Tanzdemo soll Druck machen
Autor: Julian Megerle
Bamberg, Montag, 24. Februar 2020
Für mehr Raum und eine stärkere Förderung der freien Kulturszene in Bamberg gingen Hunderte auf die Straße.
Samstagnachmittag in der Bamberger Innenstadt. Menschen zwischen Wochenendeinkauf und gemütlichem Schlendern durch die Stadt. Wer gedacht hat, das werde ein ruhiger Gang durch die Stadt, wurde eines Besseren belehrt: Als der Lautsprecherwagen mit zwei Meter hohen Boxentürmen und goldener Diskokugel um die Ecke biegt, bringen die Technoklänge den Maxplatz mit Macht zum Beben.
Aber das ist kein Karneval. Dafür ist die Lage zu ernst: "Es wird Zeit, dass die Kultur in Bamberg so unterstützt wird, wie es einer Weltkulturerbestadt würdig ist", fordert Renate Schlipf vor den rund 400 Menschen, welche sich der Tanzdemo unter dem Motto "Kultur braucht Raum" angeschlossen haben.
Schlipf ist Teil des Orgateams des Kontakt-Festivals und bemängelt, dass sich seit der letzten großen Kulturdemo vor der Stadtratswahl 2014 der Aufruf zur Demo kaum verändert habe. Zu viele Forderungen blieben seither unerfüllt. "Dabei haben wir mit unserem Festival mehrfach bewiesen, dass wir Zwischennutzungen im Leerstand realisieren können", ergänzt ihr Teamkollege Michael Schmitt. Seit 2014 warte man noch immer auf ein solides Kulturentwicklungskonzept vonseiten der Stadt.
"Selektives Kulturverständnis"
Aber was wäre eine Kulturdemo ohne Kulturbeiträge? Der Startpunkt der ganzen Geschichte begann deshalb mit Trommelwirbel, Rasselklängen und schnellen Rhythmen vor der ehemaligen Spielstätte an der Alten Seilerei. Die Gruppe "Ramba Zamba" von "Kultur für Alle" der Lebenshilfe Bamberg heizte der Versammlung ordentlich ein. Hans-Günther Brünker von der Interessensgemeinschaft Freie Darstellende Künste warf der Stadtpolitik ein "selektives Kulturverständnis" vor: Während das ETA-Hoffmann-Theater das Hundertfache an Förderungen der freien Szene erhalte, würden die Profis auf den kleinen Bühnen das doppelte Publikum anziehen. Kultur brauche Geld, Räume und Wertschätzung fordert der Schauspieler.
Mit Minimal und Techno von DJ Klabautermann und dem Rauschkollektiv im Gepäck zog die Demo gemütlich durch die Siechenstraße und Königstraße, um vor dem ehemaligen Morph Club haltzumachen. Dort konnte der Zauberer Pascal Thieme den Laden, dessen Schließung 2014 von vielen bedauert worden war, beim besten Willen nicht wieder zum Leben erwecken. "Früher waren viele von euch hier tanzen: Wo geht ihr jetzt hin?" fragt Michael Schmitt, der selbst als DJ auflegt, die Menge: "Auf die Straße!" rufen die Leute zurück.
Neue Lebenszeichen kommen jedoch von der kulturellen Nutzung der Lagarde-Kaserne: "Jetzt, da die Tiefgarage nun doch vom Tisch ist, könnte die Zwischennutzung bereits 2021 stattfinden", schildert Matthias Schnapp vom Verein Kulturquartier Lagarde die neue Situation. Dennoch müsse die Parksituation dort geklärt werden. "Wir dürfen uns hier von der Politik nicht übers Ohr hauen lassen", findet Schnapp.
Für Maximilian Mende ist es ein Kernanliegen, einen Ersatz für das sogenannte "House of Music" zu finden, welches zahlreiche Proberäume für Bands beherbergte. Der Veranstalter verhandelt mit der Stadt seit längerem. Den Demogästen stellt er zwei Optionen zur Wahl: Entweder die Bands legen mehr drauf, um die geplanten Räumlichkeiten nutzbar zu machen. Oder aber die Musiker steigen selbst in die Politik ein und machen Lobbyarbeit für mehr Förderungen. Letztere Idee wird offensichtlich mit ordentlich Beifall und Zurufen für besser befunden. So geht direkte Demokratie.