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Täglich blitzt die Polizei


Autor: Friederike Stark

LKR Haßberge, Freitag, 20. Januar 2017

Seit 60 Jahren tappen Raser in Radarfallen. Im Kreis Haßberge blitzt die Polizei täglich - und hört so manch interessante Ausrede von Temposündern.


Friederike Stark

Es gibt Situationen, da sind auch die strengsten Beamten nachsichtiger. "Wenn auf der Rückbank ein Baby brüllt und das ältere Geschwisterkind nur nörgelt, da hat man schon mal mehr Verständnis für die Geschwindigkeitsüberschreitung", sagt Stefan Scherrer von der Polizeiinspektion Haßfurt. Bußgeld wird trotzdem fällig. "Ohne Verwarnung können wir die gestressten Eltern trotzdem nicht weiterfahren lassen", erklärt Scherrer. Man lasse nur bei der Höhe des Bußgeldes mit sich reden.
Und dann gibt es da noch die anderen Situationen. In denen die Beamten schwer staunen müssen, wie Polizeihauptkommissar Bernhard Meyer, stellvertretender Leiter der Verkehrspolizei Schweinfurt-Werneck, schildert: Etwa, wenn der geblitzte Autofahrer nervös auf die Messbeamten zukommt und unbedingt verhindern will, dass die Anhörung und der Bußgeldbescheid samt Beweisfoto an die Heimatadresse geschickt werden. Denn sonst könnte die Ehefrau ja die schöne Unbekannte auf dem Beifahrersitz des Autos entdecken - und die Geschwindigkeitsüberschreitung wäre das geringste Problem des (Tempo)-Sünders.


Technik erlaubt keine Ausreden

Seit 60 Jahren blitzt es auf deutschen Straßen. Als Stichtag der ersten Radarkontrolle gilt mutmaßlich der 21. Januar 1957. Die Verkehrspolizei Schweinfurt, die unter anderem für die Verkehrsüberwachung in der ganzen Region Main-Rhön und damit auch im Kreis Haßberge zuständig ist, verfügt etwa seit 1960 über Messgeräte. Zunächst verwendeten die Beamten, erklärt Meyer, herkömmliche Radargeräte und Beweisfotos, die in Form von Nassfilmen entstanden und in einem speziellen Fotolabor bearbeitet wurden. Nun aber hat die Digitalisierung Einzug gehalten. "Seit etwa zehn Jahren werden für die Geschwindigkeitsmessung Messgeräte mit Lasertechnik verwendet", erklärt Meyer. Der Messbeamte könne so schon im Augenblick der Messung die Bildqualität der Beweisfotos überprüfen.
Die Polizeiinspektionen vor Ort hingegen verwenden keine Großgeräte. "Hier bei der Polizei in Haßfurt blitzen wir mit Laserpistolen", erläutert Stefan Scherrer, der übrigens selbst auch schon das eine oder andere Mal "erwischt" wurde. "Aber Punkte habe ich dafür keine", merkt er an.


380 Messungen im Landkreis

Insgesamt fanden zuletzt jährlich in der Region Main-Rhön 1344 Geschwindigkeitsmessungen mit 31 598 Verstößen statt. Im Kreis Haßberge wurden 380 Messungen - jeden Tag mindestens eine - angesetzt. Vor ein paar Jahren wurden die Messgeräte vor allem an Unfallschwerpunkten und an Standorten aufgestellt, an denen die Geschwindigkeitsüberschreitungen wiederholt als Unfallursache festgestellt wurden. Heute weiß man aufgrund einer Studie der Universität Köln (PopKo-Studie), wie Meyer erklärt, "dass durch wiederholt an gleicher Stelle durchgeführte Geschwindigkeitsmessungen langfristig das Geschwindigkeitsverhalten der Kraftfahrzeugführer verändert und damit die Anzahl der Verkehrsunfälle deutlich reduziert werden kann."
Übrigens: Der "Raser des Jahres 2016" erlangte auf der Bundesstraße 303 zwischen Coburg und Schweinfurt diesen zweifelhaften Titel. Er fuhr, wie Polizeihauptkommissar Meyer mitteilt, bei erlaubten 100 Stundenkilometer sagenhafte 206 Stundenkilometer. Eine Überschreitung, die kaum zu fassen ist.
"Mich ärgert es dann richtig, wenn einer sagt: ,Ich hab' es doch so eilig‘", sagt Scherrer. Denn genau dann werde ein Autofahrer zur Gefahr, wenn er unter Druck ist und sich nicht richtig konzentriert. Und schließlich sei zu schnelles Fahren noch immer die Unfallursache Nummer Eins in Deutschland ist, sagt er.