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Spannender Blick in die Ortshistorie


Autor: Sabine Weinbeer

Eltmann, Montag, 16. März 2015

Funde  Der Verein für Heimatgeschichte in Eltmann diskutierte über Steine und einen Brustpanzer. Was bedeuten sie für die Stadt?
Zwölf Jahre alt waren Edwin Gehring (links) und Walter F. Bauer (rechts), als sie 1963 diesen eisernen Brustpanzer unterhalb des Freibades in Eltmann fanden. Günther Reiss schilderte dem Verein für Heimatgeschichte, was er über den Kürass herausgefunden hat.  Foto: Sabine Weinbeer


von unserer Mitarbeiterin Sabine Wenbeer

Eltmann — Wie geht eigentlich Heimatforschung? Gab es eine Schlacht bei Eltmann und ist in der Kalkhöfer Wiese wirklich eine Mühle versunken? Antworten auf diese und weitere Fragen bekamen die Mitglieder des Vereins für Heimatgeschichte in Eltmann bei der Jahresversammlung. Einige Mitglieder erzählten von ihren Nachforschungen zur Kalkhöfer Wiese einerseits und zur "Eltmanner Ritterrüstung" andererseits.
Da keine Neuwahlen anstanden, waren die Regularien schnell abgehandelt. Der stellvertretende Vorsitzende Reiner Reitz blickte in seinem Tätigkeitsbericht zurück auf das Jahr, das wesentlich vom Heimatmuseum bestimmt wird. Das Museum ist ab Mai immer am Sonntag von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Die meisten Besucher kommen aber in Gruppen, die sich gesondert bei den Vorstandsmitgliedern und der Stadtverwaltung anmelden. Reiner Reitz wünschte sich, dass Eltmanner öfter mal ins Museum schauen. Es gebe immer mal etwas Neues. Grundsätzlich plädierte er für eine Neuordnung der Sammlung.
Da das Heimatmuseum am 7. Juli 1985 eröffnet wurde, steht heuer ein "kleines Jubiläum" an. Eventuell gebe es in Zusammenarbeit mit anderen Eltmanner Vereinen eine gesonderte Veranstaltung dazu, sagte Reitz. Die Museumssaison werde zum Muttertag eröffnet, vorher wird geputzt. Das Museumsfest steht für 28. Juni auf dem Programm.
Immer am ersten Donnerstag im Monat trifft sich der Heimatgeschichtliche Arbeitskreis des Vereins, zu dem jeder Interessierte willkommen ist.
Weiter zurück in die Frühgeschichte geht es jeden dritten Donnerstag im Monat beim Stammtisch mit dem historischen Verein für den Kreis Haßberge. Beide Gruppen treffen sich im Vereinslokal "Mainterrasse".
Kassierern Sigrid Werner berichtete, dass die Beiträge der 194 Mitglieder die laufenden Kosten des Museumsbetriebes nicht ganz decken.
Ein bisschen Enttäuschung hörte man aus dem Bericht von Museumsleiter Willi Lediger heraus. 250 Besucher zählte er 2014 im Heimatmuseum, das an 29 Tagen geöffnet war. 133 Stunden ehrenamtliche Arbeit flossen in das Museum.
Aus der spannenden Heimatforschung berichtete Lediger anschließend. Beim "Kelten-stammtisch" lagen plötzlich einige seltsame Steine auf dem Tisch: Der neue Stadtförster war im Bereich der Kalkhöfer Wiese auf ihnen ausgerutscht und hatte sie mitgenommen. Die Steine, die Lediger dabei hatte, sind eindeutig mit einer Glasschicht überzogen. Damit war die Neugier geweckt. Lediger zeigte auf, dass oft in der Heimatgeschichte eine Antwort die nächste Frage nach sich zieht. Schließlich gelang es nachzuvollziehen, dass hier, wie der Flurname sagt, ein Kalkofen stand, in dem Kalkgestein von einem fast vergessenen Steinbruch oberhalb gebrannt wurde.
Um die Kalkhöfer Wiese rankt sich die Sage von der versunkenen Mühle. Eine Mühle habe dort vermutlich nicht gestanden, so Willi Lediger, doch fand er viele Anzeichen dafür, dass es hier mindestens ein großes Gehöft, eher ein kleines Dorf gab, das sogar zehntpflichtig gewesen sei.
In der neueren Geschichte bewegte sich Günther Reiss. Ihn machte Reiner Reitz auf den Brustpanzer einer Rüstung aufmerksam, die schon seit Jahrzehnten zum Inventar der Grundschule gehört. Den Brustpanzer, einen so genannten Kürass, fanden 1963 zwei zwölfjährige Buben. Edwin Gehring und Walter F. Bauer krabbelten damals unterhalb des Schwimmbades am Fichtenbach in eine Röhre und fanden dort den Brustpanzer, den sie stolz bei ihrem Lehrer abgaben. Seine Geschichte wurde erst jetzt erforscht, nachdem er von Generationen von Schülern immer wieder für Ritter-Spiele benutzt wurde. Reiner Reitz sorgte als Hausmeister der Schule dafür, dass er nicht verloren ging und keinen Schaden nahm.
Beide Finder waren bei der Jahresversammlung anwesend und folgten gespannt den Ausführungen von Günther Reiss. Der brachte in Erfahrung, dass der fünf Kilogramm schwere Kürass weder aus dem Mittelalter, noch aus dem 30-jährigen Krieg stammte, sondern wohl zwischen 1800 und 1845 gefertigt wurde, vermutlich in industrieller Herstellung bei der Firma Krupp. Einen Rückschluss auf die Nationalität gebe es nicht, Krupp habe schon damals für viele Länder gefertigt. Die deutliche Beule im Panzer könnte eine Kampfspur sein, aber auch vom Beschuss stammen, der damals zur Qualitätssicherung gehörte.
Weil für den Freibadbau das dortige Gelände teils um einige Meter aufgefüllt wurde, sind weitere Nachforschungen im Boden nicht möglich. Allerdings glaubt Günther Reiss nicht, dass der Brustpanzer von irgendwelchen Kampfhandlungen dort stammt. Vermutlich wurde die Rüstung nur für Paraden getragen. Dennoch hat der Brustpanzer über die Jahrzehnte die Fantasie der Schüler beflügelt.
Walter Bauer freute sich über diese Aufklärung. "Wir wurden damals vom Lehrer belobigt, auf die versprochene Belohnung warten wir aber bis heute", erinnert er sich. Die Forscher des Vereins haben zu dem Kürass jetzt eine geschichtliche Abhandlung verfasst, außerdem Bilder vom Originalzustand besorgt. In der Versammlung des Vereins wurde angeregt, dass dieses außergewöhnliche Fundstück künftig in der Schule angemessen präsentiert wird.