Druckartikel: Stau führt zum Beinahe-Kollaps

Stau führt zum Beinahe-Kollaps


Autor: Veronika Schadeck

Steinbach am Wald, Donnerstag, 10. Januar 2019

Durch die Anlieferung großer Mengen Altglas bei Wiegand-Glas kam der Verkehr in Steinbach am Wald fast zum Erliegen. Die Witterung steigerte die Probleme auf der Straße noch zusätzlich.
Nur mithilfe der Feuerwehr gelang es, den Verkehr in Steinbach am Wald nach und nach durch die Engstelle Kreisverkehr zu schleusen. Foto: privat


Veronika Schadeck "Wenn man nicht unbedingt nach Steinbach muss, dann soll man es lassen", so bringt es Yvonne Neubauer am Donnerstag auf dem Punkt. Sie ist in der Zweigstelle der Confiserie Burg Lauenstein im Schützenhaus beschäftigt, also direkt am Kreisverkehr an der Wasserscheide. "Es ist elf Uhr und kein einziger Kunde war da", berichtet Neubauer. Sie wohnt seit vielen Jahren in unmittelbarer Nähe der Rennsteigstraße, die auch als Zufahrt zum Gelände des Behälterglasherstellers Wiegand-Glas dient. "So eine Situation war noch nie da!"

"Ich trage das Ganze noch mit Fassung - aber so etwas darf nicht passieren", betont der Inhaber des "Supermarkts für Generationen", Matthias Börschel. Er spricht von rund 50 Prozent weniger Kunden, die seit dem Stau am Mittwoch in seinem Markt ihre Einkäufe erledigen. Zudem konnte die Post nicht abgeholt werden. Obst, Gemüse und Fleisch seien mit enormer Verspätung oder gar nicht geliefert worden. Sicherlich, so meint Börschel, sei Wiegand-Glas ein wichtiger Arbeitgeber für die Region - aber so etwas dürfe einfach nicht passieren.

"Die Leidtragenden sind die Anwohner", so Andreas Müller, der seinen Lebensmittelpunkt in der Rennsteigstraße hat. Auf dem Nachhauseweg habe er am Mittwochabend aus dem Radio gehört: "Es wird gebeten, das Gebiet weiträumig zu umfahren und unnötige Fahrten im Gemeindegebiet Steinbach am Wald zu vermeiden!"

Problem für Pendler

"Wie sollen Anwohner, die ihr Fahrzeug für ihren Arbeitsweg benötigen, das Auto stehen lassen?", fragt er. Er spricht davon, dass die Müllabfuhr und der Räumdienst in der Rennsteigstraße nicht fahren konnten. Auch der Schülerverkehr auf dem Weg zum Bahnhof sei eingeschränkt gewesen. Die Schüler hätten teilweise schon vor dem Bahnhof den Bus verlassen müssen.

Wenn schon riesige Mengen Altglas im alten Jahr eingekauft wurden und somit auch eine erhöhte Lkw-Anzahl zu verzeichnen ist, könne man von einem Global Player eine bessere Disposition bei der Anlieferung erwarten.

Müller weist darauf hin, dass der Rückstau vom Wiegand-Firmengelände in die Rennsteigstraße schon seit Langem bekannt sei. Und er fragt: "Warum hat man beim millionenschweren Fünf-Jahres-Investitionsplan des Unternehmens die Infrastruktur, die Verkehrsanbindung bei der steigenden Produktion, die Zunahme von Lkw oder die Logistikfolgen - die aufgrund der neu entstandenen Altglasaufbereitungsanlage entstanden sind - außer vor gelassen?"

Auch Matthias Börschel stellt die Frage: "Was ist mit einer weiteren Zufahrt zum Firmengelände?" Schon vor 30 Jahren sei dies ein Thema im Gemeinderat gewesen, erklärt er.

Ununterbrochenes Klingeln

Dass das Ganze zu einem Kollaps geführt hätte, wenn die Feuerwehren nicht zusammen mit der Polizei den Verkehr geregelt hätten, steht für den Kommandanten der Feuerwehr Steinbach am Wald, Christian Schulz, fest.

Während des Telefonats sind permanent weitere Anrufe auf der anderen Leitung im Hintergrund zu hören. Von Mittwochvormittag um 9 Uhr bis abends seien seine Leute bei Schnee und Kälte im Einsatz gewesen.

Und auch am Donnerstag ging es weiter. Unterstützt wurden die Aktiven von den Feuerwehren aus Hirschfeld, Windheim und Tettau. Zudem war auch das Technische Hilfswerk vertreten.

Wie Schulz erklärte, habe man versucht, durch Wechselverkehr rund um den Kreisel den Verkehr zu regeln. Aber es ging halt nur langsam voran. Staus gab es in allen Richtungen wie nach Ludwigsstadt, Tettau und Förtschendorf.

Die Einsatzkräfte haben sich einiges von erbosten Kraftfahrern anhören müssen, teilweise gab es auch Beschimpfungen. "Es geht nun aber nicht darum, Schuldige zu finden, sondern Lösungen."

Am Donnerstagmorgen fand wegen des Lkw-Staus in Steinbach am Wald eine Lagebesprechung statt. Daran beteiligt waren neben Landrat Klaus Löffler auch Vertreter der Gemeinde, des Staatlichen Bauamts und Verantwortliche von Wiegand-Glas. In der Pressemitteilung heißt es, "dass sich alle Beteiligten nach Kräften bemühen, die außergewöhnliche Situation aufgrund einer Vielzahl anliefernder und abfahrender Lkw zu managen und die Einschränkungen für die Verkehrsteilnehmer und Anwohner so gering als möglich zu halten".

Für die Geschäftsführung ist die Situation unangenehm. "Wir möchten uns bei der Bevölkerung entschuldigen", sagt Nikolaus Wiegand. Und er lobt: "Die Polizei und Feuerwehren machen einen guten Job. Ihnen und allen, die zur Entlastung der Situation beitragen, gebührt der Dank." Wiegand spricht davon, dass sich nicht zuletzt aufgrund der Feiertage Scherbenanlieferungen aufgestaut hätten. "Es ist ein Unterschied, ob der Heilige Abend auf einen Freitag oder Montag fällt!" Er weist darauf hin, dass nicht alle Lkw, die das Werksgelände anfahren, auch gemeldet seien.

Suche nach Alternativen

Hunderte Telefonate seien nun mit Spediteuren geführt worden, um die Situation zu entlasten. Es wurden Termine verschoben, die Anlieferung und Abfuhr so weit als möglich gestreckt. Weiterhin werden auch die Glaswerke in Thüringen verstärkt angefahren. Wiegand betont aber auch, dass die Riesenstaus - teilweise war von über 300 Lkw die Rede - auch durch den Wintereinbruch zustandegekommen seien.

Bürokratie-Stau

Nikolaus Wiegand spricht auch davon, dass das Unternehmen versucht habe, den Verkehr zu entlasten, beispielsweise durch eine Verlagerung der Anlieferung auf die Schiene. Auch sei eine weitere Zufahrt im Gespräch gewesen. Aber in Deutschland sei es nicht einfach, Vorhaben zu realisieren.