Starkes Signal für Homosexuelle
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Montag, 06. März 2017
In der evangelischen St.-Stephans-Kirche werden Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare angeboten. Trotzdem hat ein schwuler Vertrauensmann den Kirchenvorstand verlassen. Eine gewisse Offenheit für solche Segnungen zeigt auch das Erzbistum.
Marion Krüger-Hundrup
Mit Herzblut hat Alexander Kurz dafür gekämpft, dass der Kirchenvorstand von St. Stephan diesen Beschluss fasst. Nämlich Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare im Kirchenraum zu ermöglichen. "Ich bin selbst schwul", sagt der 36-Jährige offen, der standesamtlich verpartnert war. "Mein Mann ist inzwischen verstorben", fügt der Gymnasiallehrer traurig hinzu.
Als stellvertretender Vertrauensmann im Kirchenvorstand war es ihm wichtig, "ein starkes Signal der Kirche an Homosexuelle weiterzugeben", insbesondere an betroffene junge Menschen. Gerade für Jugendliche, die in der Findungsphase seien und in dem Alter durch den Konfirmandenunterricht wieder recht nah an die Kirche kämen, "sind solche Signale wichtig für ihr Selbstwertgefühl", meint Alexander Kurz.
Ein langwieriger Prozess
Da der Kirchenvorstand mit seinem in großer Mehrheit im Sommer 2016 getroffenen Beschluss aber nicht an die lokale Presse wollte, ist Kurz von seinem Ehrenamt zurückgetreten. Nun wandte er sich direkt an unsere Zeitung, um sein Anliegen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Bisher konnte das Angebot nur auf der Homepage der St. Stephans-Kirche (www.stephanskirche.de) und im Gemeindebrief entdeckt werden."Damit erreichen wir die Zielgruppe nicht", räumt Annegret Reither ein. Die Vertrauensfrau steht voll hinter dem Beschluss des Kirchenvorstands: "Ich habe die Meinung von Herrn Kurz intensiv unterstützt", erklärt Reither. Sie spricht von einem "langen, schwierigen Prozess und fundierten Diskussionen", bevor die Segensfeiern im Kirchenraum beschlossene Sache waren. "Wir wollten den Hype nicht", begründet die Vertrauensfrau die Entscheidung, nicht an die Zeitung heranzutreten.
Walter Neunhoeffer, Vorsitzender des Kirchenvorstandes und als Pfarrer zuständig für solche Segensfeiern, sagt es ähnlich: "Wir wollten uns nicht als besonders liberal oder fortschrittlich in Szene setzen." Er selbst befürworte den Beschluss, weil er davon überzeugt sei, dass "auf aufrichtiger Liebe und dem Wunsch, füreinander Verantwortung zu übernehmen, der Segen Gottes liegt". Niemand suche sich seine sexuelle Veranlagung aus. Da sei eine Segnung ein Zeichen, "dass auch Homosexuelle von Gott angenommen sind".
Bisher hat Pfarrer Neunhoeffer betroffene Paare außerhalb der Kirche - etwa in seinem Amtsraum - gesegnet. Dafür brauchte er keinen Beschluss des Kirchenvorstandes. Zumal der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern es den Pfarrern ermöglicht, für homosexuelle Paare, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sind, eine Segnungsfeier abzuhalten. Die Entscheidung dafür oder dagegen trifft jeder Pfarrer und jede Pfarrerin vor dem eigenen Gewissen.
Der Kirchenvorstand jeder evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Bayern kann jedoch beschließen, dass diese Segnungsfeier auch in den kirchlichen Räumen der Gemeinde stattfindet. "Es handelt sich dabei nicht um eine kirchliche Eheschließung", betont Pfarrer Neunhoeffer. Zwar sei für Martin Luther und die evangelische Kirche die Ehe kein Sakrament, sondern ein "weltlich Ding". Dennoch müsse unterschieden werden. Was auch Anette Simojoki, Pfarrerin der Erlösergemeinde, bestätigt: "Das Segensverständnis ist entscheidend, der Trauritus ist ein ganz anderer, das darf man nicht in einen Topf werfen." Für die Erlöserkirche stelle sich derzeit das Thema "Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare" nicht aktiv, erklärt die Pfarrerin. Es habe jedoch "vor meiner Zeit als Pfarrerin in Erlöser eine solche Feier für zwei Gemeindeglieder gegeben". Ohnehin habe das Thema erst Auswirkungen auf die Kirche, seitdem die staatsrechtlichen Vorgaben bezüglich standesamtlich eingetragener Lebenspartnerschaften gültig seien. Eine andere Frage beschäftigt Pfarrerin Simojoki eher: "Wie erreichen wir als Kirche überhaupt solche Menschen?"
Eine solche Frage kann auch und besonders an die katholische Kirche gerichtet werden, in der die Ehe als Sakrament ausschließlich für Mann und Frau gilt. Harry Luck, Pressesprecher des Erzbistums Bamberg, gibt eine Antwort mit Handlungsspielraum für Priester und pastorale Mitarbeiter: "Grundsätzlich kann jeder Mensch gesegnet werden. Bei einer Segnung von homosexuellen Paaren gilt, dass der Eindruck vermieden werden muss, dass es sich um eine Art kirchliche Trauung handelt, die es in der katholischen Kirche nur für Mann und Frau gibt." Luck weist darauf hin, dass es katholischerseits etwa Segnungsfeiern für Paare am Valentinstag gebe, in denen auch homosexuelle Paare sich segnen lassen könnten.
Der Kirchenvorstand von St. Stephan ist sich durchaus darüber im Klaren, dass eine ganze Reihe von Menschen die Bibel gegen den Segensfeier-Beschluss ins Feld führen. Schließlich äußern sich etliche Bibelstellen kritisch gegenüber Homosexualität. "Solche Stellen muss man aus meiner Sicht wie jede andere Bibelstelle im gesellschaftlichen Kontext jener Zeit verstehen und gut lutherisch von der Mitte der Schrift, nämlich des Evangeliums von Jesus Christus, her deuten", umschreibt Pfarrer Neunhoeffer "Jesu verpflichtendes Liebesgebot".