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Spaziergänge sind wieder erlaubt


Autor: Ulrike Nauer

Coburg, Donnerstag, 23. April 2020

Das Bergparadies vor ihrer Tür dürfen die Bewohner von Coburgs Südtiroler Partnergemeinde Gais derzeit nur aus der Ferne bestaunen. Allerdings werden die Einschränkungen nun vorsichtig gelockert.
Bergtouren im Tauferer Tal, in dem die Gemeinde Gais liegt, sind derzeit noch passé. Für ausgedehnte Spaziergänge dürfen die Südtiroler aber inzwischen wieder das Haus verlassen. Wann der Tourismus hier wieder anlaufen kann, ist derzeit unklar. Foto: IDM Südtirol/Hansi Heckmair


Ein herrliches Bergpanorama direkt vor der Haustür, dass man fast neidisch werden könnte - für die Südtiroler, einschließlich der Bewohner von Coburgs Partnergemeinde Gais, macht das die aktuellen Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie nicht einfacher - im Gegenteil. Ausgedehnte Bergtouren sind, nicht zuletzt wegen der Verletzungsgefahr, aktuell nicht möglich. Immerhin wurden die Regelungen ab 15. April etwas gelockert.

Dass man nicht einfach - wie sonst - die Wanderstiefel schnüren und loslaufen konnte, "war natürlich schlimm für uns, auch weil das Wetter immer gepasst hätte", erzählt Josef Schwärzer, verantwortlich für die Städtepartnerschaft von Gais mit Coburg, per E-Mail. "Es gab natürlich einige Schlaue, die das trotzdem ausgenutzt haben, viele wurden erwischt und auch entsprechend bestraft."

Seit dem 15. April dürfen die Südtiroler nun von zu Hause aus "ausgedehnte Spaziergänge" machen, wie Schwärzer berichtet. "Natürlich müssen wir dabei den Mundschutz mithaben und bei Begegnungen benutzen." Im Zweifelsfall müssen die Südtiroler auch bei Kontrollen die sogenannte "Eigenerklärung" vorweisen können. "Damit erklären wir eigenverantwortlich, dass wir Einkäufe tätigen, einen Arzttermin haben, in die Apotheke müssen, oder auch zur Arbeit fahren, wobei so viel wie möglich auf Homeoffice umgestellt werden musste", berichtet Josef Schwärzer. "Bis vor kurzem durften keine produktiven Tätigkeiten ausgeführt werden." Und ähnlich wie in Deutschland, in den ersten Wochen der Ausgangsbeschränkung, mussten in der Gemeinde Gais auch alle Geschäfte schließen - außer jene, die im Lebensmittelbereich tätig sind.

"Gesundheit geht vor"

Wie geht es Josef Schwärzer persönlich in der gegenwärtigen Situation? "Uns geht es soweit gut, wir können zwar unsere Töchter und unsere Enkel nicht sehen, die Gesundheit geht aber vor." Das sehen aber wohl längst nicht alle seiner Landsleute so. Die Bevölkerung werde "zusehends nervöser", so Schwärzer. "Die Beschränkungen gelten bei uns nun schon sehr lange und laufend wird verlängert." Das könnte sich bald ändern: Am Mittwochabend wurde bekannt, dass die italienische Regierung die Bewegungsfreiheit ihrer Bürger nach dem 3. Mai weiter lockern will. Außerdem soll Mitte Mai der gesamte Einzelhandel wieder öffnen dürfen, Restaurants müssen sich jedoch wohl noch etwas gedulden.

Entspanntere Lage in Kliniken

In Gais gibt es aktuell zehn Infizierte Personen und 18, die sich in Quarantäne befinden. Die Situation in den Krankenhäusern habe sich wieder leicht entspannt, berichtet Schwärzer. Alle Patienten in der Umgebung könnten versorgt werden.

Was das kulturelle Leben angeht, seien dem Coronavirus einige Veranstaltungen zum Opfer gefallen, etwa das Musikfest, sagt Josef Schwärzer. "Ob im Herbst der traditionelle Kirchtag stattfinden kann, steht momentan auch noch in den Sternen." Der geplante Besuch beim Sambafestival in Coburg sei nach dessen Absage nun leider auch nicht mehr möglich.

Im Urlaubsland Südtirol ist natürlich auch die gesamte Tourismusbranche durch die Folgen von Corona betroffen. Die Verunsicherung, wie es weitergehen soll, sei entsprechend groß, berichtet Schwärzer. "Gibt es eine Sommersaison oder nicht? Die Wintersaison wird es höchstwahrscheinlich geben, wie schaut die aber aus? Kommen überhaupt Gäste? Welche Sicherheitsmaßnahmen müssen eingehalten werden? Fragen über Fragen, die noch niemand beantworten kann." Momentan gelte es, Szenarien durchzuspielen, zu bewerten, abzuwarten, wie sich alles entwickle und dann zu handeln. "Viele Hoteliers haben auch Bauprojekte kurzfristig abgesagt oder nach hinten verschoben, was dann natürlich auch wieder Auswirkungen auf andere Sektoren, sprich das Handwerk, hat."

In Gais hilft man sich gegenseitig so gut wie möglich: "Wir haben mit den Händlern über Lieferservice gesprochen, einige haben den neu eingeführt, andere weiter ausgedehnt", erzählt Josef Schwärzer. "Da wir im Gemeindegebiet keine eigene Apotheke haben, melden sich die Menschen beim Bürgermeister, dem Vizebürgermeister und mir, dann holen wir die benötigte Medizin und bringen sie ihnen persönlich vorbei." Außerdem sei ein Aufruf zum Maskennähen gestartet worden. "Wir als Gemeinde übernehmen die Materialkosten, Bürgerinnen nähen Masken, und wir organisieren dann wieder die Verteilung."