Steuern gegen kommende Krisen
Autor: Redaktion
Coburg, Dienstag, 03. Dezember 2019
Die Wirtschaft läuft gut - noch. Aber die negativen Zeichen häufen sich - und Regiomed ist schon in den roten Zahlen. Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke rechnet aber damit, dass es wieder aufwärts geht.
Es begann mit Brose - schon 2018. Damals hieß es noch, das Coburger Sitzverstellungswerk sei im Vergleich mit den anderen Sitze-Standorten von Brose zu teuer. Aber im Jahr 2019 begann die Fahrzeugindustrie insgesamt deutlich zu schwächeln - und weniger Autos bedeuten auch weniger Sitzverstellungen und Fensterheber. Hinzu kommt der Kostendruck: Mit Hilfe des Programms "Future Brose" will das Unternehmen Kosten senken und effizienter werden. Vorgestellt wurde das Programm im Juli, zum 100. Firmenjubiläum. Im Oktober folgte die Mitteilung, dass das alles offenbar nicht reicht: 2000 Stellen müssten deutschlandweit abgebaut werden; Entlassungen wolle man vermeiden. Wenige Tage später kündigte Brose den Bau eines neuen Werks in Serbien an: eine Investition über 180 Millionen Euro, 1100 neue Arbeitsplätze.
Bei anderen geht es nur ums Schrumpfen: Im Juli überraschte der Kunststoff-Verarbeiter Gaudlitz mit der Ankündigung eines Stellenabbaus. Im Herbst ging es dann schon um einen Sozialplan, doch die Verhandlungen zogen sich hin. Bis zu 100 der rund 260 Stellen müssten abgebaut werden, hieß es.
Das größte politische und wirtschaftliche Sorgenkind war 2019 jedoch Regiomed. Wann die negative Entwicklung einsetzte, lässt sich nicht genau feststellen, Tatsache ist jedoch, dass die Folgen im Herbst 2018 nicht mehr zu übersehen waren: Da hatte der bisherige Hauptgeschäftsführer Joachim Bovelet das kommunale Unternehmen schon verlassen; sein Nachfolger Alexander Schmidtke war noch gar nicht auf dem Posten (erst ab 1. Juni 2019), musste aber schon mit der Aufklärungs- und Sanierungsarbeit beginnen.
Immerhin sah Schmidtke schon im März ein Kostensenkungspotenzial von rund 30 Millionen Euro. Gespart werden könne bei Beratungskosten und im Einkauf. Freilich lasse sich nicht alles sofort verwirklichen. Hinzu kam die Frage, wie es soweit kommen konnte: Ein "Kontrollgremium" wurde eingesetzt, das die wesentlichen Geschäftsvorgänge der vergangenen Jahre durchleuchten sollte - und danach eine spezialisierte Anwaltskanzlei, die einige Vorgänge darauf abprüfen sollte, ob da von strafbaren Handlungen auszugehen sei.
Regiomed gehört den drei Landkreisen Lichtenfels, Hildburghausen und Sonneberg sowie dem Krankenhauszweckverband Coburg, der wiederum Stadt und Landkreis Coburg als Gesellschafter hat. In der Gesellschafterversammlung sitzen die Bürgermeister und Landräte sowie Kreistagsmitglieder, für jeden Gesellschafter zwei Vertreter. Die Mitglieder der Gesellschafterversammlung sitzen auch im Aufsichtsrat. Kommunalpolitiker wie Hans-Heinrich Eidt (Stadtrat, FDP) und Martin Lücke (Stadtrat, SPD, und Betriebsratsvorsitzender im Klinikum Coburg) fordern deshalb eine Reform des Aufsichtsrats. Denn irgendwer muss ja zugelassen haben, dass Regiomed in Schieflage geriet.
Das ganze Ausmaß der Schieflage zeigt sich im Sommer: Da wird fürs laufende Jahr ein Verlust von knapp 15 Millionen Euro prognostiziert; der Jahresverlust 2018 beträgt nun 25 Millionen Euro. Für 2019 steht die Prognose bei einem Minus von zehn Millionen Euro; 2020 soll das Minus nur noch bei fünf Millionen Euro liegen. Der Fünfjahresplan sieht vor, dass Regiomed 2023 wieder schwarze Zahlen schreibt.
Aber erst einmal braucht der Klinikkonzern den Beistand seiner Gesellschafter: Um die Zahlungsfähigkeit zu sichern, stellen die Gesellschafter insgesamt 30 Millionen Euro an Kassenkrediten zur Verfügung, rückzahlbar am 31. Dezember, und wieder ausgezahlt Anfang Januar 2020. Mit diesen 30 Millionen Euro Kassenkredit sei Regiomed nach heutigem Kenntnisstand für die Zeit der Sanierung durchfinanziert, teilte die Hauptgeschäftsführung mit. sb