Stadt gewinnt und ist unzufrieden
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Freitag, 01. Februar 2019
Nach fünfjährigem Etat-Streit mit dem Landkreis hat der Stadtrat Forchheim den gerichtlichen Vergleich akzeptiert. Damit ist zwar das spektakuläre Gerichtsverfahren beendet, aber drängende Forderungen der Stadt bleiben offen.
Ekkehard Roepert Forchheim — Der Streit mit dem Landkreis Forchheim um Etat-Fragen zieht sich seit fünf Jahren hin. Am Donnerstag kam es zum letzten Ringen innerhalb des Stadtrates. Er musste sich entscheiden, wie er nach den beiden spektakulären Gerichtsverhandlungen mit dem Vergleichsvorschlag des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) umgehen will.
Wie am Anfang der Woche berichtet, hat der Kreistag diesen Vorschlag mit überwältigender Mehrheit angenommen. Beim Landrat und in der Kreiskämmerei war die Dankbarkeit darüber förmlich greifbar. Drei Tage später im Stadtrat fühlte sich das deutlich anders an: Die Stadträte hatten sehr unterschiedliche Auffassungen über den Wert des Vergleichs. Die CSU drängte am deutlichsten, ihn anzunehmen: Würde die Stadt den Klageweg fortzusetzen, dann würde sie zwar "prozessual obsiegen, aber keinen Euro gewinnen", meinte Fraktionssprecher Udo Schönfelder.
Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) pochte aber darauf, eine mögliche Prozessstrategie zu diskutieren. Denn wie auch Reiner Büttner (SPD-Fraktionssprecher) anmerkte, sei das VGH-Urteil "enttäuschend". Paul Nerb (FBF) sagte gar, ihm fehle "jedes Verständnis" für die Richter aus München: Mit der Bestätigung des Bayreuther Urteils hätten sie den Landkreis "ermuntert", sich auch künftig von den Kommunen das Geld zu holen, das er brauche. Und das, ohne mit den Kommunen Gespräche führen zu müssen. Daher verspürte Paul Nerb "den Impuls, den Vergleich abzulehnen". Gleichzeitig sah er die "vielen Unwägbarkeiten". In dieser Zwickmühle fühlten sich viele. Gerhard Meixner (FGL) und Ludwig Preusch (FW) sagten, das Vergleichsangebot aus München käme einem Erpressungsversuch gleich. "Der VGH droht uns regelrecht, dass alle Erfolge wegfallen, wenn wir dem Vergleich nicht zustimmen", ärgerte sich Meixner. Und Preusch sprach von einem "politischen Urteil zugunsten des Freistaates Bayern". Er jedenfalls könne sich mit dem Vergleich "nicht abfinden".
Reinhold Otzelberger (Fraktionsmitglieder der CSU) dagegen konnte es: Das Gericht sei in der Begründung so formal geblieben, dass sich die Stadt keine Illusion machen sollte, bei einem fortlaufenden Prozess materiell etwas rausholen zu können, warnte Otzelberger.
Auch Ulrich Schürr (JB) konnte sich abfinden: "Der Vergleich entspricht dem Ziel der Stadt, wir erhalten 350 000 Euro zurück." Das zweite Urteil werde das erste bestätigen und zugleich die entscheidenden Fragen unbeantwortet lassen. Wozu also weiterklagen, fragte Schürr.
Dass die Mehrheit für den Vergleich war, hing wohl auch mit dem grundsätzlichen Siegesgefühl der Stadt zusammen, das Kämmerer Detlef Winkler so beschrieb: "Wir haben unser Hauptklageziel erreicht." Das habe schließlich darin bestanden, die zu hohe Kreisumlage zurückerstattet zu bekommen. Dies sei durch die jetzt fällige Zahlung von 350 000 Euro geschehen. Als Gewinner dürfe sich die Stadt auch deshalb fühlen, weil das Gericht die Verfahrenskosten (800 000 Euro) im vollen Umfang dem Landkreis angelastet habe, betonte Kämmerer Winkler.
In nichtöffentlicher Sitzung waren nur noch 29 der 40 Stadträte anwesend. 19 waren für den Vergleich. Wie OB Kirschstein in einem Pressegespräch am Morgen danach erneut betonte, vermisse er die Verpflichtung des Landkreises, auf Augenhöhe mit den Kommunen über den Finanzbedarf zu verhandeln. Daher hätte er sich eine Fristverlängerung gewünscht, um einen weiteren Klageweg zumindest auszuloten. Diesen "Raum, um es durchzudenken" (Kirschstein) hätte sich auch Till Zimmer gewünscht, der Forchheimer Rechtsrat. Er sprach am Freitag von "vielversprechenden Möglichkeiten", um die Bedingungen der Kreisumlage aus Sicht der Kommunen angenehmer zu gestalten. Die Kosten für eine weitere Klage wären auch "überschaubar" gewesen, betonte Zimmer.