Stadt stellt Schwarzbau ein
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Samstag, 13. März 2021
Eine Terrassenüberdachung in der Kulmbacher Reuthgasse war nicht genehmigt. Aber es gibt in der Straße am Südhang des Rehbergs noch mehr Probleme.
Die Reuthgasse ist eine exklusive Wohnlage in Kulmbach. Den bewaldeten Südhang des Rehbergs im Rücken, hat man einen weiten Blick ins Landschaftsschutzgebiet Kessel und wohnt mitten in der Natur. Landschaftlich ein Traum - trotzdem gab es und gibt es Probleme. Es gärt in der Reuthgasse.
Im aktuellen Fall geht es um den Anbau eines Gebäudes aus den neunziger Jahren. Ein Lastwagen lieferte in dieser Woche Stahlträger, die per Kran eingebaut wurden. Offenbar ein Schwarzbau, denn es lag keine Baugenehmigung vor. Die Bautätigkeit rief die Kontrolleure der Stadt auf den Plan.
Auf Anfrage teilte die Stadt mit, dass die festgestellten Bauarbeiten aufgrund der Größe baurechtlich genehmigungspflichtig seien. Die Erteilung einer Baugenehmigung sei nicht beantragt worden. Deshalb habe die Bauverwaltung die Einstellung der Bautätigkeit angeordnet. Eine erneute Kontrolle habe keine weiteren Beanstandungen ergeben.
Bauantrag nachreichen
Wie geht es nun weiter? Aus dem Rathaus verlautete, dass der Architekt angewiesen wurde, einen Bauantrag nachzureichen. Nur so sei eine "ordnungsgemäße baurechtliche Prüfung" sicherzustellen. Ob das Bauvorhaben schließlich genehmigt wird oder ob gegebenenfalls jetzt noch nicht erkennbare Ablehnungsgründe auftreten, könne man erst nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens sagen.
Keine Angaben machte die Stadt, ob ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet und ein Bußgeld verhängt wird. "Das obliegt dem Datenschutz", hieß es. Dem Vernehmen nach kommen Schwarzbauten in Kulmbach eher selten vor. Mehr Probleme gibt es mit Verstößen gegen die Baumschutzverordnung - vor ein paar Jahren auch in der Reuthgasse. Damals ließ ein Bauherr ohne Genehmigung mehrere große Laubbäume fällen. Das Bußgeld betrug einige Tausender, musste aber nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung reduziert werden.
Architekt war überrascht
Im aktuellen Fall waren Bauherr und Architekt überrascht vom Einschreiten der Behörde. "Es war keinesfalls die Absicht, einen Schwarzbau zu errichten", so der Planer. "Es handelt sich um ein Versehen."
Gebaut werden sollte eine Terrassenüberdachung, und man sei davon ausgegangen, dass sie - wie ein Carport - bis zu einer Größe von 50 Quadratmetern genehmigungsfrei ist. Erst jetzt habe sich der Irrtum herausgestellt. Es gebe in der Bayerischen Bauordnung eine spezielle Regelung für Terrassenüberdachungen. Die Freigrenze liege bei 30 Quadratmetern.
Laut Architekt gehe es hierbei um die Berücksichtigung nachbarrechtlicher Interessen. Damit gebe es in diesem Fall definitiv keine Probleme. Denn das Nachbargrundstück gehört auch dem Bauherrn. "Er ist quasi selbst sein eigener Nachbar."
Argwöhnisch beäugt
Wie die Stadt Kulmbach auf den Schwarzbau in der entlegenen Örtlichkeit aufmerksam wurde, wo es keinerlei Durchgangsverkehr gibt, ist nicht bekannt. Aber der Bauherr wird, wie es scheint, von der Nachbarschaft argwöhnisch beäugt.
Das hängt mit dem erwähnten Nachbargrundstück zusammen. Denn dort will der Eigentümer ebenfalls bauen. Eine Bauvoranfrage, über die noch nicht entschieden wurde, liegt der Stadt bereits vor.
Vollausbau kostet Millionen
Kritiker befürchten, dass die geschotterte Straße mehr Verkehr nicht vertragen könne. Und bei einem Vollausbau würden alle Anlieger zur Kasse geben: Denn es wäre eine Ersterschließung, da die Reuthgasse hier noch nie asphaltiert war. 2015 hatte die Stadt Kulmbach den Vollausbau der Reuthgasse mit 3,8 Millionen Euro veranschlagt. Unter anderem müssten Stützmauern gebaut werden. Bei den üppigen Grundstücksgrößen müssten sich die Anwohner auf saftige Rechnungen einstellen. Beiträge von 50.000 bis über 100.000 Euro standen damals im Raum.
Über die Pläne des Bauherrn wurden bisher nur spekuliert. Einmal war die Rede von einem Wohnblock mit acht Wohnungen, ein andermal von einer Reihenhausbebauung mit dreimal drei, also neun Wohneinheiten. "Alles Quatsch", sagt der Architekt. Richtig sei: ein Reihenhauskomplex mit drei Wohneinheiten.