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Starkes Team auf dem Rückzug


Autor: Ramona Popp

Michelau, Freitag, 15. Januar 2016

Edwin und Edith Stark haben als Trainer und Organisatoren über Jahrzehnte den Turngau geprägt. Jetzt haben sie Aufgaben abgegeben. Die Turnerfamilie bleibt ihnen aber wichtig.
Erlebnisse aus ihrem sportlichen Engagement in Bildern festgehalten: Edwin und Edith Stark beim Blättern in einem Fotoalbum Foto: Ramona Popp


Es war eine fröhliche Turnvorführung, wie es viele in der Vorweihnachtszeit gibt. Doch in der Schneyer Turnhalle klang an, dass das Ehepaar Edwin und Edith Stark ans Aufhören denkt. Über 50 Jahre waren die beiden eine verlässliche Größe im Turngau, als Fachwarte und Trainer. Sie hatten zeitweise bis zu vier Mannschaften unter ihren Fittichen, erst in Michelau, dann in Oberwallenstadt und zuletzt in Schney. Sie bauten Talente auf, es ging um Leistung und Titel, wie sie sie auch selbst in jungen Jahren angestrebt hatten. Edwin Stark, aus Lichtenfels stammend, hatte als Achtjähriger bei der TS mit dem Turnen begonnen. Edith, eine geborene Knorr aus Michelau, gehörte dem dortigen Turnverein an. Es ist keine Überraschung, zu hören, dass sie sich über den Sport, bei einem Vergleichskampf in Wunsiedel kennenlernten. 1960 haben sie geheiratet, leben seither in Michelau. Ihre beiden Kinder seien in der Turnhalle groß geworden, sagt Edith Stark mit einem Lächeln. Edith und "Edi" haben ganz oft als Team agiert. Als Hilfestellung bei den Turnerinnen am Stufenbarren, da hat er sie unterstützt - weil man das im Falle eines Falles "als Frau gar nicht mehr halten kann", wie sie erklärt. Dafür übernahm Edith das Buben-Training, wenn er beruflich als Ledereinkäufer auf Auslandsreise war.


Nachts noch Riegen eingeteilt

Es kam vor, dass er nach einem Rückflug am Freitag gegen 23 Uhr zu Hause war und dann noch gemeinsam die Riegen-Einteilung gemacht wurde. Die Wettkampfkarten hatte sie schon geschrieben, es gab ja noch keinen Computer. "Am Samstag früh um 7.30 Uhr sind wir dann zu den Wettkämpfen gefahren", erzählt Edwin Stark. Zeit für den Turnsport haben sie sich immer freigeschaufelt, mehrmals die Woche Training, dazu Wettkämpfe, Lehrgänge, Turngau- und Landesverbandssitzungen, große überregionale Veranstaltungen wie deutsche bzw. internationale Turnfeste. Die Erinnerungen daran sind lebendig, wenn sie davon erzählen.
Das Turnen und ihr ehrenamtliches Engagement hat ihnen aber auch beim Bewältigen persönlicher Schicksalsschläge geholfen. Als ihr jüngster Sohn als junger Erwachsener ganz plötzlich gestorben ist, haben sie sich nicht zurückgezogen, auch nicht, als sie gesundheitliche Tiefschläge hinnehmen mussten. "Wir waren in kürzester Zeit wieder in der Halle, bei Wettkämpfen. Du warst unter Menschen", beschreibt Edwin Stark diese Art der Ablenkung. "Wenn wir zehn Stunden unterwegs waren, dann war das Thema so lange weg." Sie hätten viel gemeinsam unternommen. "Und jetzt machen wir das, was wir noch können. Es geht halt langsamer."
Dass sie für ihren ehrenamtlichen Einsatz für den Turnsport 2010 das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten erhalten haben, hat sie gefreut. Dass ein Ehepaar diese Auszeichnung gemeinsam bekommt, ist eine Seltenheit. Schon damals waren sie auf dem Rückzug, hatten Posten abgegeben. In Schney kamen nicht mehr genügend Mädchen für eine Wettkampfgruppe zusammen. Schule, Studium und Beruf ließen viele das Turnen aufgeben. Manchmal fehlt es wohl auch an Ehrgeiz, Durchhaltevermögen. Wenn sie selbst als Kind mal nicht zur Turnstunde wollte, erinnert sich Edith, habe es bei der Mutter kein Pardon gegeben: "Ihr wolltet zum Turnen, dann geht ihr auch!" Heutzutage würden immer andere Gründe genannt, mal tut dies weh, mal das, mal ist ein Geburtstag...


"A bissla streng"

"Wir waren schon a bissla streng als Trainer", räumt sie da ein, und setzt erklärend hinzu, Disziplin sei beim Turnen das Wichtigste. Heute betreut Edwin Stark nur noch eine Gruppe von 15 Drei- bis Sechsjährigen in Schney. Ein generelles Nachwuchsproblem in der Region sieht er aber nicht. Und mit seiner Frau kann er sich darüber freuen, wenn ein kleiner Junge nach dem Üben feststellt: "Das war meine schönste Turnstunde!" Ein bisschen stolz macht es ihn auch, dass eine seiner tüchtigsten Turnerinnen inzwischen in Stuttgart selbst eine erfolgreiche Riege aufgebaut hat. Man hört voneinander. Die Kontakte, die Begegnungen, die Anerkennung - all das habe ihnen viel gegeben, betonen die Starks. Das habe sie auch jung gehalten. Sie sind jetzt im 77. Lebensjahr, und die Turnerfamilie bleibt wichtig für sie. Seine Amtszeit als Vorsitzender des Turngaus Südoberfranken läuft noch drei Jahre. Sie hat als jahrzehntelange Fachwartin Gerätturnen im Turngau inzwischen nur noch den Stellvertreterinnenposten inne, ebenfalls noch für drei Jahre. "Mit 80 sollte man dann mal aufhören", sagt Edwin Stark und lacht. Die Jahrzehnte im und für den Sport waren für ihn und seine Frau im persönlichen Sinn ein Gewinn: "Wir haben viel gegeben. Aber Sie glauben nicht, was wir von den Kindern und den Trainern an Dankbarkeit zurückgekriegt haben!"