet und eine gewisse Selbstständigkeit wird bewahrt. Je besser man den Alltag einer Person erfasst, desto besser kann das Assistenzsystem darauf abgestimmt werden.

Wolfgang Stumpf versteht AAL als eine Erweiterung des Hausnotrufsystems. AAL ist auf einfache Bedienung fokussiert und verfolgt das Ziel, eingeschränkte Mobilität, Vergesslichkeit oder schlechte Erreichbarkeit auszugleichen. Er weist zudem auf die steigende Zahl von Demenzerkrankten hin. Auch hier kann AAL die Pflegenden unterstützen. Das System kann Alarm auslösen, wenn die Demenzkranken den sicheren Bereich der Wohnung oder des Hauses verlassen.

Sowohl Wolfgang Stumpf als auch Sven Schmidt halten fest, dass AAL keineswegs die persönliche Betreuung ersetzt, aber das System könne sehr unterstützend wirken. Was die Kosten betrifft, so spricht Wolfgang Stumpf von einem Betrag ab 50 Euro monatlich. Zuschüsse können gewährt werden. Nähere Infos unter Telefon 09261/6072-140.