StUB als eine "riesige Zukunftschance"
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Herzogenaurach, Mittwoch, 02. März 2016
Am Sonntag stimmen die Bürger in Erlangen über eine Stadtumlandbahn ab. Der Ausgang dieses Entscheids wirkt sich auf die Planungen der Stadt Herzogenaurach aus. Bürgermeister German Hacker (SPD) gibt sich "zart optimistisch", dass die StUB nicht abgelehnt wird.
Am Sonntag steht ein weiterer Bürgerentscheid zur Stadtumlandbahn (StUB) an. Jetzt sind die Erlanger gefragt, ob eine solche Schienenverbindung aus ihrer Sicht sinnvoll wäre oder nicht. Diese Entscheidung hat auch ihre Auswirkungen auf Herzogenaurach. Denn ohne Erlangen wäre die Bereitschaft der Stadt Herzogenaurach, auf eigenem Gebiet eine Bahn zu finanzieren, wohl ausgebremst. Wir haben Bürgermeister German Hacker (SPD) zum Thema befragt.
Welche Bedeutung hat der Ausgang des Bürgerentscheids in Erlangen für die Zukunft der Schiene in der Metropolregion Nürnberg im Allgemeinen und auf den öffentlichen Nahverkehr im Raum Erlangen im Besonderen?
German Hacker: Die Bedeutung ist erheblich. Mit einer Ablehnung der StUB würde man alle Chancen auf eine langfristig substanzielle Verbesserung unserer regionalen Verkehrssituation verschenken.
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Mit einem Ergebnis "pro StUB" würde man sich diese riesige Zukunftschance auf eine zusätzliche ÖPNV-Achse, die bruchfrei an den Nürnberger Norden (Nbg.-Wegfeld) anschließt, erhalten.
Nehmen wir an, die Erlanger Bürger sprechen sich am Sonntag gegen die StUB aus. Was würde das für Herzogenaurach und die weiteren Planungen der Stadt in Sachen ÖPNV bedeuten?
Wie schon vor einem Jahr immer wieder betont, arbeiten wir ja - unabhängig von jedem Entscheid - bereits an der Optimierung und Erweiterung unseres Bussystems für Herzogenaurach bzw. den ganzen Landkreis in Abstimmung mit Erlangen. Im Fall einer Ablehnung des Zweckverbands würde das, was im Bereich Herzogenaurach eine Übergangslösung für die Zeit "bis zur StUB" sein könnte, dann zwangsläufig erst einmal die Dauerlösung.
Das Projekt StUB wäre leider auf unabsehbare Zeit hin "auf Eis" und der bereits im Bau befindliche Teil der StUB, der aus Nürnberg ja bereits bis Nbg.-Wegfeld in Richtung Erlangen führt, wäre auf ebenso unabsehbare Zeit der Endhalt für dieses moderne und leistungsfähige Verkehrsmittel.
Ich halte dieses Szenario für einen überaus derben Rückschlag für die Zukunftsfähigkeit unseres Großraums. Genau diese Zukunftsfähigkeit in einer globalisierten Welt ist ja eines der Hauptargumente von Siemens, Universität, IHK und vieler anderer Unternehmen und Institutionen.
Und was bedeutet es für Herzogenaurach, wenn die Erlanger für die Stadtumlandbahn und damit gegen den Bürgerentscheid stimmen würden?
Dieser Ausgang ist natürlich mein Wunsch und meine Hoffnung.
Im positiven Fall eines mehrheitlichen "Nein" beim Bürgerentscheid würde es direkt danach an die Gründung des bereits vorbereiteten Zweckverbands gehen, sodass dieser noch in diesem Jahr, z. B. zum 1. Juli 2016, gegründet werden und seine Arbeit aufnehmen kann. Die drei beteiligten Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach haben sich bereits auf eine Zweckverbandssatzung geeinigt. Dann beginnt die Planung mit allen nötigen detaillierten Abstimmungsprozessen vor Ort (Leistungsphasen 1 bis 4), um die Ausführungsplanung inkl. aktueller Kostenberechnung zu erhalten.
Selbstverständlich muss vor einer endgültigen Investitionsentscheidung dann die gesamte Kosten- und Fördersituation nochmals auf den Prüfstand. Für den Zweckverband wurde daher auch das Einstimmigkeitsprinzip gewählt. Es kann stets nur gemeinsam weitergehen. Insofern hat jeder Partner die Sicherheit, ggf.
auch "Stopp" sagen zu können, wonach es aber derzeit absolut nicht aussieht, im Gegenteil.
Wie beurteilen Sie die Situation in und für Erlangen selbst? Neben vielen Politikern hat sich ja auch Siemens klar pro StUB positioniert. Die Gegner hingegen fürchten die Kosten und sehen zu wenig Nutzen.
Man kann weder Erlangen von der Region isoliert betrachten noch umgekehrt. Es gibt den schönen und leider sehr richtigen Satz: "Wir gewinnen als Region oder verlieren alleine." Das drückt es sehr gut aus, es ist immer und zwingend eine regionale Sichtweise nötig.
Menschen wohnen in der Region um Erlangen und arbeiten dort und umgekehrt, eben z. B. bei Arbeitgebern in Herzogenaurach oder Nürnberg. Unser Straßensystem ist kaum mehr erweiterbar und heute schon überlastet. Die Straßenbaustellen der kommenden Jahre werden für echte Probleme sorgen.
Wir brauchen eine langfristige Verbesserung der gesamten verkehrlichen Situation mit einem zusätzlichen ÖPNV-System abseits der Straßen.
Hier weise ich gerne darauf hin, dass ein optimiertes Bussystem deshalb optimiert heißt, weil damit eben "alles rausgeholt wird, was ein solches System schafft". Mehr geht dann damit nicht mehr, von Qualität gar nicht zu sprechen. Eine ÖPNV-Hauptachse mit StUB, stets in Kombination mit einem flächendeckenden Bussystem, die Nürnberg ja schon fast "vor die Haustür Erlangens baut", geht heute selbst bei konservativer Schätzung bei den Nutzerzahlen schon deutlich darüber hinaus und bietet zusätzlich erhebliches Wachstumspotenzial.
Wir müssen einfach weiter in die Zukunft denken. Es geht nicht um die nächsten fünf Jahre, sondern um 15, 25 und weit mehr Jahre und Jahrzehnte.
Dafür müssen jetzt - im wahrsten Sinne des Wortes - die Weichen gestellt werden.
Natürlich sind die Kosten zu beachten, alles andere wäre ja naiv. Aber die Erfahrungen andernorts sprechen klar für die Finanzierbarkeit und die Sinnhaftigkeit und die letzte Prüfung der Kosten von Schlüsselbauwerken von 2015 hat die Kostenschätzung ja bestätigt und im Gutachten von November 2015 wurde dementsprechend der gute Nutzen-Kostenfaktor von 1,10 bestätigt.
Sie sind ja der Verfechter für eine StUB im Landkreis schlechthin. Nennen Sie bitte kurz die drei wichtigsten Vorteile einer solchen Lösung.
1. ÖPNV wird überall dort besonders gut angenommen, wo er umsteigefrei und mit hoher Qualität für den Fahrgast funktioniert.
Nur ein modernes Straßenbahnsystem wie die StUB würde uns und Erlangen umsteigefrei über den Norden an Nürnberg - dort ist ja die StUB bereits - anbinden und das Qualitätsmerkmal "fährt wie auf Schienen" kommt ja nicht von ungefähr.
Ein Schienensystem hat beim Fahrkomfort und der Verlässlichkeit klar die Nase vorne und damit einen weitaus höheren Nutzerzuspruch. By the way: Es können viel leichter Fahrräder mitgeführt werden.
2. Die wirtschaftliche Bedeutung der Standorte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach im Kern der Metropolregion kann man gar nicht oft genug betonen: Siemens, Schaeffler, Adidas, Puma, Universität, Hochschule, Forschungsinstitute... Wir müssen u. a.
gegenüber tausenden von oft jungen und hoch qualifizierten Mitarbeitern aus aller Welt (die an vielen Stellen in der Welt arbeiten könnten...) schon argumentieren, warum sie zu uns kommen sollten und nicht woanders hingehen. Für diese jüngeren Generationen ist es geradezu selbstverständlich, einen sehr guten, verlässlichen ÖPNV zu nutzen und auf dem Weg zur/von der Arbeit bereits per Telefon, E-Mail etc. kommunizieren zu können.
Alle haben dafür ja längst ein Smartphone. Da wir als Region global konkurrieren, müssen wir auch global denken, wenn wir die besten Köpfe für uns gewinnen möchten. Die Konkurrenzregionen in Deutschland, Europa und der Welt haben dies längst erkannt und dichte Netze von hervorragenden, leistungsfähigen ÖPNV-Schienensystemen geschaffen. Diesen Standortfaktor müssen wir aus meiner Sicht zwingend angemessen abbilden, um zukunftsfähig zu sein.
3.
Ein schienengebundenes System bietet ein Vielfaches mehr an Entwicklungschancen entlang der Trasse, auch in etwas größerer Entfernung davon, weil eine solche Trasse eben eine "strukturgebende Achse" ist. Dort, wo sie läuft, hat jeder die Sicherheit, dass sie dies auch noch in 50 oder 100 Jahren ist. Dementsprechend langfristige positive Entwicklungen und erhebliche Wertsteigerungen für bestehende Gebiete löst es aus.
Was ist ihre persönliche Prognose für den Sonntag?
Ich bin "zart optimistisch", dass eine Mehrheit mit "Nein", also "pro StUB" stimmt. Das Ziel der Wahrung der langfristigen Zukunftschancen unserer hoch-innovativen Wirtschaftsregion mit einer qualitativ hochwertigen Elektromobilitätslösung auf einer neuen ÖPNV-Hauptachse wird am Ende überzeugen.
Das Gespräch führte
Bernhard Panzer