Stehaufmännchen der Bierbranche
Autor: Redaktion
Kulmbach, Freitag, 16. Juni 2017
Die Kulmbacher Mönchshofbräu in der Blaich hat eine äußerst wechselhafte Geschichte hinter sich.
Sie war sogar einmal Kulmbachs größte Brauerei: die Mönchshofbräu. In den Jahren 1956 bis 1964 avancierte sie zum Spitzenreiter unter den einheimischen Großbrauereien und in der Reihenfolge noch vor Reichel und EKU. 1963 überschritt sie als erste die magische Grenze von 200 000 Hektolitern.
Aber die Größenverhältnisse sollten sich bald ändern. Die Chefetagen in der Kulmbacher Brauwelt wurden neu besetzt. Die Führungskräfte kamen mit neuen Konzepten und Ideen. Den Anfang machte die EKU mit Eribert Kattein im Dezember 1960. Gert Langer trat am 20. März 1972 in der Reichelbräu seinen Vorstandsposten an. Und selbst bei der Sandler gab es ein Stühlerücken nach der Übernahme durch die Oetkergruppe.
In der Mönchshof herrschte keine Notwendigkeit für eine Verjüngung. Die Patriarchen, Mehrheitsgesellschafter Franz Erich Meußdoerffer und Teilhaber Toni Wiedenhöfer, saßen fest auf ihrem Thron.
Die Zeit der Umbruchs
Die 1960er und 70er Jahre waren die Zeit des Umbruchs und der Brauereiübernahmen. Gert Langer setzte auf diese Schiene. In seiner Dienstzeit konnte er 34 Braubetriebe oder deren Kundschaft in seine Reichel einverleiben, einschließlich des Brockens Sandler. Auch die EKU war nicht untätig, sie schaffte mit dem Brauhaus Amberg und Deininger Hof zwei stattliche Betriebe. Daneben setzte sie ihr Heil erfolgreich auf den neu entstehenden Markt für Flaschenbier. Und die Mönchshof? Bis zu ihrer Verschmelzung schafften die Verkaufsstrategen gerade mal drei Übernahmen: die Schübelbräu in Schwarzenbach/Saale, die Löwenbräu in Sonnefeld und die Hammerbräu in Vilseck.
Was die Ausstoßzahlen angeht, waren EKU und Reichel längst vorbeigezogen, um Meilen. Dass es im Mönchshof-Gefüge leichte Risse gab, merkten Branchenkenner spätestens 1979 - und waren überrascht. Die Oetkergruppe mit der Sandlerbräu schickte sich an, die benachbarte Mönchshof zu übernehmen. Vielversprechende Verhandlungen wurden aber abrupt abgebrochen. Die Sandler kam zur Reichel.
Wäre nun nicht auch mal die EKU an der Reihe gewesen, eine Brauerei in der Bierstadt zu übernehmen? Die Mönchshof? Langer musste ja erst einmal die schwierige Sandlerübernahme in trockene Tücher packen. Ja, der EKU-Obere Carl Reischach traf sich mit Franz Meußdoerffer zum Skifahren in der Schweiz. Und die Hypo-Gruppe, mit über 50 Prozent Mehrheitsaktionär bei der Reichel, signalisierte beim Verkauf ihrer Aktien an März in Rosenheim, dass die EKU bei einem Kauf der Mönchshof den Vorrang erhalten sollte. Das war's.
Als die Reichelbräu im Sommer 1983 die Übernahme der Sandlerbräu einigermaßen finanziell und organisatorisch bewältigt hatte, schritt Langer zur Tat. Er kontaktierte Franz Meußdoerffer. Bald kam es zu ersten Treffen; wegen der Brisanz zunächst in München und später mehrmals in Sparneck. 1984 kam es zur Einigung. Franz Meußdoerffer wollte kein Geld. Er strebte durch die Einbringung der Mönchshof in die Reichelgruppe einen Anteilstausch an. Die Reichelbräu übernahm 75 Prozent der Mönchshofanteile und Meußdoerffer erhielt ein 25-prozentiges Aktienpaket der Reichel. Dies bedeutete auch gleichzeitig einen Sitz im Aufsichtsrat und für seinen Schwiegersohn Wolf-Dieter von Schau einen Vorstandsposten in der Übernahmebrauerei. Ausgerechnet zum Bierfest wurde der Kontrakt unterzeichnet - in München. Am 20. August 1984 wurde der Presse in die "Stadtschänke" der Zusammenschluss per 1. Oktober bekannt gemacht. Die Bombe konnte platzen. "Reichel und Mönchshof rücken zusammen", hieß es in der Tagespresse.
Und Reischach? Eben erst aus dem Urlaub zurück, verschlug es ihm zunächst die Sprache. Der smarte EKU-Vorstand hatte wieder das Nachsehen. EKU hatte nicht einmal die Gelegenheit erhalten, ein Angebot abzugeben.
Der "Kulmbacher Bierkrieg"
Während Reischach bei der Übernahme der Sandlerbräu noch gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatte, platzte ihm nun der Kragen. Aber gewaltig! In der Folge kam es zum "Kulmbacher Bierkrieg". Hatte nun auch die Mönchshofbräu mit dem besten Betriebsklima aller Kulmbacher Brauereien ausgedient, wie ehedem auch die Sandler? Natürlich nicht. Aber es sollte sich vieles ändern. Die Verwaltung wurde zusammengelegt. Die Personalausdünnung hielt sich in Grenzen. Die großen Kupferkessel hörten auf zu kochen. Sie sind heute im Brauereimuseum integriert. Natürlich kam auch die Flaschenabfüllung zum neuen Eigentümer. Die Gär- und Lagertanks wurden abmontiert. Identische Biersorten erhielten ein einheitliches Etikett.
Auch in der Bierbranche ändern sich die Zeiten. Selbst die großen Fernsehbrauereien mit ihren Mono-Pilsmarken mussten ihr Sortiment ausweiten. Das galt auch für Kulmbach. Da das neue "Kulmbacher" nicht alle Erwartungen erfüllen konnte, wurde die Bügelverschlussflasche eingeführt. Was lag da näher, als sich mit der altehrwürdigen Bezeichnung "Mönchshof" zu schmücken. Heute rauschen die Bügelverschlussflaschen durch moderne Abfüllanlagen in der Mittelau. Mönchshof lebt weiter. Nicht die Brauerei, aber der Name. Und wie!