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Stück frühes Forchheim gefunden


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Montag, 03. Sept. 2018

Am Streckerplatz, wo seit Juli der neue Sitzungssaal des Landratsamtes hochgezogen werden sollte, sind Funde aus dem frühen Mittelalter aufgetaucht. Die Archäologen sprechen von einer sensationellen Entdeckung.


ekkehard Roepert Forchheim — Ein neues Stück Forchheim muss warten, weil ein altes Stück Forchheim gerade aus dem Boden auftaucht: Auf dem 30 mal 15 Meter großen Areal neben dem Landratsamt war seit April das Fundament für den neuen Sitzungssaal gelegt worden. Dabei brachten die Kanal-Arbeiten Sandsteinmauern zum Vorschein, die das Herz der Archäologen höher schlagen lassen.

Seitdem ruhen die Bauarbeiten für den neuen Sitzungssaal. Pflichtgemäß habe der Bauherr, der Landkreis Forchheim, eine archäologische Grabungsfirma beauftragt, sagt Holger Strehl, Pressesprecher am Landratsamt Forchheim.

Vermutung bestätigt

Die Vermutung, dass neben dem Landratsamt mittelalterliche Siedlungsreste entdeckt werden könnten, habe es schon längere Zeit gegeben, sagt Archäologin Maria Messingschlager, die Grabungsleiterin der Firma Reve aus Bamberg. Denn seit die Archäologen beim Kloster St. Anton fündig geworden waren, lag es nahe, dass Forchheim auch auf der anderen Seite der Wiesent schon sehr früh besiedelt gewesen sein könnte. Die neue Fundstelle liegt nur rund hundert Meter Luftlinie vom ehemaligen Kloster St. Anton entfernt.

Aktuell sind die sechs Mitarbeiter der Bamberger Grabungsfirma etwa ein Meter tief in die Erde eingedrungen. Bis zu 2,50 Meter tief werden sie gehen, sagt Maria Messingschlager. Direkt unter der Erdoberfläche war nur störendes Material gefunden worden, Keller aus den 60er Jahren zum Beispiel. Darunter aber lag eine spätmittelalterliche Schicht, in der Pfostenlöcher auf eine landwirtschaftliche Nutzung im 13. bis 15. Jahrhundert hinwiesen. Und noch eine Schicht tiefer sei man nun im "roten Sand" angekommen, erklärt die Grabungsleiterin. Sie zeigt eine Keramikscherbe und ordnet sie dem frühen 9. Jahrhundert zu.

"Sensationell ist das schon", sagt Ivonne Weiler-Rahnfeld. Sie ist beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in Bamberg als Gebietsreferentin für die Stadt Forchheim tätig. "Jetzt können wir die frühe Besiedlung von Forchheim genauer fassen", urteilt Weiler-Rahnfeld. "Das bringt sehr viel für die Stadtgeschichte von Forchheim, denn die Ausdehnung wird deutlicher mit jedem kleinen Puzzlestück, das wir finden." Die Keramikscherben mit dem Wellenband-Muster stammten von Kochtöpfen, sagt Weiler-Rahnfeld. Möglicherweise seien die Fragmente sogar dem sechsten oder siebten Jahrhundert zuzuordnen.

Insgesamt sind es 200 Befunde, die die Archäologen in den nächsten Wochen zu erforschen haben. Das Bamberger Team (bestehend aus Archäologen und Studenten) von Maria Messingschlager wird an jenen Stellen graben, wo der Boden dunkel verfärbt ist. Metall-Spicker und rote Kreise markieren die verheißungsvollen Stellen. Unabhängig davon, was hier noch gefunden wird, steht für Maria Messingschlager bereits fest: "Wir haben ein Stück frühes Forchheim gefunden, das außerhalb der mittelalterlichen Stadtbefestigung liegt."

Neben Keramikscherben wurde Metall entdeckt, das auf ein Hufeisen hindeutet; und Tierknochen - allesamt Hinweise auf "Siedlungsabfall", sagt Maria Messingschlager.

Während die Scherben in Bamberg gewaschen und dokumentiert werden, muss sich der Bauherr in Forchheim gedulden: Frühestens im Oktober kann der Sitzungssaal des Landratsamtes weitergebaut werden. "Die Gewerke sind schon bestellt", sagt Pressesprecher Holger Strehl, "wie sich die vierteljährige Verschiebung des Baus finanziell auswirkt, kann man noch nicht sagen."